Federers Luxusprobleme und zwei Enttäuschungen

publiziert: Mittwoch, 13. Aug 2008 / 00:04 Uhr / aktualisiert: Mittwoch, 13. Aug 2008 / 19:00 Uhr

Die Schweizer Einzel-Hoffnungen in Peking ruhen nach einem insgesamt enttäuschenden Tag allein auf Roger Federer. Während der Baselbieter gegen Rafael Arevalo (ATP 447) die Pflicht mit einem 6:2, 6:4 erfüllte und nun auf seinen Athen-Bezwinger Tomas Berdych (ATP 21) trifft, schieden Stanislas Wawrinka und Patty Schnyder aus.

Federer bezwang Rafael Arevalo (El Salvador) 6:2, 6:4 und trifft nun auf den Tschechen Tomas Berdych.
Federer bezwang Rafael Arevalo (El Salvador) 6:2, 6:4 und trifft nun auf den Tschechen Tomas Berdych.
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Wawrinka scheiterte diskussionslos mit 4:6, 0:6 an Jürgen Melzer (ATP 51), Schnyder verlor 4:6, 4:6 gegen Sybille Bammer. Die Baselbieterin konnte sich an der Seite von Emmanuelle Gagliardi mit einem Startsieg im Doppel wenigstens ansatzweise trösten. Schon rasch war klar, dass Arevalo, der am Vortag als erster Spieler aus El Salvador einen Top-100-Spieler bezwungen hatte, Federer nicht ernsthaft zu gefährden vermochte. Zu schwach war dazu vor allem sein Aufschlag, den er im ersten Satz zumeist mit rund 130 Stundenkilometern ins Feld bugsierte - rund 50 Kilometer langsamer als die Williams-Schwestern.

Der 22-Jährige, der vom Förderungsprogramm des Internationalen Tennis-Verbandes profitiert und mit einer Wild Card Aufnahme ins Tableau fand, versuchte, seine grosse Stunde zu geniessen. Er spielte couragiert und mit zunehmender Spieldauer immer offensiver und kam sogar zu einem Breakball: «Er hat diesen mit einem Bigpoint abgewehrt», war Arevalo sichtlich stolz.

Federer fand aufmunternde Worte für seinen Gegner: «Man hat gesehen, dass er schon einmal einen Schläger in der Hand gehalten hat. Im Tennis gibt es nicht wie im Ski Exoten an den Olympischen Spielen. Schön war auch, dass er an seine Chance geglaubt hat.»

Echte Rückschlüsse auf seine Form erhielt Federer nicht, dazu war der Unterschied zu gross. Er erklärt, wie er an solche Spiele herangeht: «Es ist wichtig, dass einem solche Partien nicht den Rhythmus stören. Es geht einfach darum, zu gewinnen, und nicht, irgendjemandem zu gefallen.»

Wenn es nötig gewesen wäre, hätte er auch anders spielen können: «Ich hätte auch auf 6:1, 6:1 spielen können, aber dazu fehlte mir die Lust, denn ich wollte auch Dinge probieren.»

Schon heute werden sich diese «Luxus-Probleme» nicht mehr stellen. Obwohl das 6:4, 5:7, 5:7 gegen Berdych in Athen schon vier Jahre minus vier Tage zurückliegt, ist Federer auch im Vor- und Nachgang der sechs Partien, die er seither gegen den Tschechen bestritten hat, stets dazu gefragt worden. «Irgendwo denkt man schon ein wenig daran, es sollte aber in dieser Partie keine Rolle spielen. Ich erinnere mich, dass ich in der Schlussphase meine Chancen nicht nutzen konnte und er dann die Partie beendet hat.»

Praktisch parallel ins Out

Wawrinka und Schnyder hätte praktisch kaum ein paralleleres Schicksal treffen können. Beide begannen ihre Partien um 17 Uhr Ortszeit auf direkt nebeneinanderliegenden Plätzen und mit dem Support von einer Hundertschaft helvetischer Anhänger, beide mussten innert weniger Minuten zwei österreichischen Linkshändern zum Sieg gratulieren, die sie von der Papierform her hätten schlagen müssen. Beiden Schweizern blieb überdies eine realistische Chance auf mindestens eine Viertelfinal-Qualifikation verwehrt, da sich ihre Tableauviertel weit geöffnet hatten.

