Kapitalisten-Gemetzel: Alle Regeln über Bord

publiziert: Mittwoch, 4. Jan 2012 / 10:54 Uhr / aktualisiert: Mittwoch, 4. Jan 2012 / 12:00 Uhr
Im Fadenkreuz der SVP: Phillipp Hildebrand, Nationalbank-Präsident
Im Fadenkreuz der SVP: Phillipp Hildebrand, Nationalbank-Präsident

Ein solcher Krimi würde langweilen: Eine rechtspopulistische Partei lebt von Ausländerhass, Diskriminierung der sozial Schwachen und der Destabilisierung der politischen Autoritäten. Damit gewinnt sie Jahr für Jahr Wähleranteile. Gleichzeitig arbeiten ihr die entscheidenden Finanzkapitalisten zur Hand, stürzen mit seltsamen Finanzprodukten die gesamte Weltwirtschaft in die grösste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg...

12 Meldungen im Zusammenhang
Politiker weltweit werden gekauft, Notenbankchefs und CEOs der Grossbanken werden direkt von der Krake Goldman Sachs engagiert und die Wirtschaftsjournalisten spielen Hofberichterstattung. Als Storyline für einen Krimi wäre dies echt zu platt. Verrückt daran ist, dass die Wirklichkeit die korrupte Banalität finanzkapitalistischen Treibens noch übertrifft.

Im März 2011 tobten in der Schweiz die Attacken gegen die bisher unangetastete Nationalbank und ihren Chef, Philipp Hildebrand. Der Weltwoche-Artikel: «Der Falschmünzer» warf dem obersten Währungshüter Geldfälschung und Zahlenmanipulation vor. Der Angriff aus SVP-Kreisen endet zunächst wie der «Sturm aufs Stöckli» im Wasserglas. Die schweizerische Nationalbank stabilisierte im Sommer 2011 die Währungsturbulenzen und sicherte die schweizerische Volkswirtschaft, indem sie den steigenden Franken mit einer Höchstlimite an den Euro bindet. Die rechtspopulistischen Monetaristen schäumen.

Nicht nur das. Mit der Nationalbank-Aktion verpufft der auf Hass, Antidemokratie und widerliche Politspiele ausgerichtete Wahlkampf der SVP. Eigentlicher Wahlsieger ist die schweizerische Nationalbank und ihr Präsident. Denn mit der Währungsstabilität und der Vernunftpolitik hat der oberste Währungshüter den Rechtspopulisten den monetaristischen Destablisierungs-Wind aus den Segeln genommen. Die SVP verliert im Herbst 2011 spektakulär die Wahlen, verpasst einen zweiten Bundesratssitz und kämpft auch parteiintern mit grossen Schwierigkeiten.

Was passiert anschliessend?

Der seit einem Jahr erklärte «Drôle de Guerre» zwischen hohen SVP-Kreisen und dem Nationalbankchef wird im Januar 2012 plötzlich sehr heiss. Die Medien berichten über die, via Privatbank Sarasin zugespielten Kontodaten des Ehepaars Hildebrand. Aus den Unterlagen wird klar, dass die Ehefrau des Nationalbankpräsidenten mit Devisenspekulationen innert ein paar Wochen ein Jahressalär von uns Normalsterblichen «erwirtschaftet» hat. Die Finanzkontrolle des Bundes erklärt das immerhin erstaunliche Treiben für legal, transparent und den Regeln der internen Richtlinien der Nationalbank entsprechend. Erstaunlich, aber wahr.

Unterdessen bestürmen die Medien den Chef der Rechtspopulisten Christoph Blocher, der in den letzten Monaten mit seinen Finanztricks bewiesen hat, dass er, wenn es um Macht, Medien und Geld geht, nicht nur keine Skrupel kennt, sondern das finanzkapitalistische Geschäft aus dem FF beherrscht. Christoph Blocher hüllt sich in der Affäre Hildebrand in Schweigen, denn das Insider-Gschmäckle um die mindestens moralisch fragwürdigen Spekulationen im engsten Umfeld des Nationalbankpräsidenten ist lanciert.

Was zeigt uns diese unappetitliche Geschichte? Erstens: Der Finanzkapitalismus verhöhnt mit grinsender Milliardenfratze jede Grundlage echter kapitalistischer Wertschöpfung. Wenn es einer Ehefrau eines Notenbankchefs auf legale Weise gelingt, innert ein paar Wochen Tausende von Franken auf ihr wahrscheinlich nicht schlecht gefülltes Konto zu schaufeln, ohne auch nur einen Finger zu rühren, sondern dank Abendtischgesprächen über genügend Wissen verfügt, zu riechen, wie sich die Spekulation entwickeln wird, dann sagt das eigentlich alles aus über ein System, das von sich behauptet, Leistung zu honorieren, aber in Tat und Wahrheit ausschliesslich Casino spielt. Zweitens: Die Rechtspopulisten, denen rhetorisch das Bankgeheimnis wichtiger ist als die ehrliche Arbeit und Wertschöpfung von kleinen und mittleren Unternehmen, schreckt vor nichts zurück: Mit der Zuspielung von illegal erworbenen Bankdaten destabilisiert sie nicht nur den obersten Währungshüter, sondern die schweizerische Währungsstabilität inklusive Ruf. Drittens: Im herrschenden dreckigen Spiel des Casino- und Finanzkapitalismus werden alle geltenden Regeln gebrochen. Der Krieg innerhalb der Kapitalistenreihen fordert viele Opfer.

