Israel

Israel nimmt Abschied von Scharon

publiziert: Sonntag, 12. Jan 2014 / 09:26 Uhr / aktualisiert: Sonntag, 12. Jan 2014 / 19:37 Uhr
Ariel Scharon
Ariel Scharon

Tel Aviv - Israel trauert um Ariel Scharon. Tausende Menschen defilierten am Sonntag am Sarg des ehemaligen Regierungschefs vorbei, der am Samstag nach acht Jahren im Koma gestorben war. Am Montag soll es einen Staatsakt für den umstrittenen Nationalhelden geben. Anschliessend wird er mit militärischen Ehren in der Negevwüste beigesetzt.

6 Meldungen im Zusammenhang
Scharon, der nach einem im Januar 2006 erlittenen schweren Schlaganfall acht Jahre lang im Koma gelegen hatte, starb am Samstag im Alter von 85 Jahren im Spital. Er wird von vielen Israelis als Kriegsheld verehrt.

Sie sehen in ihm eine Schlüsselfigur der 65-jährigen Staatsgeschichte. Nach Scharons Tod ist Präsident Schimon Peres der letzte lebende Gründungsvater der Nation.

Viele Israelis reagierten voller Trauer auf die Todesnachricht am Sabbat. Tausende strömten zur Knesset, wo Scharon am Sonntag aufgebahrt war. Zu Beginn des Defilees legte Peres am flaggengeschmückten Sarg einen Kranz nieder.

Zuvor hatte er Scharon als "einen der wichtigsten Architekten" des Landes gewürdigt. Das israelische Fernsehen berichtete live vom Parlament und von den Vorbereitungen für die Beerdigung auf einem Hügel nahe der Familien-Farm in der nördlichen Negevwüste.

Staatsbegräbnis mit militärischen Ehren

Der frühere Armeegeneral soll am Montagnachmittag in seiner Heimat mit militärischen Ehren beigesetzt werden. Zuvor wird des Verstorbenen mit einem Staatsakt in der Knesset gedacht, zu dem unter anderem US-Vizepräsident Joe Biden, der internationale Nahost-Gesandte Tony Blair und der russische Aussenminister Sergej Lawrow kommen wollten.

Die Schweiz wird durch alt Bundesrat Samuel Schmid und den Schweizer Botschafter in Israel, Andreas Baum, vertreten, wie das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) mitteilte.

Scharon hatte am 4. Januar 2006 einen Schlaganfall erlitten, seitdem lag er im Koma. Mit 17 schon wurde er Soldat und erlebte alle Kriege seines Landes aktiv mit. Nachdem er als Politiker die Siedlungspolitik in den palästinensischen Gebieten jahrelang vorangetrieben hatte, setzte er allerdings 2005 gegen massiven Widerstand in den eigenen Reihen den vollständigen Rückzug von Armee und Siedlern aus dem Gazastreifen durch.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu würdigte den Verstorbenen nach einer Schweigeminute im Kabinett: "Er wird für immer im Herzen des jüdischen Volkes als einer unserer herausragendsten Führer und kühnsten Kommandanten in Erinnerung bleiben."

Weltweiter Respekt

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon lobte mit Blick auf den Gaza-Abzug den "politischen Mut" Scharons. Die israelische Regierung solle sich dessen Pragmatismus bei den derzeitigen Nahostverhandlungen zum Beispiel nehmen. US-Präsident Barack Obama erklärte, Scharon habe "sein Leben ganz dem Staat Israel gewidmet".

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, der britische Premierminister David Cameron und Frankreichs Präsident François Hollande hoben Scharons Verdienste auf dem Weg zu einer Aussöhnung mit den Palästinensern hervor.

Die Schweiz würdigte Scharon als eine Persönlichkeit, die ihre Spuren in der Geschichte ihres Landes hinterlassen habe. Das Mitgefühl gelte seiner Familie, der Regierung und der israelischen Bevölkerung, teilte das EDA mit.

Blut an den Händen

Bei vielen Palästinensern ist Scharon trotz seiner späten politischen Kehrtwende verhasst. Eine offizielle Untersuchung gab ihm die "indirekte Verantwortung" für ein Massaker an mehreren hundert Palästinensern in den Flüchtlingslagern Sabra und Schatila im Libanon im September 1982.

Scharon sei ein "Verbrecher" gewesen, sagte ein Vertreter der Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas der Nachrichtenagentur AFP. Die Palästinenser hätten gehofft, dass sich Scharon "vor dem Internationalen Strafgerichtshof als Kriegsverbrecher hätte verantworten müssen", sagte Dschibril Radschub.

Ähnlich äusserte sich die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Es sei bedauerlich, dass sich Scharon für das Verbrechen niemals habe verantworten müssen, hiess es in einer Erklärung. Ein führendes Mitglied der Fatah würdigte jedoch auch das spätere Bestreben Scharons, dem palästinensischen Volk sein Land zu lassen.

Die im Gazastreifen regierende radikalislamische Hamas erklärte Scharons Tod zum "historischen Augenblick" und verteilte zur Feier des Tages Süssigkeiten an Passanten und Autofahrer. "Der Weggang dieses Tyrannen gibt uns mehr Vertrauen in den Sieg", sagte ein Hamas-Sprecher.