Wawrinka nicht präsent

Als Wawrinka zum Interview erschien, hatte er sein Lachen wieder gefunden. Auf dem Platz war ihm eher zum Weinen zumute gewesen. Gegen die stark aufspielende «Wundertüte» Melzer erwischte er einen rabenschwarzen Tag, geriet im ersten Satz schon früh vorentscheidend mit dem Break zum 2:3 in Rückstand und kassierte im zweiten Satz sogar die Höchststrafe.

Er suchte keine Ausflüchte: «Ich bin nicht richtig in den Match gekommen, und dann auch nicht mehr heraus. Nein, ich war heute weder tennismässig, noch physisch oder mental auf der Höhe.»

Sein Auftritt gehörte in jene Kategorie, die man bei ihm nach dem bislang hervorragenden Jahr längst vergessen glaubte. Die Ursachenforschung führte Wawrinka zu den Knieproblemen, die ihn auf der Nordamerika-Tournee behindert hatten: «Jene Pause, die ich da einlegen musste, hat mich arg aus dem Rhythmus gebracht.»

Im Siegfall hätte Wawrinka gegen Murray-Bezwinger Lu Yen-Hsun (ATP 74) durchaus auf den Viertelfinal gegen Rafael Nadal aspirieren können, der gestern Lleyton Hewitt nur drei Games überliess. Wawrinka schaute aber wieder voraus: «Jetzt bin ich froh, dass ich einen Tag Zeit habe, um mich aufs Doppel vorzubereiten.» Dort trifft er zusammen mit Federer gegen 16 Uhr Schweizer Zeit auf Michail Juschni/Dimitri Tursunow (Russ).

Schwierigkeiten mit dem Return

Schnyder traf mit Bammer auf eine Widersacherin, die ihr nicht liegt, was sich schon im April im Fedcup gezeigt hatte. Und auch diesmal erwies sich die Spielerin aus Linz, eine der wenigen Mütter auf der Tour, mit ihrem auf extremer Laufstärke basierenden Sicherheitsspiel als grosses Hindernis, Schnyder konnte die Punkte nur selten wie gewünscht beenden.

«Ich wusste schon nach der Auslosung, dass dies die wohl entscheidende Partie sein würde», so Schnyder, die allerdings normalerweise in der dritten Runde mit Ana Ivanovic noch eine deutlich höher kotierte Widersacherin gehabt hätte.

Bammer, die heuer 16 Mal die 2. Runde nicht überstanden hat, spielte ihr gewohntes Spiel. Im ersten Satz reichte ihr der Servicedurchbruch zum 2:1, im zweiten Durchgang konterte sie einen 0:2-Rückstand postwendend und schlug nach einem erneuten Break zum 5:4 sicher auf. Bei 4:3 hatte Schnyder noch mehrere Breakbälle gehabt.

Von einer verpassten Chance mochte sie aber nicht unbedingt sprechen, obwohl sie vor den Halbfinals maximal eine Gesetzte (Vera Swonarewa) hätte ausschalten müssen: «Es gibt einfach Spielerinnen, die einem nicht liegen.»

Frustriert zeigte sie sich über einige Schwächen im eigenen Spiel: «Gerade mit dem Return kann ich in diesem Jahr praktisch keinen Druck machen, das hat mich auf Hartplätzen viele bessere Resultate gekostet.» Diese Problemzonen kann sie aber nicht einfach so abstellen: «Das ist nicht so einfach. Ich spiele ja nun schon 23 Jahre Tennis und habe gewisse Muster.»

Jetzt gegen Chinesinnen

Am Abend gelang dem von Rainer Hofmann betreuten Frauenteam aber doch der erste Sieg. Gagliardi/Schnyder liessen den Griechinnen Eleni Daniilidou beim 6:0, 6:4 keine Chance. Heute dürfte die Hürde mit den Chinesinnen Zi Yan/Jie Zheng aber zu hoch liegen.

