’Im Internet ist nicht alles gratis’

publiziert: Samstag, 9. Apr 2005 / 14:13 Uhr

Bern – Urheberrechtsfachmann Franz Zölch spricht Klartext und sagt, was im Internet erlaubt ist und was nicht. Er erklärt warum das Gesetz oft zu langsam ist und warum die Gratiszeitung 20min einen anhaltenden Trend eingeläutet hat.

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Empfang der Anwaltkanzlei Zölch und Partner. Das Telefon klingelt. Die Sekretärin nimmt ab: "Ja, ich leite sie sofort weiter." Schon schnellt Franz Zölch zurück in sein Büro und kümmert sich um den "dringenden" Fall.

Da er neben seiner Tätigkeit als Anwalt, auch noch Brigadier und Eishockey-Nationalliga-Präsident ist, wird oft nach ihm verlangt. Das Schauspiel sollte sich noch zweimal wiederholen, bevor er sich dann in seinen Sessel fallen lässt, um über 'Copyrights im Internet' zu reden.

"Ich habe viele Verlagsorganisationen, Medienhäuser und Bildagenturen als Kunden, die wissen wollen, wie sie sich schützen können, wenn sie ihre Bilder frei zugänglich ins Netz stellen und es unkontrollierbar wird, wie sie genutzt werden."

Wie komme ich zu meinem Geld?

"Die Fälle haben sich nicht gehäuft", erzählt Franz Zölch, "aber es gibt immer mehr Rechtsfragen." Viele wollten wissen, wie sie sich rechtlich schützen können, und wie man bei einem Missbrauch dennoch zu seinem Recht bzw. Geld kommt.

Das Internet ist eine Herausforderung; für das Gesetz, die Technologie und den Nutzer. Franz Zölch: "Es ist halt einfacher, den Weg von einem Buch oder Bild zu verfolgen, wenn das greifbar ist, als wenn es imaginär im Netz ist. Der Bürger hat das Gefühl, dass alles, was sich im Internet befindet, frei zugänglich sei und somit vollumfänglich genutzt werden könne." Dem sei natürlich nicht so, befindet er.

Das ganze Phänomen anschauen

Technische Schranken sind nur ein Lösungsweg, um den illegalen Downloads Einhalt zu gebieten. Der andere Weg ist eine gesetzliche Grundlage im Urheberrecht, die solche Fragen klärt. "Man kann gesetzliche Lizenzen einführen, die eine Nutzung gegen Entschädigung erlauben", so die Vorstellung von Franz Zölch. Ihm ist aber wichtig, "dass wir das ganze Phänomen anschauen und nicht einfach das erste Problem anpacken und lösen wollen."

Auf die Frage, ob das Recht denn nicht zu langsam sei für die rasche Entwicklung des Internets, zieht er die Schultern hoch und holt tief Luft: "Das Recht hinkt immer hinter der Entwicklung nach. Aber je weniger das Recht auf die aktuelle Technologie eingeht, je länger wird es zeitlich brauchbar bleiben. Wenn sich nämlich die Technologie nur um einen kleinen Teil verändert, erfüllt das Gesetz seinen Zweck nicht mehr."

Kompliziertes Verfahren

Dabei scheint die Trägheit der Gesetzgebung ein Schweizer Problem zu sein. In der Schweiz ist der Gesetzgebungsprozess ein kompliziertes Verfahren, breit abgestützt mit den Interessen der Direktbetroffenen, der Kantone, dem Parlament, und der Möglichkeit ein Referendum einzureichen, woraus eine Volksabstimmung resultieren kann.

Zölch bringt jetzt Beispiel um Beispiel und lässt nicht locker, bis juristisch alles korrekt erwähnt worden ist. "Dass unser Volk zu Sachgeschäften Stellung beziehen kann, ist zwar positiv, verlangsamt aber den ganzen Prozess wesentlich."

Darum müsse man schon sehen, so Zölch, dass wir mit dem Rechtssetzungsprozess und dem technologischen Fortschritt in eine Scherenproblematik kommen würden, wo beide Bereiche auseinander driften. "Diese Situation ist zwar weder besser noch schlechter als früher, aber sie spitzt sich zu."

Es wäre auch nicht falsch, unser Rechtssystem grundsätzlich zu hinterfragen, "aber niemand hat den Mut dazu". Man bastle und flicke lieber am Bestehenden herum, sagt Franz Zölch und schüttelt den Kopf.

Gratiszeitung mit Kurzfutter

Dann kommen wir auf die Medien zu sprechen. Angst, dass ein Medium vom Markt verdrängt werde, habe er keine, aber "die Funktion der einzelnen Medien ändern sich jedoch zurzeit stark."

Als Beispiel dafür nimmt Franz Zölch die Gratiszeitung 20min. Er staunt: "Es hat doch niemand geglaubt, dass man mit einer Neugründung einer Zeitung in so kurzer Zeit, die Zeitung Nr.1 in der Schweiz werden kann. Egal, ob das jetzt eine Gratiszeitung ist, oder nur Kurzfutter anbietet."

Auch die Anzahl Leser pro Ausgabe sprechen eine klare Sprache: Die Gratiszeitung 20min hat laut einer Statistik aus dem vergangenen Jahr täglich 782'000 Leser. Im Vergleich dazu: Tages Anzeiger 573'000, Blick 736'000, NZZ 314'000 Leser.

Oase der Ruhe

Die Beiträge sind kleiner und bildhafter geworden. Franz Zölch vermutet dahinter einen anhaltenden Trend: "Man wird wegkommen von den langen Texten für die Masse der Leser." Da die Reizüberflutung weiter zugenommen habe, bleibe uns immer weniger Zeit, das eine oder das andere zu lesen.

Da diese Informationsflut mit einer starken Hektik und Mobilität verbunden sei, werde die Entwicklung noch in eine andere Richtung gehen. "Der Mensch wird vermehrt das Bedürfnis haben, gewisse Phasen oder Oasen der Ruhe und Zurückgezogenheit zu haben.

Dann drängt sich vielleicht eher wieder ein Buch auf." Das Telefon klingelt und so endet auch diese halbe Stunde Gesprächsoase. Zölch schmunzelt, bedankt sich und versinkt wieder in seiner Arbeit.

(mo/news.ch)

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