In der Hand von Wracks

publiziert: Montag, 20. Aug 2007 / 12:24 Uhr / aktualisiert: Montag, 20. Aug 2007 / 12:49 Uhr

1 Meldung im Zusammenhang
Alkohol, Methamphetamine, Koks, Marihuana, Ectasy – und das noch vor dem Mittagessen. Nein, es ist hier nicht von der Grundversorgung eines abgestürzten Drogensüchtigen die Rede, sondern von den Mittelchen, die Wall-Street-Banker (und sicher nicht nur die) benutzen, um ihren Berufsalltag zu bewältigen.

Seit dem Beginn der momentanen Turbulenzen war zwar viel von der «Volatilität der Märkte» und von der «Nervosität und den Ängsten der Börse» die Rede, die sich in der Achterbahnfahrt der Kurse spiegelte. Aber irgendwie ging in der ganzen Bredouille vergessen, dass da Menschen in den Märkten tätig sind, die nervös und ängstlich am einen Tag und bereits wieder euphorisch und triumphierend am nächsten sind und deren Gemütszustand bestenfalls mit «volatil» bezeichnet werden kann.

Die von Tom Wolfe in seinem 80er Jahre-Roman «The Bonfire of Vanities» als «Masters of the Universe» bezeichneten Broker sind eigentlich bedauernswert, arbeiten sie doch in einer Umwelt, die nur als verrückt, krank machend, mörderisch und geist-tötend bezeichnet werden kann.

Zwar behaupten viele Broker, dass sie die konstante Action bräuchten, dass dies guter Stress sei, den sie da erlebten. Doch damit stehen sie im krassen Widerspruch zu dem, was man über die Funktionen des Hirns und des Körpers unter Stress weiss. Die ständige Ausschüttung von Stresshormonen wie Adrenalin und Cortisol ohne die evolutionär dazu gehörenden Reflexe – Fliehen und Kämpfen – führen zu einem Zustand des Dauerstresses, der sowohl körperlich als auch psychisch grosse Schäden anrichtet.

Eine Studie unter Wall-Street-Brokern ergab denn auch erschreckendes: Alkohol- und Drogenmissbrauch sind Gang und gäbe, sehr viele Leiden an chronischen Depressionen und je erfolgreicher sie in ihrem Job sind, desto kränker sind diese Leute in der Regel denn auch.

Die konkreten Folgen sind verschobene Wahrnehmung der Realität, Stimmungsschwankungen wie bei manischer Depression, Isolation, Jähzorn und auch alle körperlichen Stresssymptome. Dieses «Krankheitsbild» ergibt sich bereits im normalen Markt. Wenn es so wild zu und her geht wie in den letzten Wochen und die Börse sogar Leute stresst, die gar nicht direkt mit ihr zu tun haben, ist es nicht einfach, sich vorzustellen, was dann in den ohnehin schon angeschlagenen Brokern vorgeht.

Betroffenheit für Broker scheint Angesichts ihrer teilweise gigantischen Bezüge nicht gerechtfertigt und ist es auch nicht. Aber etwas anderes sollte einem wesentlich mehr zu denken geben: Die Finanzmärkte der Welt liegen offenbar in den Händen von menschlichen Wracks, die eigentlich in psychiatrische Behandlung gehören, die gesundheitlich auf einem Grad zwischen Selbstmordgelüsten und Grössenwahn balancieren und auch immer wieder mal abstürzen.

Dieses Abgleiten scheint unvermeidlich zu sein, was am Ende zu unehrlichem, manipulativem Handeln führen kann, um zumindest die Illusion, noch was zu können, aufrecht zu erhalten.

Ist es da ein Trost, dass immer mehr dieser Broker durch Computer ersetzt werden? Sicher, Computer haben keinen Stress und machen nur die Fehler, die ihnen einprogrammiert wurden. Aber wenn dann zumal die erste grosse Attacke des organisierten Verbrechens oder von ausländischen Geheimdiensten auf Handelscomputer geritten worden ist, wird sich die Frage stellen, ob wir die Geldströme unserer Weltwirtschaft lieber in den Händen von psychisch kranken Brokern, oder infizierten Computern wissen wollen.

