Urknall und Anarchie in Luzern

Früh-Aufständische bringen die Stadt ins Schlingern

publiziert: Donnerstag, 2. Mrz 2000 / 16:35 Uhr / aktualisiert: Donnerstag, 2. Mrz 2000 / 17:46 Uhr

Luzern - Seit Donnerstagmorgen ist in Luzern der Teufel los. Ruhe und Ordnung sind nicht mehr gewährleistet. Der Verkehr ist streckenweise behindert. Eine Normalisierung ist erst am kommenden Mittwoch wieder zu erwarten.

von Meinrad Buholzer, sda

Wildes Tuten und Guggen lässt die  zivilisatorische Tünche der Luzerner bröckeln wie ausgetrockneten Fensterkitt.
Wildes Tuten und Guggen lässt die zivilisatorische Tünche der Luzerner bröckeln wie ausgetrockneten Fensterkitt.
1 Meldung im Zusammenhang
Weiterführende Links zur Meldung:

Wer die Luzerner Fasnacht nicht verpassen will...
An eine Fasnacht reist man am besten und sichersten mit dem Zug, denn Bacchus regiert die Narrenzeit
www.sbb.ch/pv/luzernerfasnacht_d.htm

Ein so genannter Urknall zerriss um 05.00 Uhr die Ruhe. Orangen knallten durch die Nacht. Trotz Kälte begrüssten Tausende den Fritschi-Vater, eine von den Früh-Aufständischen idealisierte Vatergestalt, die grosszügig Essen und Trinken spendet. Seither herrscht pure Anarchie.
Ein Augenschein vor Ort bestätigt schlimmste Befürchtungen. Eine unüberschaubare Masse verabschiedet sich von Konventionen, die ein geregeltes Nebeneinander ermöglichen. In Kleidung wie in Kommunikation schreckt sie nicht vor schrillsten Tönen zurück.
Divergierende Töne fast aller bekannten musikalischen Stile bis hin zu Minimal Music und Noise werden hemmungslos karikiert; auch hier setzt man sich über Regeln hinweg, die die Menschheit im langen Zivilisationsprozess aufzustellen überein gekommen ist.

Alkoholgeschwängerte Dunstwolke
Niemand ist vor Anpöblungen sicher. Über der Altstadt schwebt eine von Kafi Träsch geschwängerte Dunstwolke. «Schmutziger Donnerstag» wird der Tag genannt - ein treffender Namen, wenn man einen Blick auf den Boden wirft.
Zentrum des Aufruhrs ist die Altstadt, doch breitet er sich bis in Aussenquartiere aus. Verkehrsbehinderungen sind nicht auszuschliessen. Die Brückenköpfe an der Reuss sind fest im Griff der Aufrührer. In der Reuss schwimmt ein monumentaler Frosch - Fetisch einer (Wey-)Zunft, die diesen Aufruhr noch schürt.
Über den inneren Zusammenhalt der heterogenen Gruppen - sie nennen das Spektakel Fasnacht - lässt sich nur mutmassen. Die einen sehen darin eine Austreibung von Teufel bzw. Dämonen, andere einen sich durch das «Unbehagen in der Kultur» (Freud) zwangsläufig ergebenden Ausbruch des Unbewussten.
Kritiker monieren mangelnde Stringenz des fasnächtlichen Diskurses, das Fehlen eines ideologischen Konsenses. Was sich darin manifestiert, dass man gleichzeitig den Schweizerpsalm und die «Internationale» hören kann. Beobachter sprechen von einem an der Periphiere der Postmoderne ausfransenden Denken - populärer: «einer Revolution aus dem Bauch». Interessant ist, wie der freie Markt unter erschwerten Bedingungen spielt. Fliegende Händler haben in kurzer Zeit überall Stände aufgestellt und machen florierende Geschäfte mit Hungrigen und Durstigen.

Reaktionen
Laut Polizei haben die Auschreitungen bis jetzt keine Opfer gefordert, auch keine Schweizer. Man rät aber zur Vorsicht. Für den Fall einer Eskalation wird die Einrichtung einer Hot-Line geprüft.
Erste Stellungnahmen von politischen Parteien sind vorsichtig abwartend. Die SVP begrüsst die Ausschaltung der classe politique. Die SP erwägt einen Sonderparteitag. Gewerkschaftliche Kreise haben Bedenken, dass wegen ungeordneter Zustände Arbeitszeiten für Arbeitnehmer nicht mehr eingehalten werden.
Tierschützer rufen dazu auf, in der Gefahrenzone keine Tiere mitzuführen. Empört über die Abfallmengen sind Umweltschützer; sie empfehlen eine temporäre Abfallgebühr. Das Ausland reagiert zurückhaltend. Eine ausdrückliche Empfehlung, Luzern zu meiden, ist bis jetzt nicht ergangen.

(sda)

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