Fussball: Milan ohne Magie

publiziert: Donnerstag, 29. Mai 2003 / 16:29 Uhr

Mit dem letzten Penalty sicherte sich Milan im Champions-League-Final gegen Juve die prestigeträchtigste Trophäe der Saison. Zum sechsten Mal schon seit 1956 haben die Rossoneri im europäischen Klubfussball den Thron bestiegen.

Kakha Kaladze, Paolo Maldini und Filippo Inzaghi jubeln mit dem Pokal.
Kakha Kaladze, Paolo Maldini und Filippo Inzaghi jubeln mit dem Pokal.
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Dass Andrej Schewtschenko den Part des Königsmachers übernahm und nach 120-minütiger Torflaute den entscheidenden Penalty zum 3:2 verwertete, war zweifellos kein Produkt des Zufalls. Der Ukrainer, den sie im Norden des Stiefels alle nur "Sheva" rufen, war schon vor dem finalen Akt Autor der besten Szene Milans, als sein Teamkollege Rui Costa mit einem (Positions-)Offside den frühen Führungstreffer (8.) "verhinderte".

Einen erheblichen Teil der gigantischen Siegprämie -- in italienischen Gazzetten kursierten Zahlen in der Höhe von 250 000 Euro pro Kadermitglied -- hatte sich Schewtschenko schon im Halbfinal-Rückspiel gegen den Stadtrivalen Inter verdient. Sein Treffer bescherte den Milanesi den Auftritt in Manchester und ihm "einen Weltmeisterschafts-Final" (Gazzetta dello Sport). Kurzum: Der begnadete Stürmer steht am Ursprung dieser fabelhaften Erfolgsgeschichte.

Keine magische Nacht!

Die Emotionen der überwältigten Gemeinde in Rot-Schwarz, der eindrückliche Chor der Tifosi, die herrlichen Mailänder Episoden -- 40 Jahre nach seinem Vater Cesare stemmte Paolo Maldini den Pokal als Captain in die Höhe, Clarence Seedorf gewann die Champions League als Erster mit drei verschiedenen Teams -- sind gleichwohl kein Anlass, den Final 2003 zu mystifizieren. Wobei diese Einschätzung den Erfolg von Carlo Ancelottis Auswahl nicht schmälern soll.

Es war einfach keine "night to remember", schon gar keine mitreissende Finalissima und "notte magica", wie es Italiens rosafarbene Sportbibel in fetten Buchstaben prophezeite. Dazu fehlten vorab die erforderliche Wucht der enttäuschenden Juve, welche die Sperre ihres tschechischen Universalgenies Pavel Nedved nie verkraftete. Deswegen entwickelte sie ein überdimensioniertes Sicherheitsdenken und hielt sich lange nur dank ihrem brillanten Goalie Gianluigi Buffon schadlos.

Die Premiere des inner-italienischen Duells um den Sieg im bedeutendsten Klubwettbewerb endete nach torlosen 90 Minuten und halbstündiger Overtime ohne jegliche Raffinesse mit dem manchenorts befürchteten Resultat -- einem Novum übrigens seit Einführung der Champions League vor elf Jahren. Erst das unvermeidliche Penaltyschiessen erzeugte auf künstliche Weise die vorher so vermisste Dramatik und riss die Protagonisten aus ihrer Schläfrigkeit.

Der richtige Sieger

Zumindest eine Diskussion erübrigte sich nach Schewtschenkos goldenem Abschluss. Die Frage, ob sich mit Milan die richtige Squadra inmitten des Konfettiregens feiern lassen durfte, brauchte sich nicht einmal der Anhänger der Bianconeri ernsthaft zu stellen. Milan war von Beginn weg entschlossen, demonstrierte mit unverkennbarer Dominanz Siegeswillen, derweil sich die verblüffend passive Juve dem Prinzip Hoffnung verschrieb und von löblichen Ausnahmen (Conte, Davids, Buffon, Zambrotta) abgesehen bis zur spätabendlichen Penalty-Lotterie nicht von dieser enttäuschenden Haltung abrückte.

Nur ein einziges Mal, unmittelbar nach der Halbzeitpause, als der für den inexistenten Mauro Camoranesi eingewechselte Antonio Conte seinen Kopfball an die Latte setzte, flirtete die "vecchia signora" während Sekunden mit einem Torerfolg. Wer sich im "Theatre of Dreams" von Contes Chance eine Signalwirkung erhoffte, träumte allerdings buchstäblich. Ausser Zambrotta im linken Couloir unternahm bei den Piemontesen weiterhin keiner etwas Spektakuläres. Der italienische Meister überliess der AC Milan weiterhin den aktiven Part und zog es vor, die eigene Defensivzone abzuschirmen. Allein das Cornerverhältnis von 13:5 zugunsten der Mailänder zeugte von der Turiner Zurückhaltung und bescheinigte dem Rivalen, wenigstens mehr gewagt zu haben.

Gewiss, Marcello Lippi sah sich wegen der verletzungsbedingten Auswechslungen von Verteidiger Tudor und Mittelfeldstratege Edgar Davids früh zu erheblichen taktischen Änderungen veranlasst. Die Passivität allein mit den nicht einkalkulierten Personalrochaden zu begründen, wäre indes eine gar einfache Variante. Spätestens nach fünf Minuten der Verlängerung, als Roque Junior wegen einer Adduktorenzerrung richtiggehend "lahmte" und Milan bereits dreimal gewechselt hatte, liess sich Lippis Konzept nicht mehr rechtfertigen.

Nedveds Absenz schwerwiegend

Die von Spielern und Trainern gleichermassen oft bemühte Floskel "nur das Kollektiv" zählt wurde im Old Trafford vom grossen Abwesenden Nedved ad absurdum geführt. Ohne sein tschechisches Energiezentrum wirkt der italienische Champion viel berechenbarer. Offenbar besitzt selbst ein Gigant wie Juve bei einem Ausfall Nedveds keine Alternative. Der für Nedved nominierte Neo-Internationale Camoranesi jedenfalls war kein Faktor. "Wir hatten schlicht nicht genug Benzin im Tank", liess sich Lippi zitieren. Nedved, der Tankwart Juves, sass auf der Tribüne.

So traten andere, zumeist jene aus Mailand, in Erscheinung. Jene, denen im heimischen Campionato im Schatten der entrückten Bianconeri gegen Ende hin nur noch die Rolle des Statisten geblieben waren, erspielten sich die Vorteile und drängten den 27-fachen Meister mit langem Anlauf zur dritten Finalniederlage in Folge. Clarence Seedorf und der omnipräsente Rui Costa bestimmten die Spielrichtung, Filippo Inzaghi und sein Partner Schewtschenko sorgten für die grossen Szenen.

von Sven Schoch, Manchester

(bert/Si)

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