Folge dem Geld

publiziert: Donnerstag, 24. Jan 2008 / 11:31 Uhr / aktualisiert: Donnerstag, 24. Jan 2008 / 17:35 Uhr

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Die uns präsentierten Ausmasse des Immobilien-Desasters in den USA sind so gigantisch, dass es momentan fast unmöglich scheint, noch einen vernünftigen Gedanken zu fassen. Panik scheint allüberall zu herrschen und man ist versucht zu glauben, dass die Welt an einem Abgrund sondergleichen steht.

Die Erklärungen für dieses ganze Kuddelmuddel sind vielfältig und dürften sich in Wirklichkeit überschneiden. Von der Komponente der kriminellen Gier war in dieser Kolumne bereits einmal die Rede. Und auch von der offensichtlichen Dummheit, die zum Teil eine Rolle gespielt haben muss.

Doch damit sind noch lange nicht alle Fragen beantwortet. Zum Beispiel jene, warum trotz eines US-Immobilienmarktes, der 2005 in eine Stagnation kam und bald darauf abzusacken begann, immer noch uneinholbare Hypotheken ausgegeben, warum trotz der absehbaren Krise immer noch gigantische Boni verteilt und exzessive Gehälter bezahlt wurden.

Die Datenlage war eigentlich transparent, ebenso wie die Tatsache, dass die Blase platzen würde. Und trotzdem schien nichts zu passieren, rannte die Finanzwelt offenen Auges in den Abgrund. Angesichts der gewaltigen Berater- und Analystenstäbe und der tausenden Seiten an Prognosen, die Jahr für Jahr geschrieben werden, ein unglaublicher, ja absurder Vorgang.

In der Wissenschaft gibt es ein Mittel der Analyse: Occams Rasiermesser. Dieses Logikwerkzeug formuliert in etwa, dass, wenn alle Erklärungen eines Phänomens eigentlich gleichwertig sind, die einfachste, welche am wenigsten Zusatzerklärungen benötigt, die richtige ist.

Teilweise braucht es allerdings gewisse Vorgaben und Beispiele, um der richtigen Lösung auf die Spur zu kommen. Dabei kann einem der Skandal der US Spar- und Leihkassen (S&L) der 80er Jahre wertvolle Hilfe leisten. Damals gingen Tausende dieser Kleinbanken nach einer Deregulierung über den Jordan. Dies aufgrund von schlechten Kreditrisiken (vor allem Hypotheken), verborgenen, nicht ausgewiesenen Verlusten in den Bilanzen, einer exzessiven Gehaltspolitik und Veruntreuungen in grossem Ausmass. Kommt einem zum Teil bekannt vor, oder?

Am Schluss musste der amerikanische Staat, der für die S&L's bürgte, eine Schadenssumme (auf heutige Kaufkraft umgerechnet) von 1,5 bis 2 Billionen Dollar decken. Profitiert haben damals vor allem die Besitzer der S&L's, die sich selbst Kredite gaben, abzockten wo es ging und vielfach sogar ohne Strafe (wie ein Mitglied der Bush-Familie) davon kamen.

So kann man sich nun fragen: Wer hat diesmal profitiert und wird noch profitieren? Zum einen jene Leute, die über Jahre dutzende Milliarden an Boni kassiert haben, als Belohnung für Luft-Werte und imaginäre Gewinne. Geld, das in der Folge fehlte, um die Verluste, die aus den vermeintlichen Gewinnen entstanden waren, zu decken. Die Zeche zahlen im Moment die bankrotten Schuldner und Aktionäre: von Pensionskassen bis hinunter zu kleinen Aktiensparern.

Die Tatsache, dass nun genau diese ihre Aktien auf den Markt werfen, um noch ein wenig ihrer einstigen Gewinne zu retten, erschafft natürlich wieder Gelegenheit, günstig einzukaufen – zum einen, weil der Markt überreagiert. Und zum anderen, weil eventuell alles halb so wild ist. Denn die Verluste die momentan ausgewiesen werden, könnten durchaus geringer sein, als angenommen. Auch dies eine Erfahrung aus dem S&L Skandal, wo am Ende ein grosser Teil der Miesen durch eine Abwicklungsgesellschaft wieder reingeholt werden konnten.

Sicher, die Annahme, dass die Hypoblase mit Bedacht und Vorsatz erst aufgeblasen und dann ebenso berechnend zum Platzen gebracht wurde, scheint irr, ja geradezu grotesk zu sein, angesichts der momentan herrschenden, von den Medien mit stündlichen News-Updates geschürten Panik. Doch die Alternative ist, dass eine ganze Branche, die auf Gedeih und Verderb von Prognosen und Planungen abhängt, eine lang angekündigte, vermeidbare und von ihnen selbst initiierte Katastrophe nicht auf dem Radar hatte.

Um die Antwort zu finden, folge man einfach dem Geld... alles andere ist nur Beilage.

(von Patrik Etschmayer/news.ch)

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