Es war doch alles gut: Sade - «Soldier Of Love»

publiziert: Freitag, 5. Feb 2010 / 12:18 Uhr / aktualisiert: Samstag, 6. Feb 2010 / 06:39 Uhr

Die Generation Golf hatte es schon länger vernommen: Sade, eine Ikone der achtziger Jahre, veröffentlicht nach zehn Jahren wieder ein neues Album. Die CD «Soldier Of Love» liegt seit heute in den Regalen der Plattenhändler. Viele Exemplare werden nicht liegen bleiben, denn die Fangemeinde hat lange gewartet und diese Altersgruppe kauft sogar noch CDs.

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Sade heisst übrigens die gesamte Band, nicht nur die Sängerin, und sie sind seit 25 Jahren zusammen. Das ist auch das Verdienst von Sade, die sich von Anfang an nicht von windigen Plattenfirma-Heinis belabern liess und ihren Kopf durchsetzte: Als man sie Anfang der Achtziger Jahre alleine unter Vertrag nehmen wollte - ohne die Band, in der sie spielte - sagte sie nein, bis auch jene drei Musiker unter Vertrag genommen wurden, die immer noch die Band Sade bilden.

Zehn Jahre Zeit gelassen

Sade lassen sich Zeit bei der Veröffentlichung ihrer Alben, bereits für den Vorgänger «Lovers Rock» aus 2002 hatte sich das Quartett acht Jahre Zeit gelassen. Nun zehn Jahre. Aber sie tun gut daran: Wäre «Soldier Of Love» das zwanzigste, und nicht das sechste Album, würde es wahrscheinlich niemanden hinter dem Ofen hervorlocken, denn dann hätten sich musikalisches Konzept und Stimme für den Hörer abgenutzt.

Die Band hätte auch wohl nicht das musikalische Potenzial dazu gehabt. Mit den Worten Sade Adus hört sich das so an: «Ich mache nur dann eine Platte, wenn ich denke, dass ich etwas zu sagen habe. Ich habe kein Interesse, Musik zu veröffentlichen, nur um etwas zu haben, das ich verkaufen kann. Sade ist keine Marke.»

Diesen Luxus, so etwas sagen zu können, hätte gerne so manche Band. Normalerweise bestimmt die Plattenfirma den Zeitpunkt eines Comebacks, nicht die Band. Doch mit dem Erfolg im Rücken, den Sade hatte, kann man sich so etwas natürlich eher erlauben.

Alles war gut

Finanziell nötig hatten sie das Comeback nicht (50 Millionen verkaufte Alben), und gut zu tun hatten alle Bandmitglieder: Bassist Paul Denman managte Orange, eine Teenie-Punkband, in der sein Sohn mitspielt, Gitarrist und Saxophonist Stuart Matthewman arbeitete an Film-Soundtracks in New York und Keyboarder Andrew Hale hatte einen Job als A&R-Berater. Sängerin Sade Adu nahm sich die Zeit, ein Kind zu bekommen und zog ihre Tochter im ländlichen Südwesten Englands gross. Mit anderen Worten: Es war alles gut.

Trotzdem fand sich die Band 2008 in Peter Gabriels «Real World Studios» zusammen, um in einer Serie von vierzehntägigen Sessions das Material für das Album einzuspielen. Selbstverständlich war das nicht, wie Andrew Hale erklärt: «Die grosse Frage für uns alle ganz zu Beginn war: Wollen wir es wirklich alle noch mal wissen und würden wir noch als Freunde miteinander klarkommen?» Überzeugend hört sich das nicht an, aber sie haben sich anscheinend noch einmal zusammengerauft.

Neues musikalisches Territorium - bei zwei Songs

Beim Albumopener «The Moon And The Sky» und der Single-Auskopplung «Soldier Of Love» betreten Sade neues musikalisches Territorium. Man hat das Gefühl, sie wollten ein wenig wie Massive Attack klingen. Diese Stücke sind die besten des Albums, denn sie klingen modern produziert, mit allerhand weichmachenden und dynamischen Soundeffekten aufgefüllt, und es wird sogar die fiese Stimmensoftware Auto-Tune verwendet. Sade steht ja schon lange in Verdacht, mangels gesanglicher Möglichkeiten, ihrer Stimme mit Auto-Tune auf den rechten Weg zu verhelfen. Aber das sind nur Gerüchte.

Die restlichen Stücke von «Soldier of Love» sind nicht weiter erwähnenswert, sie plätschern belanglos dahin. Bedenkt man das Bohei, das um dieses Comeback gemacht wurde, ist es schon sehr enttäuschend. «Dienst nach Vorschrift» wäre noch eine nette Formulierung für das, was uns die Band präsentiert, sie will eigentlich nur noch Erwartungen erfüllen. Ein bisschen Melancholie, hier und da eine widerlich sentimental gezupfte Gitarre, dazwischen nichtssagende Popmusik, die nichts sein will und auch nichts ist.

Musikalischer Tiefpunkt

Aber es kommt noch schlimmer: Musikalischer Tiefpunkt ist das Stück «In Another Time», in dem Stuart Matthewman sein Saxophon herausholt, und so schwülstig reinbläst, dass man das Weite suchen will. An was für Film-Soundtracks hat er denn gearbeitet, möchte man fragen, und will die Antwort eigentlich gar nicht wissen.

Um es ganz hart zu formulieren: Sade ist und bleibt eine britische Provinzband, die in erster Linie von dem sexy-exotischen Charisma, gekoppelt mit der dunklen, erotischen Stimme ihrer Frontfrau Sade Adu profitiert hat. Eine «Königin des New-Jazz» ist die 51jährige Sängerin schon lange nicht mehr, wenn sie es überhaupt einmal war. Sorry.

(Felix Steinbild, Berlin/news.ch)

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