Fussball: Opfert Kuhn Stürmer gegen wütende Engländer?

publiziert: Donnerstag, 17. Jun 2004 / 08:00 Uhr

In ihrem zweiten Spiel bei der EM-Endrunde in Portugal bekommt es die Schweiz heute in Coimbra (18.00 Uhr) mit einem wütenden England zu tun. Muss das Team von Köbi Kuhn für die bittere 1:2-Niederlage der Engländer gegen Frankreich büssen?

Köbi Kuhn verrät erst 75 Minuten vor dem Spiel seine Aufstellung.
Köbi Kuhn verrät erst 75 Minuten vor dem Spiel seine Aufstellung.
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Der späte Flop im Startspiel gegen den Titelverteidiger hat die Engländer unter starken Zugzwang gebracht. Gewinnt Frankreich im Abendspiel der Gruppe B nur eine Fahrstunde südlicher in Leiria auch seine zweite Partie gegen Kroatien, dann steht der grosse Titelanwärter bereits nach zwei Spielen als Viertelfinalteilnehmer fest.

Eine erneute Niederlage Englands gegen die Schweiz würde dann bedeuten, dass die stolze Mannschaft aus dem Fussball-Mutterland bereits nach den Gruppenspielen ausgeschieden wäre.

Verlieren verboten

Die zweite Partie der Schweiz steht dergestalt unter der gleichen Affiche wie das Startspiel gegen Kroatien: Es ist für beide Teams ein erneutes Schlüsselspiel für den weiteren Turnierverlauf, nur hat sich der Erfolgsdruck massiv verstärkt.

Verlieren ist nun nicht mehr erlaubt, wenn man nicht frühzeitig die Heimreise antreten will.

"Für die Niederlage bezahlen"

Das Team von Köbi Kuhn wird in Coimbra auf einen wütenden Gegner treffen, der sich den Frust von der Seele spielen will. "Die Schweiz muss am Sonntag für unsere Niederlage bezahlen. Wir werden unseren Frust ausleben", sagt England-Star David Beckham, der eine Teilschuld für die Niederlage gegen Frankreich auf sich genommen hat.

Beckham erachtete sich nach seinem verschossenen Penalty als verantwortlich, die Stimmung des Teams wieder auf Vordermann zu bringen: "Wir waren alle am Boden, aber jetzt sind alle wieder gut drauf."

Startphase heil überstehen

Der begnadete Spielmacher der Engländer deutet mit seinen Worten an, was morgen Nachmittag auf die Schweizer zukommt. Nationalcoach Kuhn ist sich dessen voll bewusst: "Das Gefährlichste werden die Startminuten sein. "

"England hat schon gegen Frankreich zu Beginn einen Riesendruck entwickelt und wird gegen uns nicht ängstlicher beginnen. Unsere Aufgabe wird es sein, möglichst hoch zu verteidigen, die Engländer früh zu stören und ihnen möglichst wenig Ballbesitz zu gestatten."

Celestini für Vogel

Wie er diese Aufgabe angehen wird, will Kuhn bis 75 Minuten vor Spielbeginn nicht preisgeben. Es stellen sich zwei Fragen: Wer ersetzt den gesperrten Johann Vogel im defensiven Mittelfeld, und kehrt Ricardo Cabanas für Benjamin Huggel oder gar für Stéphane Chapuisat ins Team zurück? Klar scheint, dass Fabio Celestini die Position von Vogel einnehmen wird.

Der Romand war in der erfolgreichen EM-Qualifikation stets Vogels Stellvertreter gewesen. Er löste diese Aufgabe zwar mit unterschiedlichem Erfolg, erzielte jedoch in Dublin den wichtigen Siegestreffer und erfüllte auch am Sonntag gegen Kroatien seinen Job zur vollen Zufriedenheit Kuhns.

Cabanas Rückkehr nicht zwingend

Cabanas Rückkehr in die Mannschaft nach seinen beiden Spielsperren, die er sich mit dem dummen Platzverweis in Russland eingebrockt hatte, ist nicht zwingend. Huggel erledigte dessen Part bisher zuverlässig, auch wenn er gegen die Kroaten in der ersten Halbzeit Mühe bekundete, ins Spiel zu finden.

