Brüssel - Terror im Herzen Europas: In Brüssel sind bei Explosionen am Flughafen und in der U-Bahn Dutzende Menschen getötet worden. Nun suchen die Ermittler nach Verdächtigen und Helfern.
«Manche Journalisten verbreiten Informationen über die laufende Ermittlung», kritisierte die belgische Staatsanwaltschaft am Dienstag in einer Erklärung. Sie rufe daher «die Presse eindringlich auf, darauf zu verzichten, Informationen bezüglich der laufenden Justizermittlungen zu verbreiten, um den Ermittlungen nicht zu schaden».
Weiter warnte die Regierung davor, dass durch Attentäter in Brüssel immer noch Gefahr bestehen könnte. «Wir fürchten, dass Personen noch auf freiem Fuss sind», sagte Aussenminister Didier Reynders dem Fernsehsender RTBF.
Das Krisenzentrum hatte die Bürger schon am Vormittag wegen der weiter bestehenden Anschlagsgefahr aufgerufen, in ihren Häusern oder an ihren Arbeitsstellen zu bleiben. «Bleiben Sie, wo Sie sind», erklärten die Behörden über den Kurznachrichtendienst Twitter.
Opferzahlen weiter gestiegen
Bei den Bombenanschlägen wurden nach offiziellen Angaben mindestens 34 Menschen getötet. 14 starben am Flughafen und 20 an der Metrostation Maelbeek mitten im EU-Viertel.
Es soll zudem mindestens 187 Verletzte gegeben haben. Allein in der U-Bahn seien 106 Menschen verletzt worden, sagte Brüssels Bürgermeister Yvan Mayeur.
Bis auf weiteres wurden in Brüssel alle öffentlichen Verkehrsmittel gestoppt sowie alle Bahnhöfe geschlossen. Auch viele Geschäfte machten zu.
Mehrere Universitäten mit tausenden Studenten und Mitarbeitern wurden geräumt. In Schulen und Kindergärten blieben die Kinder aus Sicherheitsgründen zunächst vor Ort.
Der Airport Brüssel-Zaventem wurde geschlossen und Flüge umgeleitet. Auch der Schutz der belgischen Atomkraftwerke wurde verstärkt. Polizei sei vor Ort, ebenso Militär, hiess es vom Betreiber Engie. Die Terrorwarnung in Belgien wurde auf die höchste Stufe angehoben.
Hintergründe noch unbekannt
Der belgische Premierminister Charles Michel sprach von «blinden, gewalttätigen und feigen Anschlägen». Ob es sich bei den Terroristen um Unterstützer des erst am Freitag festgenommenen Hauptverdächtigen der Pariser Anschläge vom November 2015, Salah Abdeslam, handelte, war zunächst unklar.
Michel sagte, die Sicherheitskräfte wappneten sich gegen weitere Bluttaten. Auch in vielen anderen europäischen Städten ging die Terrorangst um: Schwer bewaffnete Sicherheitskräfte patrouillierten an Flughäfen und an anderen Verkehrsknotenpunkten.
Am Brüsseler Flughafen habe sich wahrscheinlich ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt, sagte Staatsanwalt Frédéric Van Leeuw.
Nach Angaben von Augenzeugen ereigneten sich am Morgen gegen 8.00 Uhr zunächst am Flughafen kurz nacheinander zwei Explosionen. Zeugen wollen zuvor Schüsse gehört haben. Der Nachrichtenagentur Belga zufolge wurden am Flughafen Waffen gefunden.
Belga verwies auf eine gut informierte Quelle, eine offizielle Bestätigung gebe es aber nicht. Eine Person habe etwas auf Arabisch gerufen, hatten mehrere Menschen der belgischen Nachrichtenagentur berichtet.
Laut einem Bericht des Senders VRT fand die Polizei neben dem toten, mutmasslichen Attentäter ein Kalaschnikow-Sturmgewehr. Solche Gewehre waren bei islamischen Anschlägen in Belgien und Frankreich benutzt worden. Zudem sei ein nicht explodierter Sprengstoffgürtel gefunden worden.
Detonation mitten im EU-Viertel
Gegen 9.00 Uhr kam es an der Metrostation Maelbeek mitten im EU-Viertel von Brüssel zu einer Detonation - von hier aus sind es nur wenige Minuten zu Fuss zu wichtigen EU-Gebäuden, etwa zum Sitz der Europäischen Kommission. Die Explosion wurde in einer gerade eingefahrenen U-Bahn ausgelöst. Bilder vom Tatort zeigten einen völlig zerstörten Metro-Wagen.
Später kam es laut Belga zu einer weiteren Explosion in der Nähe der U-Bahnstation Maelbeek. Dabei handelte es sich aber wohl um eine kontrollierte Sprengung durch Experten, wie der Rundfunk RTBF unter Berufung auf Polizeikreise berichtete.
Politiker in aller Welt verurteilten die Attentate. Spaniens Aussenminister José Manuel García-Margallo machte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) für die Explosionen verantwortlich. Die belgische Regierung äusserte sich bisher nicht dazu.
Der mutmassliche Topterrorist Abdeslam war letzten Freitag bei einem Polizei-Grosseinsatz in der als Islamistenhochburg bekannten Brüsseler Gemeinde Molenbeek festgenommen worden. Bei den Anschlägen am 13. November 2015 in Paris gab es 130 Todesopfer.
Seit Abdeslams Festnahme suchte Belgien noch mutmassliche Komplizen. In belgischen Medien wird nun über die möglichen Täter und Drahtzieher der Anschläge vom Dienstag spekuliert. Immer wieder taucht vor allem der Name Najim Laachraoui auf. Er war erst vor kurzem identifiziert und zur Fahndung ausgeschrieben worden.
(fest/sda)
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