Ikone in der Kritik

publiziert: Donnerstag, 10. Feb 2005 / 12:00 Uhr

Frankfurt/Main - Die Deutsche Bank gerät immer wieder als das Symbol der negativen Auswüchse des Kapitalismus in die Schlagzeilen. Mit Tritten ins Fettnäpfchen tragen die Chefs ihren Teil dazu bei.

Joseph Ackermann hat sich bald alle Sympathien verspielt.
Joseph Ackermann hat sich bald alle Sympathien verspielt.
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Rolf Breuer, Aufsichtsratsvorsitzender der Bank und Vorgänger ihres heutigen Chefs Josef Ackermann, ist die Sonderrolle leid. "Wir wollen keine deutsche Ikone sein", bekannte er im kleinen Kreis, nachdem ein unerwarteter Sturm der Entrüstung über die Deutsche Bank hereingebrochen war.

Anlass war ein Stellenabbau von 6400 Arbeitsplätzen, der simultan mit einem stark gestiegenen Gewinn und ehrgeizigen Renditezielen verkündet wurde - einen Tag, nachdem die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland erstmals die Grenze von fünf Millionen überschritten hatte.

Zum Boykott aufgerufen

Vertreter aus Politik, Wirtschaftsverbänden und Wissenschaft gaben inmitten des Karnevals jegliche Zurückhaltung auf und kritisierten den Schritt als "Schweinerei", sahen "tumbe Geldmenschen" am Werk und riefen sogar zum Boykott der Bank auf.

Frank Roselieb vom Kieler Institut für Krisenforschung gibt der Vorgehensweise der Bank eine Mitschuld: Die gute Nachricht eines Gewinnsprungs und die schlechte des Personalabbaus hätte nicht zeitgleich von ein und derselben Person, nämlich Ackermann, verkündet werden dürfen.

"Den Bankern in ihren Zentralen fehlt die Anbindung an die realen Probleme der Menschen. Die Filialen sind weit weg", erklärt Roselieb. Aufsichtsrat Breuer zeigte sich bereits reuevoll. Banken umgebe immer der Schleier des Geheimnisvollen: "Wir müssen mehr erklären."

Millionen als "Peanuts"

Kontroversen um Äusserungen und Auftritte von Managern der grössten Bank Deutschlands haben inzwischen Tradition. Der frühere Vorstandssprecher Hilmar Kopper hatte offene Handwerkerrechnungen in Millionenhöhe beim Skandal um den gescheiterten Baulöwen Jürgen Schneider 1994 als "Peanuts" - also "Kleinigkeiten" - bezeichnet.

Die Tochter "Deutsche Bank 24" mutierte 2000 durch ungeschickte Kommentare zum Symbol für eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, weil die vermögenden Privatkunden vom Mutterhaus betreut wurden.

Ackermanns "Victory"-Zeichen

Im vergangenen Jahr schliesslich liess sich Ackermann als Angeklagter im Düsseldorfer Mannesmann-Prozess grinsend mit Siegeszeichen von den Kameras ablichten - und erklärte später, die Geste sei eine Nachahmung des Popstars Michael Jackson gewesen.

Die Rolle des Aushängeschilds kann das Kreditinstitut nur schwer ablegen. "Die Deutsche Bank entstand 1870 im Zusammenhang mit der Reichsgründung zur Unterstützung des deutschen Aussenhandels. Sie galt immer als die grösste und 'die deutsche Bank' - das war nicht nur eine Formel", erklärt der Frankfurter Historiker Lothar Gall.

Kaum grosse Folgen erwartet

Mit der Auflösung der Deutschland AG, eines Netzwerks von Banken und Industriekonzernen, und der internationalen Expansion im Investmentbanking änderte sich das Profil der Deutschen Bank zwar, doch in der öffentlichen Wahrnehmung bleibt die historische Rolle lebendig.

So gross die Aufregung ist, die Folgen einer Imagekrise dürften nach Einschätzung von Krisenforscher Roselieb überschaubar sein. Boykottaufrufe könnten bei Lebensmitteln Erfolg haben. "Aber niemand wird wegen eines Fehltritts von Herrn Ackermann sein Konto bei der Deutschen Bank auflösen".

(von Alexander Missal/dpa)

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