Der Basler ist mit seiner Körpergrösse gegen die robusten Engländer gesetzt und wird in der Startaufstellung stehen. Cabanas könnte allerdings auch Chapuisat aus dem Team verdrängen und neben Huggel im Mittelfeld agieren. Und zwar dann, wenn Kuhn auf mehr Sicherheit setzt, das Mittelfeld verstärkt und damit einen Stürmer opfert.

Anzeichen für diese taktische Änderung waren in den Trainings zwar nicht ersichtlich, doch erscheint die Variante nicht völlig abwegig.

Taktische Umstellung möglich

Möglich, dass Kuhn, der konservativ denkt und nur ungern von gefestigten Strukturen abrückt, erst im Verlauf des Spiels vom gewohnten 4-3-1-2- zum defensiveren 4-4-1-1-System übergeht. Er könnte damit den Druck des starken englischen Mittelfelds mit David Beckham, Frank Lampard, Steven Gerrard und Owen Hargreaves (er ersetzt den verletzten Paul Scholes) weiter vom eigenen Tor entfernt abblocken.

Die Schweizer würden dann ihr Heil wohl in Kontern suchen. Mit einem Vierer-Mittelfeld, dem vorgeschobenen Hakan Yakin und nur einer Sturmspitze (Alex Frei) wäre dies besser möglich, als mit den zwei kleingewachsenen Angreifern (Frei und Chapuisat) ganz vorne gegen die stämmigen und sattelfesten englischen Hünen John Terry (rückt für Ledley King ins Team) und Sol Campbell.

Gefahr vom Sturmduo

Gelingt es dem Schweizer Team, das englische Mittelfeld zu kontrollieren und ihm nur wenig Ballbesitz zu gestatten, dann ist eine weitere Gefahr zumindest minimiert.

Michael Owen und vor allem Wayne Rooney im englischen Angriff sind in Topform und kaum zu bremsen, wenn sie ihre Schnelligkeit einsetzen können. Murat Yakin und Patrick Müller müssen sich gegenüber dem Kroatien-Spiel nochmals steigern, um diese beiden Weltklassestürmer zu kontrollieren.

Für einen Sieg, den ersten an einer EM-Endrunde überhaupt, ist jedoch noch viel mehr Bedingung. "Jeder einzelne muss seine bestmögliche Leistung auf den Platz bringen, nur dann haben wir gegen diesen Gegner eine Chance", sagt Kuhn, der auch ein klein wenig darauf hofft, dass die Schweiz von den zur Überheblichkeit neigenden Engländern unterschätzt wird.

Gruppe B: England - Schweiz

Estadio Coimbra City, Coimbra. -- 18.00 Uhr. -- SR Iwanow (Russ).

England: 1 James (Manchester City); 2 Gary Neville (Manchester United), 5 Terry (Chelsea), 6 Campbell (Arsenal), 3 Ashley Cole (Arsenal); 7 Beckham (Real Madrid), 11 Lampard (Chelsea), 4 Gerrard (Liverpool), 18 Scholes (Manchester United); 9 Rooney (Everton), 10 Owen (Liverpool).

Schweiz: 1 Stiel (Cap./Borussia Mönchengladbach); 2 Haas (West Bromwich Albion), 5 Murat Yakin (Basel), 20 Müller (Lyon), 17 Spycher (Grasshoppers); 18 Huggel (Basel), 16 Celestini (Marseille), 8 Wicky (Hamburger SV); 10 Hakan Yakin (Stuttgart); 9 Frei (Rennes), 11 Chapuisat (Young Boys).

Bemerkungen: Die Schweiz ohne Vogel (gesperrt); England ohne Butt (verletzt). Bei der nächsten Verwarnung für ein Spiel gesperrt: Stiel und Huggel (beide Schweiz); James, Lampard und Scholes (alle England).

(von René Baumann/Si)

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