Händewaschen und Vogelgrippe
Experten in solchen Belangen sind aber immer noch anderer Meinung und schütteln erschüttert den Kopf, wenn sie die Sorglosigkeit, ja Arroganz sehen, mit der die Durchschnittsbürger ansteckenden Krankheiten mittlerweile gegenüber stehen. Begründet ist dieses Verhalten vor allem in Ignoranz und schlichter Dummheit.
Vor kurzer Zeit kursierten im Internet Videos aus dem Waschbereich einer öffentlichen Toilette in Westeuropa. Und die Bilder waren erschrecken. Massenhaft verliessen die – teilweise teuer gekleideten und gebildet aussehenden – Personen die Toiletten, ohne ihre Hände zu waschen. Schon bei der Berührung der nächsten Türfalle verbreitet ein solches Klo-Ferkel Millionen von Darm-Bakterien, die sich mit Freuden auf den Händen anderer Menschen niederlassen. Da nützt es denn auch nichts, wenn diese die Hände vorher gewaschen haben. Das Resultat können Magen-Darm-Infekte sein... wenn sie nur den Nicht-Wascher betreffen (weil dieser vielleicht ein Sandwich ist) wäre das nur die gerechte Strafe, doch vielfach trifft es andere.
Auch Erkältungen und die Grippe können über Türgriffe weiter verbreitet werden, weshalb das Vorhalten der nackten Hände bei Niesen und Husten und das anschliessende Händeschütteln sich durch eine speziell virulente Ironie auszeichnen: Papiertaschentücher könnten da schon einiges bringen. Genau so, wie zu Hause zu bleiben.
Denn es gibt sie massenhaft, die harten Kerle und Mädels, die trotz Fieber und Unwohlsein noch arbeiten gehen. An dieser Unart sind sowohl der falsche Ehrgeiz gewisser Arbeitnehmer wie auch der Druck verantwortungsloser Arbeitgeber und Vorgesetzter schuld, die es tolerieren oder gar wünschen, dass offenbar kranke und infektiöse Mitarbeiter zur Arbeit kommen und so Gelegenheit haben, ihren Virus unter die lieben Kollegen und in der Öffentlichkeit zu verbreiten. Statt sie sofort nach Hause zu schicken, gibt es tatsächlich Firmen, solchen Einsatz loben.
In den Kreis dieser Unarten gehört offensichtlich auch, das Leute, die krank sind, sich mehr als unbedingt nötig unter anderen Menschen bewegen oder sie womöglich zu sich nach Hause einladen. Ganz nach dem Motto: Geteilter Virus ist doppelter Virus.
Scheinbar wird bereits viel in der Erziehung versaut. Man sieht – was in den Siebzigern des letzten Jahrhunderts noch Gang und Gäbe war – kaum noch, dass Kinder dazu angehalten werden, die Hände vor dem Essen zu waschen. Hygiene wird wie ein lächerliches Relikt aus alten Zeiten behandelt.
Das zeigt auch die bescheuerte Reaktion auf die vom Bund geforderten Atemmasken für den Pandemiefall. Da wurde gemäkelt, dass diese eine Ansteckung des Trägers nicht verhindern könnten. Doch es geht dabei vor allem um die Vorbeugung von Ansteckungen DURCH den Träger und um eine Minimierung des allgemeinen Risikos zu erreichen.
Ein solches Handeln deutet denn auch darauf hin, was wir Menschen im Bezug auf infektiöse Krankheiten sind: Nicht nur dumme, hilflose Opfer, sondern handelnde Akteure, die den Verlauf und die Verbreitung von Krankheiten zumindest beeinflussen können.
Doch das verantwortungslose Alltagsverhalten vieler Leute zeigt, wie wenig dieses Wissen in der Allgemeinheit verankert, wie schwach das Bewusstsein um die Macht einfacher Verhaltensweisen ausgeprägt ist, wenn es um Krankheitsprävention geht.
Da passt es dazu, dass, sobald wieder von H5N1 oder Vogelgrippe die Rede ist, viele Leute nur noch die Augen verdrehen und von 'Hysterie' und 'falschem Alarm' reden. Sie missachten dabei, dass die Mechanismen der Mutation solcher Viren sehr wohl bekannt sind und wir einer viralen Zeitbombe gegenüberstehen, von der wir wissen, dass aber nicht, wann sie explodieren wird.
Wenn es aber losgeht, wäre es hilfreich, wenn alle ein gewisses Grundwissen in Hygiene und Krankheitsprävention hätten. Die beste Zeit, ein solches Verhalten einzuüben ist dann, wenn noch nicht Leben auf dem Spiel stehen. Fangen wir am Besten heute damit an.
(von Patrik Etschmayer/news.ch)
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