Die Anhänger empfänden extreme Freude über den Tod dieses Kriminellen, dessen Hände mit Blut des palästinensischen Volkes beschmiert seien.

(asu/sda)

Kommentieren Sie jetzt diese news.ch - Meldung.
Lesen Sie hier mehr zum Thema
Jerusalem - Nach acht Jahren im ... mehr lesen
Ariel Scharon hat seine letzte Reise angetreten.
Ariel Scharon wurde als «Freund, Anführer und Kämpfer» gewürdigt.
Jerusalem - Israel trauert um Ariel ... mehr lesen 1
Gleich drei Bundesräte hat der frühere israelische Ministerpräsident Ariel Scharon während seiner fünfjährigen ... mehr lesen
Ariel Scharon. (Archivbild)
Brack Obama.
US-Präsident Barack Obama hat zum Tod von Ex-Regierungschef Ariel Scharon die Freundschaft mit Israel bekräftigt. Obama würdigte Scharon am Samstag als einen Mann, der dem Staat ... mehr lesen
Tel Aviv - Der frühere israelische Ministerpräsident Ariel Scharon ist ... mehr lesen
Scharon war von 2001 an fünf Jahre lang Regierungschef.
Weitere Artikel im Zusammenhang
Der frühere israelische Ministerpräsident Ariel Scharon schwebt nach Angaben eines Spitalleiters weiter in Lebensgefahr. «Der Zustand ist kritisch», sagte Professor Zeew Rothstein am Donnerstag vor Journalisten im Spital Tel Haschomer bei Tel Aviv. mehr lesen 
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 21
Benjamin Netanjahu macht einen weiteren Schritt Richtung Frieden.
Benjamin Netanjahu macht einen weiteren Schritt Richtung ...
Positive Elemente für Friedensinitiative  Jerusalem - Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat sich zu neuen Verhandlungen über einen Friedensplan arabischer Staaten bereit erklärt. Netanjahu sagte am Montagabend in Jerusalem, die Friedensinitiative von 2002 enthalte positive Elemente. mehr lesen 
Israel  Jerusalem - Der rechts-nationalistische Politiker Avigdor Lieberman ist im Parlament als Israels neuer Verteidigungsminister vereidigt worden. 55 von 120 Abgeordneten ... mehr lesen
Avigdor Lieberman.
Recep Tayyp Erdogan: Liefert Anstoss, Strafgesetzbücher zu entschlacken.
Andreas Kyriacou Die Klage des türkischen Möchtegern-Alleinherrschers Recep Erdogan gegen den ... mehr lesen   2
Lieberman wird Verteidigungsminister  Tel Aviv - Die ultrarechte Partei Israel Beitenu (Unser Haus Israel) hat sich der rechts-religiösen Regierung ... mehr lesen  
Avigdor Lieberman ist ehemaliger Aussenminister.
Titel Forum Teaser
  • keinschaf aus Wladiwostok 2826
    belustigend peinlich Das kommt schon fast in die Nähe der Verwechslung von Oekonomie mit ... Mi, 28.12.16 01:21
  • Unwichtiger aus Zürich 11
    Grammatik? Wie kann Stoltenberg denn Heute schon wissen, welche Entscheidungen am ... Sa, 22.10.16 10:59
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Der phallophile Blick eines cerebrophoben Schäfleins! Frau Stämpfli schrieb am Ende ... Mo, 26.09.16 17:32
  • keinschaf aus Wladiwostok 2826
    phallophobe Geschichtsrückblicke "Und die grösste Denkerin des 21. Jahrhunderts? Verdient ihr Geld mit ... Sa, 13.08.16 17:48
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Alle Demonstranten gefilmt. Der Erdogan lässt doch keine Domo gegen sich zu! Die ... Di, 21.06.16 16:42
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Konzernrecht? Konzernpfusch! Was ist denn das? Konzerne werden vorwiegend von Vollidioten geführt. ... Fr, 10.06.16 17:49
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Das wird die Deutschen aber traurig machen. Wenn man keinen Flughafen und keinen Bahnhof ... Mi, 08.06.16 17:49
  • zombie1969 aus Frauenfeld 3945
    Der... Daesh (IS) kommt immer mehr unter Druck. Davon sind inzwischen auch ... Do, 02.06.16 19:22
Jonathan Mann moderiert auf CNN International immer samstags, um 20.00 Uhr, die US- Politsendung Political Mann.
CNN-News Was würde «Präsident Trump» tatsächlich bedeuten? Noch ist absolut nichts sicher, doch es ...
 
Stellenmarkt.ch
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute So Mo
Zürich 14°C 28°C recht sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig recht sonnig sonnig
Basel 15°C 29°C recht sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig recht sonnig sonnig
St. Gallen 13°C 25°C recht sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig recht sonnig recht sonnig
Bern 16°C 26°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig recht sonnig recht sonnig
Luzern 18°C 27°C recht sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig recht sonnig recht sonnig
Genf 17°C 24°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wolkig, aber kaum Regen
Lugano 19°C 26°C vereinzelte Gewitterleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig vereinzelte Gewitter gewitterhaft
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten