Fussball: Super League - Das neue Zauberwort
Der Schweizer Fussball hat mit der Vergangenheit gebrochen. Super League heisst das neue Zauberwort für die Spitzenliga, die eine Reduktion auf zehn Teams erfuhr und nach neuem Modus ausgespielt wird. Challenge League nennt sich künftig die einstige Nationalliga B.
Ab dem 16. Juli beginnt die neue Fussball-Ära, die zahlreiche Änderungen bringt. Der Meisterschaftsbetrieb dauert 36 Spieltage und kennt keine Extravaganzen mehr.
Der Trennstrich, die Punkteteilung nach der Qualifikation, die Final- und Abstiegsrunde wurden nach 16 Saisons abgeschafft. Die Schweiz wird wieder eine "gewöhnliche" Meisterschaft haben und passt sich - echt schweizerisch - umliegenden Ländern an.
Mehr Geld für die Erfolgreichen
Die existenziellen Schwierigkeiten, die meist veralteten Stadien und die nicht mehr zeitgemässen Vereinsstrukturen sollen durch den neuen "Touch" eine Auffrischung erfahren.
Das Qualitätsprodukt unseres international mittelmässigen Fussballs soll durch die neue Zehnerliga mit viel versprechendem Outfit gesteigert werden. Qualität statt Quantität, gesunde statt marode Vereine und mehr Geld für die Erfolgreichen heisst das Postulat.
Leistung zählt
6,6 Millionen TV-Gelder werden künftig konsequenter nach Leistungskriterien an die Klubs verteilt. Wer Meister wird, kann von der Super League mit Einnahmen von bis zu 900 000 Franken rechnen.
Meister können aber wohl nur zwei Mannschaften werden: Titelverteidiger Grasshoppers und Cupsieger Basel, der in der letzten Saison in der Champions League eine neue Euphorie im Schweizer Fussball ausgelöst hat.
Meister GC mit dem kleineren Budget
Die Grasshoppers wurden zum 27. Mal Meister, schielen aber dennoch etwas neidisch nach Basel. Dort sind die finanziellen Möglichkeiten dank den Zuschüssen von Vizepräsidentin Gigi Oeri ungleich grösser.
"Wir müssen uns nach der Decke strecken. Wir konnten uns nicht mehr verstärken", räumte Meistertrainer Marcel Koller ein. Der zu Guingamp nach Frankreich gezogene Internationale Riccardo Cabanas wurde durch den Argentinier José Manuel Chatruc ersetzt.
Zudem wurde der bei St. Gallen ausgemusterte Rumäne Ionel Gane verpflichtet. Shala von Schaffhausen, der Nigerianer Alfred (20) und sein viel versprechender Landsmann Femi Opabunmi (18), der 2002 als drittjüngster Spieler an einer WM-Endrunde eingesetzt wurde, ergänzen das Kader der Hoppers.
Dennoch haben die Zürcher gleich drei Ziele: "Erstens die Meisterschaft, zweitens den Cup und drittens die Qualifikation für die Champions League. Wir wollen den Titel verteidigen, den Cup holen und werden alles daran setzen, als zweites Schweizer Team die Champions League zu erreichen. Dies wird aber mit diesem jungen, unerfahrenen Kader keine Selbstverständlichkeit sein", sagt Koller.
Basel hält Kader zusammen
Mit Ausnahme von Bernt Haas (zurück nach England) und Carlos Varela (Aarau) hat der FC Basel keine Änderungen erfahren. Der entthronte Meister konnte sein Kader, das stärkste und breiteste des Landes, zusammenhalten.
Der umworbene Trainer Christian Gross blieb ebenso beim FCB wie (vorläufig) Hakan Yakin. Das "Hickhack um Haki" ist indes noch nicht abgeschlossen. Ohne Retuschen und mit seiner eingespielten Mannschaft ist Basel bereit für die Revanche an GC und Titelfavorit Nummer 1.
Neue Trainer für die Verfolger
Hinter GC und Basel wird dem FC Zürich, Servette und den Young Boys am meisten zugetraut. Alle drei Klubs steigen mit einem neuen Trainer in die Saison. Marco Schällibaum wechselte von YB zu Servette, Hanspeter Zaugg von Luzern zu YB, und der einstige Servette-Trainer Lucien Favre hat beim FCZ eine neue Anstellung gefunden. Zürich darf sich trotz Budgetreduktion um 1,8 auf 8,5 Millionen Franken als Transfersieger feiern lassen.
Vor allem von der neuen Mittelfeldachse mit dem Kameruner Augustine Simo (Xamax) und dem Armenier Artur Petrosjan (YB) wird einiges erwartet. Und im Sturm konnte sich der FCZ die Dienste des umworbenen U21-Internationalen André Muff sichern. Verteidiger Remo Buess wird Ivan Quentin vollwertig ersetzen, Davide Taini (27) hat im Tor nach Miroslav Königs Wegzug in die Türkei endlich die Möglichkeit, sein Talent zu beweisen.
