Irak – «Vietnam – Part 2»?

publiziert: Donnerstag, 23. Aug 2007 / 11:56 Uhr / aktualisiert: Donnerstag, 23. Aug 2007 / 12:35 Uhr

Seit einigen Wochen schon seilen sich immer mehr Leute aus der Umgebung der lahmen Ente George W. Bush ab. Als letztes ging Carl Rove, sein Hof-Machiavelli. Auch wenn das Schiff noch nicht abgesoffen ist, so hat die S.S. Bush schon ziemliche Schlagseite.

Auch zu Bush selbst ist diese Realisation durchgedrungen und er sieht jetzt seine grösste Aufgabe darin, sein Vermächtnis schon vor seinem Abgang zu pflegen, auf dass es nicht wie eine totale Katastrophe aussehen werde. Doch das wird schwierig sein, auch wenn er nun schon den Vietnam-Krieg bemüht, um seine Position des Durchhaltens im Irak zu begründen.

Irgendwie hat er ja recht: die Parallelen sind nicht von der Hand zu weisen. Beide Kriege fanden/finden weit weg von den USA statt, beide begannen auf Grund falscher Geheimdienst-Informationen, die manipuliert wurden, um einen Angriff zu rechtfertigen. Beide Kriege werden gegen einen scheinbar nicht zu fassenden Feind geführt und beide könnten in einer US-Niederlage enden, weil es die Bevölkerung in den USA satt hat, ständig neue Särge junger Soldaten in Empfang zu nehmen, die irgendwo in der Ferne gefallen sind.

Auch der Einfluss von Nachbarstaaten auf die Kämpfe im Irak ist nicht zu bestreiten und die Möglichkeit, dass nach einem Abzug der US-Truppen die Situation noch viel schlimmer würde. Kommt dazu, dass durch die anfangs völlig dilettantische Friedenssicherung nach dem Einmarsch in Bagdad durch die US-Truppen und die im Anschluss im Multipack begangenen Pfuschereien Kräfte freigesetzt wurden, die noch heute toben und das damals kreierte Machtvakuum Terroristen anlockte, welche die Grundlage für den schmutzigen Krieg gegen die Zivilbevölkerung legten.

«If I go there will be trouble. An' if I stay it will be double», lauten die Zeilen eines Clash-Songs und ironischerweise gelten diese nun auch für den konservativen Präsidenten der USA. Denn es ist unterdessen klar, dass ein US-Abzug zu dieser Zeit ohne eine andere Ordnungsmacht den Irak in einem verheerenden, von allen Nachbarländern angeheizten Bürgerkrieg mit der Beteiligung internationaler Terroristen zurücklassen würde. Von Kurdistan bis hinunter zum Golf würden wieder ethnische und religiöse Konflikte explodieren und der Kampf um das Öl noch extremere Formen annehmen. Das zarte Pflänzchen «Zivilgesellschaft», das unter der US-Besatzung momentan gedeiht, würde in einer ethnisch-religiösen Feuerwalze sofort wieder verkohlen.

Dies ist wohl der wichtigste Unterschied zum Vietnam. Auch wenn die nordvietnamesische Herrschaft und das Schreckensregime der roten Khmer in Kambodscha nach dem US-Abzug tausende unschuldiger Opfer forderten, so waren diese Länder in der Lage, innert 30 Jahren wieder zu einem zivilisierten Niveau zurück zu kehren, denn es waren vor allem politischer Konflikt und ideologischer Wahn, die hier so grausam ausgelebt worden waren.

Die ethnischen und religiösen Klüfte im Irak hingegen liegen tiefer – viel tiefer. Sie gründen in vergangenen Jahrhunderten und haben schon damals Ströme von Blut gefordert. Einzig die brutale Gewaltherrschaft eines Diktators oder die konsequente Kontrolle durch eine Friedenstruppe über Jahrzehnte, können diese Konflikte unterdrücken, wobei eine Bestie wie Saddam Hussein natürlich nur als Deckel auf einem Dampfkochtopf agierte, dessen Inhalt nur darauf wartete, zu explodieren.

Doch auch eine Friedenstruppe mit dem Ziel, eine Demokratie zu etablieren, wird es sehr schwer haben. Weder der Iran noch die Türkei oder Syrien werden die Finger vom Irak lassen wollen und würden eine junge Demokratie in ihrem Nachbarland nur dann unterstützen, wenn sie auch entsprechend Einfluss nehmen könnten.

Der Irak ist nicht einfach «Vietnam – Part 2». Nein, Bush hat es geschafft, mit konsequentem Pfusch, willentlicher Ignoranz und einem von Ideologie statt Fakten gesteuerten Vorgehen eine fast ausweglose Situation zu schaffen. Wenn er jetzt sagt, dass ein plötzlicher Abzug der US-Truppen eine Katastrophe nach sich ziehen würde, stimmt das auch. Was er dabei unterschlägt, ist seine Schuld, den Irak in eine solche Situation hinein manövriert zu haben. Bush hofft, dass die Geschichte dereinst ein faires Urteil über ihn fällen werde. Furcht davor, wäre eher angebracht.

(von Patrik Etschmayer/sda)

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