Japans neuer Anti-Held

publiziert: Mittwoch, 10. Jan 2007 / 10:14 Uhr / aktualisiert: Mittwoch, 10. Jan 2007 / 11:04 Uhr

Tokio - Ausgerechnet in Japan, wo Leistungsstreben und Konkurrenzdenken an der Tagesordnung sind, ist der neue Held ein Verlierer: Der Delfin Lucky, der bei Wassershows stets zurückhängt und nicht vernünftig springen kann.

Lucky ist ein pazifischer Weissseitendelfin. (Archivbild)
Lucky ist ein pazifischer Weissseitendelfin. (Archivbild)
In einem Becken im «Aqua-Stadion» in Tokio, wo die Besucher gewöhnlich die eleganten Sprünge der Delfine bewundern, stiehlt der neue Publikumsliebling allen anderen Tieren die Show.

Kein Talent

Lucky wurde durch Zufall entdeckt. Der Pazifische Weissseitendelfin landete nach Angaben der Betreiber der Wassershow «aus Versehen» in einem Fischernetz. Er bekam einen Job in der Delfin-Show, doch bald stellte sich heraus, dass es ihm an akrobatischem Talent mangelte, wie sein Trainer Yu Tsuchiya berichtet.

Nach mühsamen Versuchen, den etwa zehnjährigen Meeressäuger mit dem Verweigern von Belohnungen auf das sportliche Niveau seiner ausschliesslich weiblichen, begabten und intelligenten Kollegen zu bringen, gab Tsuchiya auf: «Ich habe gemerkt, dass es nicht die richtige Art war, Lucky zu behandeln», sagt der 24-Jährige.

Publikumsliebling

Dabei machen gerade Luckys Misserfolge den Erfolg der Delfin-Show aus. «Seht auf Lucky und feuert ihn an», ruft ein Sprecher im Wasserstadion dem überwiegend aus Eltern mit Kindern bestehenden Publikum zu. «Lucky ist kein guter Springer, aber seht, ob er es diesmal schafft! Und wenn nicht, jubelt ihm trotzdem zu, denn er gibt sein Bestes!»

Als die Delfindame Roro während der Show zu einem eleganten Sprung abhebt, bleibt Lucky lieber an der Seite seines Trainers - und erhält dennoch eine Belohnung. «Lucky ist sehr schüchtern. Roro ist wie eine Musterschülerin. Aber Lucky ist viel liebenswerter, er hat Charakter», schwärmt Tsuchiya.

Grosse Fangemeinde

Luckys Fangemeinde reicht bis in die japanische Medienprominenz. Nachrichtensprecher Akira Fukuzawa reisst er zu Begeisterungsstürmen hin: «Lucky war so anders», schreibt er in seinem Blog. «Wie erwartet, war er heute so ein Loser. Aber deshalb ist er so bezaubernd!»

Auf der Website der Unternehmensberatung Trenders bekundet ein Mitarbeiter seine Sympathie: «Du magst nicht so viel leisten wie die anderen. Aber es wird dir gut gehen, wenn du etwas Besonderes unter ihnen sein kannst.»

Sympathie für Verlierer

Dass ein ungeschicktes Wassertier in einem auf Konformität und Leistung ausgerichteten Hochtechnologieland ein Star ist, gibt zu denken. «Sie sympathisieren mit Verlieren. Indem sie sich für Lucky begeistern, jubeln sie sich selbst zu», sagt der Psychologieprofessor Taizo Kato von der Universität Wasada über seine Landsleute.

Viele Japaner beklagen den immer weiter wachsenden Konkurrenzdruck in ihrer Gesellschaft. Die Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern keine lebenslangen Arbeitsplätze mehr, die Kluft zwischen Arm und Reich wächst. «Die Japaner haben sich immer darum gesorgt, wie sie im Wettbewerb abschneiden.» Sie ordneten sich den Kategorien Gewinner und Verlierer zu, sagt Kato. «Und irgendwie fühlen sich die meisten minderwertig.»

Lucky ist denn auch nicht der einzige bekannte Verlierer: Auch das Pferd Haruurara brachte es in Japan zu Ruhm, weil es nie ein Rennen gewann.

Die Japaner seien ein schüchternes Volk, begründet Kato das Phänomen. Allein der Gedanke, in der Öffentlichkeit einen Fehler zu machen oder aufzufallen, mache ihnen Angst. «Lucky und Haruurara werden so vereehrt, weil sie ohne Angst vor dem Scheitern weitermachen.»

(Harumi Ozawa/afp)

 
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