Auch YB verfügt über eine neue Achse mit Marco Wölfli im Tor, Ivan Knez, dem Rückkehrer aus Österreich, in der Abwehr, Roman Friedli (Aarau) im Mittelfeld und dem Brasilianer Leandro (Xamax) im Sturm. Da könnte in der letzten Saison von Stéphane Chapuisat nochmals ein Europacup-Platz drinliegen.
Mehr Konstanz verspricht sich Servette von seinen Neuzuzügen Harut Wardanjan (YB) und Yao Aziawonou (Thun/Basel). Der gewichtigste Abgang ist derjenige des U21-Leistungsträgers Philippe Senderos, der dem Ruf von Arsenal nicht widerstehen konnte. Im Sturm scheinen die Genfer mit dem Togolesen Kader allein zu schwach besetzt. Der Internationale Léonard Thurre wird verletzungsbedingt noch einige Wochen fehlen.
Fünf Abstiegskandidaten
Ende Saison steigt der Letzte in die Challenge League ab. Der Zweitletzte trägt gegen den Zweiten der zweithöchsten Liga eine Barrage in zwei Spielen nach Europacup-Formel aus.
Die "Kandidaten" für die letzten zwei Ränge sind die Ostschweizer Vereine St. Gallen und Wil, Aarau, Xamax und Thun. 19 Spieler hat St. Gallens Trainer Heinz Peischl ausgemustert.
Dafür kickt fortan halb Wil (Zellweger, Sutter, Balmer, Pavlovic) in St. Gallen. Gesucht wird noch ein Vollstrecker. Der Umbruch braucht Zeit. St. Gallen wird sich erst finden müssen.
Abstiegskandidat Wil braucht Investor
Nur über die Hälfte des St. Gallers Budgets (8,5 Mio) verfügt Kantonsrivale Wil, der mit dem Erreichen der 3. Runde im UI-Cup bereits überrascht hat. Das Team von Trainer Martin Andermatt gilt als einer der ersten Abstiegskandidaten. Wenn aber ein neuer Investor einsteigt, ist vieles wieder möglich.
Geschickt scheint Alain Geiger das Kader Aaraus ergänzt zu haben. Mit einer komplett neuen Abwehr (Gaspoz, Christ, Tcheutchoua, Armand Bühler) und Varela im Mittelfeld ist mehr Erfahrung und spielerische Substanz im Team. Die Aargauer könnten die Überraschungsmannschaft der neuen Liga werden.
Thun ist arm, hat aber motivierte Spieler
Mit dem geringsten aller Budgets (2,9 Mio.) muss Thun haushalten. Vieles hat sich im Berner Oberland verändert. Die Basler Leistungsträger Streller (zurück zum FCB) und Aziawonou (Servette) verliessen den Klub, Abwehrchef Heinz Moser trat altershalber zurück.
Zahlreiche "hungrige" Spieler wie Gerber und Zanni (GC), Dos Santos (Schaffhausen), Raimondi (zurück vom FCZ), Milcevic (FCB) und Torhüter Coltorti (Schaffhausen) stiessen dazu. Thun wird sich wie Xamax, das einige Leistungsträger verlor (Leandro, Simo, Buess), gegen den Abstieg wehren müssen.
Anzahl Meistertitel (seit 1898)
27 Titel: Grasshoppers (zuletzt 2003) 17 Titel: Servette (1999) 11 Titel: Young Boys (1986) 9 Titel: Zürich (1981) und Basel (2002) 7 Titel: Lausanne (1965) 3 Titel: Aarau (1993), La Chaux-de-Fonds (1964), Lugano (1949) und Winterthur (1917) 2 Titel: Neuchâtel Xamax (1988), Sion (1997) und St. Gallen (2000) 1 Titel: Anglo-American FC Zürich (1899), Bellinzona (1948), Biel (1947), Brühl St. Gallen (1915), Cantonal Neuchâtel (1916), Luzern (1989) und Etoile Sporting La Chaux-de-Fonds (1919)
Die Meister der letzten 16 Jahre mit "Strichmodus":
Saison Qualifikationssieger Meister
87/88 Xamax Xamax 88/89 Luzern Luzern 89/90 St. Gallen Grasshoppers 90/91 Sion Grasshoppers 91/92 Lausanne Sion 92/93 Young Boys Aarau 93/94 Grasshoppers Servette 94/95 Grasshoppers Grasshoppers 95/96 Grasshoppers Grasshoppers 96/97 Xamax Sion 97/98 Grasshoppers Grasshoppers 98/99 Servette Servette 99/00 St. Gallen St. Gallen 00/01 Lugano Grasshoppers 01/02 Basel Basel 02/03 Grasshoppers Grasshoppers
(Peter Wyrsch/Si)
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