Exploit von Oberson

Erster Schweizer Goldgewinn an Schwimm-WM

publiziert: Freitag, 22. Jul 2011 / 11:58 Uhr
Swann Oberson.
Swann Oberson.

Swann Oberson (24) ist an der WM in Schanghai ein historischer Triumph für die Schweiz gelungen. Die Genfer Langstrecken-Schwimmerin bescherte mit ihrem Exploit über 5 km der Schweiz die erste Goldmedaille überhaupt an einer Schwimm-WM.

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Mit ihrem Überraschungserfolg am Strand von Jinshan, einem Stadtbezirk von Schanghai, hat sich die schweizerisch-französische Doppelbürgerin selbst auch gleich ein verfrühtes Geschenk zu ihrem 25. Geburtstag von nächstem Dienstag gemacht. Obersons Wettkampfplan sah vor, sich ohne zu führen immer in der Spitzengruppe aufzuhalten und dann am Schluss im Spurt zuzulegen. Ihre Vorstellungen vermochte sie zu 100 Prozent umzusetzen: «Im Open Water zu führen, ist nicht sehr gut, kostet dies doch viel Kraft. Ich hielt mich deshalb während des Rennens möglichst immer in den ersten zehn Positionen auf. Auf den letzten 1000 Metern war ich dann wirklich sehr gut.»

Neben der erarbeiteten Ausdauer und Leidensfähigkeit hatte Oberson am Ende auch das nötige Quäntchen Glück auf ihrer Seite. Im langen Endspurt behauptete sie sich gegenüber der Konkurrenz äusserst knapp, auch dank des sehr präzisen Anschlags am Zeitnehmerbalken. Die Französin Aurélie Muller (Silber) und die Amerikanerin Ashley Twichell (Bronze) verloren bei einer Siegerzeit von 1:00:39,7 nur 0,4 respektive 0,5 Sekunden auf Oberson. Wie umkämpft das Rennen war, zeigt sich auch daran, dass sich die ersten 16 Schwimmerinnen innerhalb von nur 13,2 Sekunden klassierten. Allerdings fehlte im (nicht-olympischen) Wettkampf eine Handvoll harte Konkurrentinnen, die sich auf das 25-km-Rennen von Samstag konzentrieren. Oberson, die kürzere Distanzen bevorzugt, verzichtet ihrerseits auf diesen Wettkampf.

Siegeswille und Wettkampfhärte

«Im Schlussspurt hat Swann den absoluten Siegeswillen gezeigt. Diese Wettkampfhärte hat sie sich in den vielen Weltcup-Starts geholt», sagte Steffen Liess. Ein wichtiger Teil in Obersons Erfolgs-Puzzle ist gemäss dem Chef Leistungssport von Swiss Swimming auch das seit knapp einem Jahr veränderte Trainingsumfeld: «Swann hat im letzten Herbst den Mut gehabt, nach Würzburg zu gehen. Dort arbeitet ein sehr kompetenter und erfahrener Langstrecken-Trainer (Stefan Lurz - Red.), von dem sie offensichtlich sehr profitieren kann.»

Stefan Lurz ist zugleich auch Cheftrainer der deutschen Langstreckenschwimmer. Sein jüngerer Bruder Thomas ist mit zehnmal WM-Gold klarer Rekordweltmeister. Gestern machte der 31-Jährige den totalen Triumph des SV Würzburg 05 perfekt, als er zwei Stunden nach Oberson ebenfalls als Sieger über 5 km anschlug.

«Schweig und schwimm!»

Um ihren sportlichen Traum zu leben, unterwirft sich Oberson in Würzburg einem harten Regime. Fühlt sie sich einmal nicht so gut, so könne sie nicht gross auf das Verständnis ihres Trainers hoffen. «In Deutschland heisst es 'Schweig und schwimm!'», erzählt Oberson. Im Vergleich mit vielen anderen (muskulösen) Schwimmerinnen wirkt die grossgewachsene Genferin schlank, ja beinahe zierlich. Da erscheint einem ihr Trainingsumfang fast unglaublich hoch. An sechs von sieben Tagen legt Oberson zwischen 12 und 15 km zurück, was ein wöchentliches Pensum von bis zu 90 km ergibt. Nicht verwundern kann da ihre Aussage, dass das Schwimmbecken ihr «zweites Zuhause» sei.

Dennoch möchte die Romande keinesfalls in die Heimat zurück, sind dort die Trainingsbedingungen doch wesentlich schlechter. Es sei in Genf schon vorgekommen, dass sie sechs Franken Eintritt habe bezahlen müssen, um ins Bad zu gelangen, erzählt Oberson. Regelmässig kam es auch vor, dass sich in der für sie reservierten Bahn Freizeitschwimmer aufhielten. «Dann war mein Training vergleichbar mit einem Slalom», so Oberson. Die höheren Trainingsumfänge hatten sich bei ihr schon im letzten Herbst bezahlt gemacht, als sie in Fujairah in den Vereinigten Arabischen Emiraten ihren ersten Weltcup-Sieg errang.

Olympischer Traum

Oberson ist ursprünglich eine Pool-Crawlspezialistin auf Distanzen von 200 bis 1500 m. Dass sie seit einigen Jahren vor allem Wettkämpfe im offenen Gewässer bestreitet, ist eher aus der Not geboren. Die Genferin kam auf ihren bevorzugten Strecken nicht an Flavia Rigamonti vorbei. Vor den Olympischen Spielen 2008 in Peking wechselte sie deshalb die Disziplin. Bei der olympischen Premiere in der Sparte Open Water holte Oberson als Sechste ein Diplom, zu einer Medaille fehlten ihr nur wenige Sekunden.

Nächstes Jahr in London sollen ihr diese Sekunden nicht mehr fehlen. Am vergangenen Dienstag erfüllte Oberson in Schanghai als WM-Neunte über die olympische Distanz von 10 km die Pflicht und ergatterte sich einen von zehn Olympia-Quotenplätzen. Drei Tage später konnte sie befreit zu ihrem bisher mit Abstand grössten Erfolg der Karriere schwimmen. Im Gegensatz zu Schanghai, wo ihr die sehr hohe Wassertemperatur von 30 Grad Celsius entgegenkam, werden Oberson die Verhältnisse in der britischen Hauptstadt weniger behagen. «Das Wasser ist in London nur etwa 20 Grad warm. Aber man kann es sich nicht aussuchen. Swann kann sich an diese Verhältnisse gewöhnen. Das ist trainierbar. Sie fängt bereits nächste Woche mit der Vorbereitung auf London an», sagte Steffen Liess.

Sechste Schweizer WM-Medaille

Schwimm-Weltmeisterschaften werden (erst) seit 1973 ausgetragen. Die Schweiz gewann vor Schanghai erst fünf Medaillen, aber noch nie eine goldene. Für die letzte Auszeichnung an Welttitelkämpfen hatte ebenfalls eine Langstreckenspezialistin gesorgt: Flavia Rigamonti 2007 in Melbourne. Die damals 25-jährige Tessinerin sicherte sich im 50-m-Becken über 1500 m zum dritten Mal WM-Silber (nach 2001 und 2005). Ansonsten hatten aus Schweizer Sicht einzig 1986 in Madrid die Sprinter Dano Halsall (Silber) und Marie-Thérèse Armentero (Bronze) über 50 m Crawl jubeln können. Dank Obersons Goldmedaille macht die Schweiz im «ewigen» WM-Medaillenspiegel der Schwimmer einen Sprung von Position 35 auf 24.

(joge/Si)

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