Libanon: Wucherpreise für Strom

In Beirut zeigen die Elektrizitäts-Haie ihre Zähne

publiziert: Dienstag, 15. Feb 2000 / 17:08 Uhr / aktualisiert: Dienstag, 15. Feb 2000 / 20:11 Uhr

BEIRUT - Die gefürchteten "Elektrizitäts-Haie" sind zurück. Sie zeigen ihre Zähne in jedem Dorf und Qartier im Libanon. Seit die israelische Luftwaffe gezielt Kraftwerke zerstörte, wurde Strom im ganzen Land zur Mangelware - sehr zur Freude der Wucherer.

Das einstige
Das einstige "Paris des Orients" steht wieder unter Beschuss. Die Libanesen nehmen es gelassen: Sie haben in den letzten zwanzig Jahren Schreckliches erlebt.
2 Meldungen im Zusammenhang
Weiterführende Links zur Meldung:

Libanesisches Portal "Yalla!" (Englisch)
Von hier stammt dieses aus dem Englischen übersetzte Bericht.
www.yalla.com.lb/

Als letzte Woche die schweren Stromausfälle den Libanon in Dunkelheit versetzten fühlten sich viele Libanesen an die Zeit des Bürgerkrieges, 1975 - bis 1990 zurück versetzt: Damals tauchten quasi aus dem Nichts "Elektrizitätshaie" mit Strom-Generatoren auf, die die Häuser und Geschäfte vor Ort mit Elektrizität versorgten. "Es dauerte nicht lange, und diese Generatoren waren Gold wert" erinnert sich Geschäftsinhaber Sami Serhan, und fügt mit einem Lächeln bei "Libanesen verpassen eben nie eine Chance um ihren Unternehmergeist zu zeigen."

Strom zu verkaufen
Schwere Israelische Luftangriffe in der Nacht auf den siebten Februar zerstörten drei Kraftwerke im Libanon. Der Schaden wird auf 35 bis 40 Millionen Dollars geschätzt. Die daraufhin von der Regierung befohlenen Stromrationierungen im ganzen Land werden noch mindestens bis Ende Mai aufrecht erhalten werden müssen, selbst wenn die Reperaturarbeiten genau nach Plan verlaufen, meint der libanesische Elektrizitätsminister Suleiman Trabousi. Wie auch immer, der Morgen nach dem "Blitz", wie die Libanesen die Raids nach den deutschen Bombenangriffen auf London 1940/41 nennen, haben Eigentümer von grossen Generatoren, welche seit dem Bürgerkrieg eingemottet waren, diese wieder hervorgeholt und ans Stromnetz angeschlossen. Jetzt laufen sie auf vollen Touren. Die Generatoren sind gewöhnlich auf unbebauten Grundstücken deponiert und manche von ihnen sind in der Lage 300 Kilowattstunden zu erzeugen. Das letzte Mal waren sie im letzten Juni im Einsatz, als auch ein Israelischer Luftangriff Kraftwerke und Brücken zerstörte und einen Schaden von 50 Millionen anrichtete. "Wir haben unsere Generatoren nie verkauft, auch wenn sie die meiste Zeit nutzlos herumstanden, denn wir wussten, dass die Israelis wieder kommen würden und unser Kraftwerke wieder zertören werden." sagt Abu Ali, der sechs riesige Generatoren in den südlichen Vorstädten von Beirut betreibt.

Ein Riesengeschäft
"Wir hatten 200 Verträge vor den Luftangriffen letzte Woche, jetzt sind es über 1200 Haushalte, die wir mit Strom versorgen," fährt Abu Ali fort. "Und das Geschäft läuft immer besser. Täglich kommen neue Kunden hinzu." lächelt Abu Ali, dessen eigentlicher Beruf der eines Bebrauchtwarenhändlers ist. "In der Hauptstadt war der Strom innerhalb einer Stunde wieder da, aber in anderen Regionen wird er noch immer tageweise rationiert. Deshalb werden unsere Generatoren noch immer gebraucht." frohlockt Abu Hussein, ein anderer "Elektrizitätshai" in Beirut. Seit dem Ende des Bürgerkrieges vor bald zehn Jahren hat die Regierung ein gewaltiges Wiederaufbauprogramm in die Hand genommen, vor allem auch in der Energieversorgung. Dieses hatte langsam aber sicher des einst florierenden privaten Strom-Geschäfts die Luft abgedreht. "Die Behörden drücken ein Auge zu, wenn wir wieder zurück ins alte Geschäft gehen" fährt Abu Hussein fort, "denn sie wissen, wie sehr sie uns im Moment brauchen." Die Anschlussgebühren an einen privaten Generator stiegen von 20 auf 50 Dollar. Damit kann man die Lampen, einen Fernseher und einen Kühlschrank betreiben. - Wenigstens für jene Libanesen, die ihren Vertrag von früher beibehielten. Die jedoch, die jetzt Neuanschlüsse wollen, sind gezwungen, mehr als 80 Dollars zu bezahlen. Darüber hinaus werden Installationskosten verlangt, die infolge der grossen Nachfrage jedes gesunde Menschenmass übersteigen.

Gepagte Geschäftsleute
"Die wirtschaftliche Situation im Libanon ist schon schlecht, diese Zusatzkosten brauchen wir wirklich nicht. Ein Stromanschluss wird langsam unbezahlbar." klagt Hadi Khouni, Eigentümer eines Geschäftes in der Libanesischen Hauptstadt. "Ich bezahle schon jetzt saftige Stromrechnungen von den "Elektrizitäts-Haien" für mein Privathaus, jetzt kommen noch die Kosten für einen kleinen Generator in meinem Laden hinzu. Meine geschäftliche Existenz ist bedroht." Das bei den Einwohnern von Beiruth so beliebte Bummeln durch die geschäftigen Stassen wie die Hamra, die Mar Elias oder die Gemmayzeh ist ungemütlich geworden: Überall stehen kleine und grosse Generatoren, die vor sich hin brummen und stinkende Abgase verbreiten. "Shopping in Beirut war schon ein Fluch wegen der hohen Preise, jetzt ist es auch noch gesundheitsgefährtend: Ich habe soeben mit meinem Schaufensterbummel aufgehört, denn man kriegt fast keine Luft." schimpft der in ein stilles Kaffeehaus geflüchtete Amal al-Assad.

(news.ch)

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