Jahr 1 nach Michael Schumacher
Die Formel-1-WM 2007 steht wahrscheinlich abermals im Zeichen des Duells, das die beiden vergangenen Jahre geprägt hatte: Alonso gegen Ferrari. Die Vorzeichen haben sich allerdings verschoben.
Alonso fährt am Sonntag in Melbourne sein erstes Rennen für McLaren-Mercedes. Der 2006 sieglos gebliebene britisch-deutsche Rennstall hat mit dem Spanier ausgezeichnete Aussichten, an seine erfolgreichsten Zeiten anzuknüpfen.
Seit dem Double von Mika Häkkinen (1998/1999) teilten Ferrari und Renault alle Titel unter sich auf. Alonso, der seit November verheiratet ist, wird vom Neuling Lewis Hamilton, dem ersten dunkelhäutigen Formel-1-Fahrer, unterstützt. Der 22-jährige Brite bewies sein immenses Potenzial zuletzt mit dem souveränen Gesamtsieg in der GP2-Serie.
Ferrari mit zwei Titelkandidaten
Im Gegensatz zu McLaren nimmt Ferrari die Saison ohne klare Hierarchie auf. Der als Nachfolger von Schumacher verpflichtete Kimi Räikkönen (ex McLaren) hatte in den vorsaisonalen Testfahrten gegen Felipe Massa mehrheitlich das Nachsehen.
Die beiden Entdeckungen von Peter Sauber verfügen über den Bonus, dass Ferrari im Gegensatz zu den wichtigsten Kontrahenten seit Jahren eng mit dem nunmehrigen Reifen-Monopolisten Bridgestone zusammenarbeitet.
Zu personellen Rochaden kam es in Maranello nicht nur wegen Schumachers Rücktritt. Der langjährige Teamchef Jean Todt wurde zum Ferrari-Generaldirektor befördert und übertrug die Verantwortung für die Formel-1-Mannschaft an Stefano Domenicali.
Schwer wiegen könnte der (temporäre?) Abgang des Chefstrategen und Technischen Direktors Ross Brawn, der sich ein «Sabbatical» gönnt. Trotz allem scheint Ferrari nach zum Teil beeindruckenden Vorstellungen anlässlich der Testfahrten viel weiter als zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr.
Renault und BMW-Sauber mögliche Spielverderber
Renault und BMW-Sauber scheinen am ehesten fähig, sich gelegentlich in den Zweikampf zwischen Ferrari und McLaren einzumischen. Das 2006 insbesondere in der ersten Saisonhälfte dominierende französisch-britische Team (sieben Siege in neun Rennen) kam freilich in den Tests selten an die Rundenzeiten von Ferrari und McLaren heran.
Die Crew um den schillernden Teamchef Flavio Briatore sucht noch immer nach der richtigen Abstimmung des Chassis auf die Bridgestone-Pneus. Der im Zürcher Oberland und in München gebaute BMW-Sauber hat sich hingegen auf Anhieb als konkurrenzfähig erwiesen, krankte aber zuweilen an mangelnder Standfestigkeit.
Renault ersetzte Alonso durch Heikki Kovalainen. Der 25-jährige Finne stieg wie vor vier Jahren der Spasnier vom Test- zum Stammfahrer auf und bringt ähnliche Anlagen mit wie sein Landsmann Räikkönen. Giancarlo Fisichella, der Alonso in den letzten zwei Jahren nie das Wasser reichen konnte, darf sich nicht viele Fehler leisten, wenn er nicht schon bald wieder die «2 am Rücken» haben will.
Toyota vor der nächsten Blamage?
Die japanischen Erzrivalen Honda (weiterhin mit Jenson Button und Rubens Barrichello) und Toyota (unverändert mit Ralf Schumacher und Jarno Trulli) sind die einzigen Teams mit zwei früheren GP-Siegern. Beide verfügen über die finanziellen Mittel, um den Abstand zu den Spitzenteams zu verkürzen. Aufwand und Ertrag stehen jedoch in einem Missverhältnis, vor allem bei Toyota (fünf Jahre ohne Sieg). In den Testfahrten gab sogar das neuerdings mit Toyota-Motoren ausgerüstete Privatteam Williams die bessere Figur ab.
Williams ermöglichte Alexander Wurz nach sechs Jahren als Testfahrer die nicht mehr erwartete Rückkehr ins Renngeschehen. Der 33-jährige Österreicher nimmt den Platz von Mark Webber ein, der seinerseits einen anderen Österreicher ersetzt: Der im St. Galler Rheintal wohnhafte Christian Klien wurde von Red Bull ausgemustert und befindet sich als neuer Honda-Testfahrer wieder in der Warteschlaufe.
Bei Red Bull ist der «Jugendwahn» vorbei. Mit David Coulthard (35), nach dem Rücktritt von Schumacher der Senior im Fahrerfeld, und Webber (30) beschäftigt das neu mit Renault-Motoren auftretende Team des Energy-Drink-Krösus Dietrich Mateschitz mittlerweile das älteste Duo im Feld.
Die Autos des Red-Bull-Farmteams Toro Rosso-Ferrari, von Spyker-Ferrari (ex Midland) und dem von Honda unterstützten Team Super Aguri dürften auch in diesem Jahr vor allem dann ins Bild rücken, wenn sie überrundet werden.
Seitens der Fahrer fehlt diesmal ein Schweizer Element. Die 2006 als Testfahrer beschäftigten Neel Jani (Toro Rosso) und Giorgio Mondini (Midland) versuchen ihr Glück nun anderswo - der Seeländer in der ChampCar-Serie in den USA und der Italo-Genfer in der FIA-GT-Meisterschaft.
(rr/Si)
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