Zwar befanden sich sowohl Johan Museeuw als auch Peter van
Petegem in der fünfköpfigen Spitzengruppe, die den Sieg unter sich
ausmachen konnte. Doch es war Andrea Tafi, der von der Rivalität
der beiden Belgier, den meistgenannten Siegertipps, profitierte.
Vier Kilometer vor dem Ziel trat der Italiener an, und da weder
Museeuw noch Van Petegem nachführen wollten, reichte es Tafi zum
Sieg.
Markus Zberg, der einzige mit grossen Ambitionen gestartete
Schweizer, hatte schon bei der vorentscheidenden Attacke rund 50 km
vor dem Ziel nicht mit den Allerbesten mithalten können. Der Urner,
der als Dritter von Mailand - Sanremo hervorragend in die neue
Weltcup-Saison gestartet war, konnte von seiner holländischen
Rabobank-Equipe nicht genügend gut unterstützt werden. So erreichte
der isolierte Innerschweizer das Ziel letztlich mit gut zweieinhalb
Minuten Rückstand als 25., was ihm noch genau einen Weltcuppunkt
eintrug.
Andrea Tafi wird am 7. Mai bereits 36 Jahre alt, doch für grosse
Siege ist er noch immer gut genug, vor allem auch dank seinem
immensen taktischen Gespür. Tafi war rund 50 km vor dem Ziel ein
erstes Mal präsent, als sich eine vorentscheidende Fünfergruppe
bildete, der auch noch seine Landsleute Davide Cassani und Gabriele
Missaglia sowie der Amerikaner George Hincapie und der Däne Rolf
Sörensen angehörten. 5 km später gesellten sich die beiden Belgier
Museeuw und Van Petegem sowie Tafis Mapei-Teamkollege Daniele
Nardello hinzu. Diese acht Fahrer holten 19 km vor dem Ziel den
tapferen Belgier Erwin Thijs ein, der seinerseits nach rund 30
zusammen mit drei weiteren Aussenseitern ausgerissen war und sich
später alleine während mehr als 200 km an der Spitze behauptete.
In der Mauer von Geraardsbergen (15 km vor dem Ziel), dem
zweitletzten der insgesamt 16 so ruppigen und fast durchwegs mit
Kopfsteinen besetzten Aufstiege, dezimierte sich die Achtergruppe
auf fünf Mann: Sörensen, Cassani und Missaglia verloren den
Anschluss. Die übrig gebliebenen Fünf blieben aber auch in der
letzten Steigung zusammen. Es verblieben noch 12 flache Kilometer
bis zum Ziel in Meerbeke, doch zum Spurt kam es nicht.
Eine erste Attacke von Van Petegem wurde neutralisiert, doch
dann griff 4 km vor dem Ziel der schlaue Tafi an. Und diesmal
reagierte keiner konsequent, weder der dreifache Flandern-Gewinner
Museeuw (1993, 1995 und 1998) noch Hincapie oder Van Petegem, der
Sieger von 1999, der zuvor oft die Lücken geschlossen hatte. Und
mit Nardello wusste Tafi noch einen Mannschaftskollegen unter den
Verfolgern. So war bald klar, dass Tafi das Ziel solo erreichen
würde. Seinen ehemaligen Fluchtkollegen blieb nur der Spurt um
Platz 2, den schliesslich Museeuw für sich entschied.
Andrea Tafi, der alle seine grossen Erfolge für die italienische
Mapei-Equipe herausfuhr, sicherte sich seinen bereits fünften
Weltcupsieg. Damit gehört der der Florentiner zu den ganz Grossen
unter den Spezialisten für Eintagesrennen. 1996 hatte er die
Lombardei-Rundfahrt gewonnen, ein Jahr später triumpierte er im
englischen Rochester, 1999 bei Paris - Roubaix und vor zwei Jahren
entschied Tafi Paris - Tours für sich. Mehr Weltcupsiege als der
nunmehr fünffache Weltcupsieger Tafi haben nur zwei Fahrer: Museeuw
(9) und der Deutsche Erik Zabel (7).
Meerbeke (Be). 86. Flandern-Rundfahrt,
Brügge - Meerbeke (264
km):
1. Andrea Tafi (It) 6:58:43 (37,830 km/h). 2. Johan Museeuw
(Be) 0:21 zurück. 3. Peter van Petegem (Be). 4. George Hincapie
(USA). 5. Daniele Nardello (It), alle gleiche Zeit. 6. Rolf
Sörensen (Dä) 1:12. 7. Enrico Cassani (It), gleiche Zeit. 8.
Gabriele Missaglia (It) 1:14. 9. Mario Cipollini (It) 2:37. 10.
Erik Zabel (De).
11. Jo Planckaert (Be). 12. Robert Hunter (SA). 13. Lars
Michaelsen (Dä). 14. Andrej Hauptman (Sln). 15. Stefano Zanini
(It). 16. Paolo Bettini (It). 17. Fred Rodriguez (USA). 18. Ludo
Dierckxsens (Be). 19. Peter Wrolich (Ö). 20. Matthew Wilson (Au).
21. Nicolas Jalabert (Fr). 22. Servais Knaven (Ho). 23. Nico
Mattan (Be). 24. Tom Boonen (Be). 25. Markus Zberg (Sz). Ferner:
37. Vorjahressieger Gianluca Bortolami (It). 52. Rolf Huser (Sz).
59. Lance Armstrong (USA), alle gleiche Zeit wie Cipollini. 75.
Martin Elmiger (Sz) 5:22. -- 192 Fahrer gestartet, 107 klassiert.--
Aufgegeben u.a.: Roger Beuchat (Sz).
Der Stand im Weltcup (nach 2 von 10 Rennen): 1. Cipollini 120
Punkte. 2. Tafi 100. 3. Rodriguez 79. 4. Museeuw 70. 5. Van Petegem
61. 6. Planckaert 55. 7. Zberg 51. 8. Hincapie 50. 9. Nardello 36.
10. Oscar Freire (Sp) 36.
Nächstes Rennen: Paris - Roubaix (am 14. April).
(sk/sda)