Viele, viele Neuerscheinungen

Frankreichs Literaturwelt ist beunruhigt: Stirbt der Roman aus?

publiziert: Dienstag, 5. Jun 2001 / 12:01 Uhr

Paris - Frankreichs Literaturwelt macht sich Sorgen: Gibt es ihn noch oder ist er vom Aussterben bedroht?, fragt sich die Académie française ängstlich. Gemeint ist der französische Roman, der jahrhundertelang Europa als literarisches Vorbild diente.

«Balzac, Flaubert und Stendhal inspirierten zahlreiche ausländische Schriftsteller. Frankreich galt, vor allem vom 19. Jahrhundert an, als literarische Hochburg. Das goldene Zeitalter des französischen Romans ist heute vorbei», erklärt der Schriftsteller Maurice Druon, der von 1985 bis 1999 Ständiger Sekretär der altehrwürdigen Académie française war.

Tagebüchger haben Konjunktur

Maurice Druon ist nicht der einzige Literat, der das Ende des Romans prophezeit. Der Erfolgsschriftsteller Jean d'Ormesson, dessen Werke regelmässig in die französischen Bestsellerlisten kommen, zählt den Roman bereits zu der Kategorie der aussterbenden Literaturgattungen. «In den letzten Jahren wurde jede Veröffentlichung als Roman bezeichnet. Der Begriff wurde überstrapaziert. Heute ist der Roman vom Aussterben bedroht.» Im vergangenen Jahr verzeichnete der französische Buchherbst mehr Neuerscheinungen denn je. Mehr als 600 Publikationen überschwemmten das Land Descartes. Die meisten Werke sind Tagebücher.

Mangelnder politischer Zündstoff schuld?

«Immer mehr wählen diese literarische Kunstform, um ihre Beobachtungen, Empfindungen, Gedanken mitzuteilen. Geständnisse und Intimes ersetzen heutzutage die Fantasie», sagt Hélène Carrère d'Encausse, die Nachfolgerin Druons und erste Frau, die den Führungssitz der Académie française, Frankreichs höchste Instanz für Literatur und Sprache, bekleidet. Die Krise der erzählenden Dichtung soll mit dem Fall der Mauer, dem Ende des Kommunismus und der Ideologien begonnen haben. «Ohne Manifeste und Doktrinen scheint es keinen inhaltlichen Zündstoff mehr zu geben. Also zieht man sich auf das eigene Ich zurück», meint der Literaturexperte Michel Crépu.

Oder einfach Kommerz?

Anderer Meinung ist Olivier Frébourg, Leiter des renommierten Kleinverlags «Editions de la Table ronde». «Ein Grossteil der Schuld tragen die Verleger. Unter den Manuskripten, die jedes Jahr eingereicht werden, befinden sich durchaus historische und gesellschaftspolitische Romane. Man folgt zu sehr dem Modetrend und den Marktgesetzen. Die Verleger können durchaus Richtlinien setzten. Auch die Literaturkritiker sind an diesem Drama schuldig: Sie schreiben nach dem Publikumsgeschmack - statt Akzente zu setzen.»

Einige Fachleute schliessen mit Jean-Paul Sartre, Albert Camus, Alain Robbe-Grillet und Nathalie Sarraute die Liste der literarischen Geistesgrössen ab. Für sie waren die 70er Jahre und der «Nouveau Roman» (»Neue Roman») die letzte Sternstunde des französischen Romans. «Seitdem steht Frankreich nicht mehr im Mittelpunkt der literarischen Welt. Kein Tolstoj, Dostojewskij, Hemingway oder Faulkner zieht es mehr nach Paris», bedauert Michel Crépu und verkündet bitter: «Heute gehen die Franzosen nach Amerika, um die neuen Helden wie Jim Harrison und Philip Roth zu fragen, wie man Geschichten schreibt.»

(sda)

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