«Es tut immer noch weh»

Um mich herum sitzen blau-gelb bemalte Menschen in blau-gelben Shirts, mit blau-gelben Flaggen um den Hals, trinken Bier und warten auf dem Breitscheidplatz, dem idealen Ort für Gedächtniskirche-Erinnerungsfotos, auf den Abend und auf das Spiel ihrer Mannschaft in Berlin.

Impressionen eines Schmerzes

Doch das ist im Moment nicht so wichtig. Denn jetzt spielen die anderen Teams dieser Gruppe, und Dwight Yorke, der Ärmste, liegt in Nürnberg immer noch auf dem Rasen und fasst sich zwischen die Beine.

Mittlerweile hat er die Hände in seine Hose gesteckt und langt dorthin, wo ihn der Ball vorhin getroffen hat.

Die WM-Regisseure zoomen Yorkes Gesicht so nahe heran, dass man sehen kann, ob er sich vor dem Spiel nass- oder trocken rasiert hat. Mann weiss, ohne lange hinschauen zu müssen: Es schmerzt.

Rosenstolz zeigt Verständnis

Während sich Yorke weiter auf dem Spielfeld krümmt, der Mannschaftsarzt auf das Spielfeld eilt (und freilich nicht helfen kann), und neben mir ein blau-gelbes Gesicht seinen Becher hebt, ertönt aus den Boxen hinter mir eine sanfte Ballade. Später wird es wieder Ballermann-Musik sein, und mich dazu veranlassen, meinen Sitzplatz zu wechseln.

Doch jetzt ist es eine weiche Ballade, gesungen von einer sanften Frauenstimme. Neben mir trinken sie, vor mir liegt Dwight Yorke auf dem Rasen und hinter mir flüstern Rosenstolz aus den Boxen: «Es tut immer noch weh, weil nichts mehr geht.»

Yorke hat Schmerzen, Rosenstolz Verständnis, und ich habe ein kleines, fieses Fest für mich selber.

(Romano Paganini/news.ch)