Resultate:
Tennis. Männer. Einzel. 2. Runde: Roger Federer (Sz/1) s. Rafael Arevalo (El Salvador) 6:2, 6:4. Jürgen Melzer (Ö) s. Stanislas Wawrinka (Sz/9) 6:4, 6:0. Rafael Nadal (Sp/2) s. Lleyton Hewitt (Au) 6:1, 6:2. Novak Djokovic (Ser/3) s. Rainer Schüttler (De) 6:4, 6:2. Paul-Henri Mathieu (Fr) s. Nikolai Dawydenko (Russ/4) 7:5, 6:3. David Nalbandian (Arg/7) s. Nicolas Massu (Chile/TV) 7:6 (7:0), 6:1. James Blake (USA/8) s. Dominik Hrbaty (Slk) 7:6 (7:3), 4:6, 6:3. Gilles Simon (Fr/10) s. Guillermo Cañas (Arg) 7:5, 6:1. Fernando Gonzalez (Chile/12) s. Marin Cilic (Kro) 6:4, 6:2. Michail Juschni (Russ/13) s. Thomas Johansson (Sd) 7:5, 6:2. Nicolas Kiefer (De/15) s. Kevin Anderson (SA) 6:4, 6:7 (4:7), 6:4. Tomas Berdych (Tsch/17) s. Andreas Seppi (It) 6:3, 7:6 (7:4). Olivier Rochus (Be) s. Janko Tipsarevic (Ser) 7:6 (7:5), 2:3 w.o. Gael Monfils (Fr) s. Victor Hanescu (Rum) 6:4, 7:5. Lu Yen-Hsun (Taiwan) s. Agustin Calleri (Arg) 6:4, 6:4. Igor Andrejew (Russ) s. Michael llodra (Fr) 6:4, 3:6, 6:1.

Frauen. Einzel. 2. Runde: Sybille Bammer (Ö) s. Patty Schnyder (Sz/13) 6:4, 6:4. Jelena Jankovic (Ser/2) s. Alona Bondarenko (Ukr) 7:5, 6:1. Serena Williams (USA/4) s. Samantha Stosur (Au) 6:2, 6:0. Jelena Dementjewa (Russ/5) s. Sofia Arvidsson (Sd) 6:3, 6:4. Dinara Safina (Russ/6) s. Maria Jose Martinez Sanchez (Sp) 7:6 (7:3), 6:1. Venus Williams (USA/7) s. Iveta Benesova (Tsch) 6:1, 6:4. Francesca Schiavone (It) s. Agnieszka Radwanska (Pol/8) 6:3, 7:6 (8:6). Vera Swonarewa (Russ/9) s. Shahar Peer (Isr) 6:3, 7:6 (7:4). Caroline Wozniacki (Dä) s. Daniela Hantuchova (Slk/10) 6:1, 6:3. Victoria Asarenka (WRuss/12) s. Casey Dellacqua (Au) 6:2, 6:2. Alizé Cornet (Fr/15) s. Shuai Peng (China) 6:2, 6:2. Dominika Cibulkova (Slk/16) s. Tsvetana Pironkova (Bul) 6:2, 6:2. Na Li (China) s. Ayumi Morita (Jap) 6:2, 7:5.

Doppel. Männer. 1. Runde: Bob Bryan/Mike Bryan (USA/1) s. Mark Knowles/Devon Mullings (Bah) 6:2, 6:1. Igor Andrejew/Nikolai Dawydenko (Russ/8) s. James Blake/Sam Querrey (USA) 6:3, 6:4. Julian Knowle/Jürgen Melzer (Ö) s. Nicolas Kiefer/Rainer Schüttler (De) 6:7 (3:7), 6:3, 6:1.

Frauen. 1. Runde: Emmanuelle Gagliardi/Patty Schnyder (Sz) s. Eleni Daniilidou/Anna Gerasimou (Grie) 6:0, 6:4. Swetlana Kusnezowa/Dinara Safina (Russ/1) s. Mara Santangelo/Roberta Vinci (It) 6:1, 3:6, 7:5. Venus Williams/Serena Williams (USA/2) s. Iveta Benesova/Nicole Vaidisova (Tsch) 4:6, 7:5, 6:1. Lindsay Davenport/Liezel Huber (USA/5) Klaudia Jans/Alicia Rosolska (Pol) 6:2, 6:1. Zi Yan/Jie Zheng (China/8) s. Daniela Hantuchova/Janette Husarova (Slk) 6:1, 7:6 (11:9).

(Marco Keller, Peking/Si)

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