(von Patrik Etschmayer/news.ch)

Lesen Sie hier mehr zum Thema
Berlin - Die Zahl der psychischen ... mehr lesen
Die Zahlen aus Deutschland sind wohl auch mit der Schweiz durchaus vergleichbar. (Archivbild)
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
«Hier hätte ich noch eine Resistenz - gern geschehen!» Schematische Darstellung, wie ein Bakerium einen Plasmidring weiter gibt.
«Hier hätte ich noch eine ...
In den USA ist bei einer Frau mit Harnwegsinfektion zum ersten mal ein Bakterium aufgetaucht, das gegen das letzte Reserve-Antibiotikum resistent ist. Wer Angst vor ISIS hat, sollte sich überlegen, ob er seinen Paranoia-Focus nicht neu einstellen will. Denn das hier ist jenseits aller im Alltag sonst verklickerten Gefahren anzusiedeln. mehr lesen 4
Durch ungeschickte Avancen von SBB- und Post-Chefs, droht die Service-Public-Initiative tatsächlich angenommen zu werden. Von bürgerlicher Seite her solle ... mehr lesen  
Künftig mindestens 500'000.-- und die ganze Schweiz inklusive: SwissPass, der schon bald mal GACH heissen könnte.
Eine renommierte US-Kanzlei stellt einen neuen Anwalt Namens Ross ein. Die Aufgabe: Teil des Insolvenz-Teams zu sein und sich durch Millionen Seiten Unternehmensrecht kämpfen. Und nein, ROSS ist kein armes Schwein, sondern ein Computerprogramm. mehr lesen  
In letzter Zeit wurden aus Terrorangst zwei Flüge in den USA aufgehalten. Dies, weil Passagiere sich vor Mitreisenden wegen deren 'verdächtigen' Verhaltens bedroht fühlten. Die Bedrohungen: Differentialgleichungen und ein Telefongespräch auf Arabisch. Sollten Sie also in nächster Zeit in den USA unterwegs sein, hier ein paar Tipps fürs problemlose Reisen. mehr lesen  
Typisch Schweiz Der Bernina Express Natürlich gibt es schnellere Bahnverbindungen in den Süden, aber wohl ...
Highlight der Kollektion: Eine Gibson Les Paul von 1959, die 300.000 bis 500.000 Pfund einbringen soll.
Shopping Mark Knopfler verkauft seine Gitarrensammlung Die Gitarrensammlung vom Dire Straits-Gitarristen Mark Knopfler wird am 31.01.2024 bei Christie's versteigert.
Erstaunliche Pfingstrose.
Jürg Zentner gegen den Rest der Welt.
Jürg Zentner
Frauenrechtlerin Ada Wright in London, 1910: Alles könnte anders sein, aber nichts ändert sich.
Regula Stämpfli seziert jeden Mittwoch das politische und gesell- schaftliche Geschehen.
Regula Stämpfli
«Hier hätte ich noch eine Resistenz - gern geschehen!» Schematische Darstellung, wie ein Bakerium einen Plasmidring weiter gibt.
Patrik Etschmayers exklusive Kolumne mit bissiger Note.
Patrik Etschmayers
Obama in Hanoi mit der Präsidentin der Nationalversammlung, Nguyen Thi Kim Ngan auf einer Besichtigungstour: Willkommenes Gegengewicht zu China.
Peter Achten zu aktuellen Geschehnissen in China und Ostasien.
Peter Achten
Recep Tayyp Erdogan: Liefert Anstoss, Strafgesetzbücher zu entschlacken.
Skeptischer Blick auf organisierte und nicht organisierte Mythen.
Freidenker
 
Stellenmarkt.ch
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Fr Sa
Zürich 2°C 7°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt, Regen
Basel 3°C 9°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wechselnd bewölkt, Regen
St. Gallen 0°C 3°C starker Schneeregenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig trüb und nass starker Schneeregen
Bern 1°C 6°C starker Schneeregenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt, Regen
Luzern 1°C 7°C starker Schneeregenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt, Regen
Genf 4°C 11°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wolkig, aber kaum Regen
Lugano 7°C 14°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich recht sonnig
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten