Geraint Thomas mit dem Wetter im Bunde

Am 4. April war Thomas mit dem britischen Bahnvierer in Melbourne (Au) Weltmeister in der Mannschaftsverfolgung geworden. Erst vor zehn Tagen hatte der Radprofi aus Cardiff (Wales) von seinem Aufgebot für die Tour de Romandie erfahren. Die kurze Distanz von 3,3 km kam dem Olympiasieger von Peking (ebenfalls in der 4-km-Verfolgung) deshalb zustatten, denn seit seinen Vorbereitungen für die Titelkämpfe auf der Bahn musste Thomas erst den Tritt auf der Strasse wieder finden.

Der erste Leader des Etappenrennens durch die welsche Schweiz verhehlte denn auch nicht, dass sein erster Gesamtrang nur ein Zustand für kurze Zeit sein wird: "Ich habe noch keine Kletterbeine." Thomas' Aufgabe lautet denn auch, sich bei einem allfälligen Massensprint für den Strassenweltmeister Mark Cavendish (Gb) einzusetzen, der in diesem Auftakt zur Tour de Romandie den 3. Rang erreichte. Und dann figuriert im Sky Pro Cycling Team des ersten Romandie-Leaders auch noch Bradley Wiggins (Gb), der als Favorit Nummer eins für den Gesamtsieg gehandelt wird. Für ihn muss sich Thomas, letztes Jahr immerhin Sieger der Bayern-Rundfahrt, ebenfalls ins Zeug legen.

Hohes Stundenmittel

Angesichts der kurzen Distanz blieben die Abstände gering. Immerhin legte Thomas 4,64 Sekunden zwischen sich und Giacomo Nizzolo (It), den kaum jemand auf Platz 2 erwartet hatte. Angesichts des Streckengefälles von 35 m interessierte in Lausanne in erster Linie, ob es der Prologsieger es schaffen würde, ein Rekord-Stundenmittel zu erzielen. Für Thomas wurde schliesslich der Wert von 57,4 km/h ermittelt. Rik Verbrugghe (Be) war vor elf Jahren bei seinem Prologsieg im Giro d'Italia (Montesilvano - Pescara, 7,6 km) dank kräftiger Windunterstützung schneller (58,874 km/h). Zum Vergleich: in der Tour de France wurde der schnellste Prolog von Chris Boardman (Gb) gefahren (55,152 km/h, 1994 Lille - Euralille, 7,2 km). In der Tour de Suisse ist Fabian Cancellara Rekordhalter (52,450 km/h, 2007 in Olten über 3,8 km).

Das Aprilwetter verschonte auch die Teilnehmer der Tour de Romandie nicht. Die letzten 50 Fahrer - unter ihnen alle Anwärter auf eine gute Schlussklassierung - mussten im Regen an den Start gehen, was sie auf den nassen Strassen zu einiger Vorsicht zwang. Bradley Wiggins (11.) legte die Strecke neun Sekunden langsamer zurück als sein Teamkollege Thomas. Cadel Evans (80.), der letztjährige Gesamtsieger der Tour de Romandie, war um weitere elf Sekunden langsamer als Wiggins, was doch eine Überraschung darstellte. Allerdings ist Evans nicht ein explosiver Fahrer, sondern ein 'Diesel', der mit zunehmender Distanz besser in Fahrt kommt.

Morabito bester Schweizer

Erwartungsgemäss spielten die Schweizer in diesem Prolog keine Rolle. Bestklassierter war Steve Morabito (31., 13 Sekunden zurück). Oliver Zaugg, der als einziger Fahrer mit Schweizer Pass Aspirationen auf eine gute Schlussklassierung haben darf, büsst 26 Sekunden auf den Sieger ein (Rang 127). Zaugg war nur eine Sekunde langsamer als der nachträglich ins Liquigas-Aufgebot nachgerückte Ivan Basso (It, 123.).

Die 1. Etappe von heute Mittwoch führt den Tross von Morges über 184,5 km in den Neuenburger Jura nach La Chaux-de-Fonds. Mit drei Bergpreiswertungen auf den letzten 90 km kann davon ausgegangen werden, dass das Gesamtklassement Konturen erhält und dass Geraint Thomas sein Leadertrikot abgeben muss.

Resultate:
66. Tour de Romandie. Prolog-Zeitfahren in Lausanne (3,34 km): 1. Geraint Thomas (Gb) 3:29,43 (57,4 km/h). 2. Giacomo Nizzolo (It) 0:05. 3. Mark Cavendish (Gb) 0:06. 4. Michael Rogers (Au). 5. Kristof Vandenwalle (Be), beide gleiche Zeit. 6. Julien Vermote (Be) 0:08. Ferner: 11. Bradley Wiggins (Gb) 0:09. 31. Steve Morabito (Sz) 0:13. 51. Martin Elmiger (Sz) 0:16. 75. Martin Kohler (Sz) 0:19. 80. Cadel Evans (Au) 0:20. 112. Johann Tschopp (Sz) 0:24. 127. Oliver Zaugg (Sz) 0:26. - 159 Fahrer klassiert.

 

(fest/Si)