Unsere Volkswirtschaften werden wie im Ersten Weltkrieg dafür als Finanzfutter statt Kanonenfutter jeden Tag bis zum Zusammenbruch missbraucht. Zum Hohn waschen im Anschluss an dieses Treiben, sämtliche Rechtsinstanzen die Regelbrecher weiss. Verfassungsbrüche werden als völlig notwendig und legal erklärt, die Zerstörung des Rechtsstaats wird Normalität.

Autsch. Was machen wir Medienschaffenden? Wir konzentrieren uns auf die Akteure, enervieren uns über die Personen statt dass wir das System und die Kriegführung dahinter sehen. Die Affäre Hildebrand/Blocher zeigt mit aller Deutlichkeit, dass der freiheitliche Kapitalismus nicht einmal mehr die Buchstaben wert ist, die in den Nobelpreis gekrönten Betriebswirtschaftsbüchern stehen. Doch statt das Übel an den Haaren zu packen, den Casinospekulanten endlich unseren harterarbeiteten Cash aus den Händen zu reissen, die kleineren und mittleren Unternehmen, ihre Innovation und die tollen Menschen, die dort arbeiten, zu unterstützen, passiert genau das Gegenteil. Prosit Neujahr.

(Regula Stämpfli/news.ch)

Machen Sie auch mit! Diese news.ch - Meldung wurde von 7 Leserinnen und Lesern kommentiert.
Lesen Sie hier mehr zum Thema
Die Schweizerische Nationalbank hatte nicht alle Informationen für eine richtige Beurteilung.
Bern - Die Eidg. Finanzkontrolle und die Revisionsstelle der Schweizerischen Nationalbank (SNB), PricewaterhouseCooper (PwC), verteidigen ihre Beurteilung des ... mehr lesen 1
Bern - In der Affäre um private ... mehr lesen 60
Hauptsitz der Bank Sarasin in Basel.
Die neusten Vorwürfe gegen Philipp Hildebrand sorgen für Gesprächsstoff.
Bern - Politiker und Politikerinnen von ... mehr lesen
Bern - Nach harschen Vorwürfen hat ... mehr lesen 1
Die Nationalbank stärkt Philipp Hildebrand den Rücken.
Weitere Artikel im Zusammenhang
Erklärungen sind notwendig.
Bern - SNB-Präsident Philipp ... mehr lesen
Bern - Nationalbankpräsident Philipp ... mehr lesen 21
SNB-Präsident Phillipp Hildebrand: Insider-Handel?
Christoph Blocher hatte Informationen über Transaktionen Hildebrands bekommen.
Ein Mitarbeiter der Bank aus dem Bereich IT-Support habe die Unterlagen unrechtmässig entwendet und einem der SVP nahestehenden Anwalt offengelegt, wie die Bank in einem Communiqué ... mehr lesen 12
Bern - In der Affäre um fragwürdige ... mehr lesen
SNB-Präsident Hildebrand war laut einem Informanten in dubiose Transaktionen verwickelt.
Christoph Blocher unter Druck.
Bern - Christoph Blocher bestreitet, vom Fall Hildebrand gewusst zu haben. Blocher sagte am Rande einer Veranstaltung in Niederglatt ZH gegenüber dem Schweizer Fernsehen: «Von dem ... mehr lesen 15
Bern - Die Informationen über die angeblich illegalen Transaktionen von ... mehr lesen 14
Nationalrat und Alt-Bundesrat Christoph Blocher
Dem ist Nichts hinzuzufügen . . .
. . ., "Rumpelstilzchen" mit dieser politischen Schieflage haben leider Hochkonjunktur. Ein guter Beleg dafür dass Studierte nicht zwangsläufig auch denken können.
Neidgenossin
Heute schreibt die news-Kolumnistin im "der Sonntag" zu diesem Thema unter dem Titel "Finger weg von starken Frauen". Es ist einfach nur dümmlich, was und wie sie schreibt; die Akademikerin ist in diesem Artikel mit keinem Wort erkennbar. Sie wettert über die SVP, ihr Lieblingsthema, meint, dass starke Frauen den besseren Sex haben, stellt Behauptungen auf, die sie nicht belegen kann und greift am Schluss noch auf die Bibel zurück mit der Behauptung, dass sich Adam hinter Eva versteckt habe.

Mich würde sehr interessieren, inwieweit sie ihre sehr spezielle Weltanschauung auf ihrem Lehrstuhl an den Universitäten von Bern und Zürich verbreitet? Am besten für uns alle wäre, wenn sie an ihrem Wohnort Brüssel bleiben würde.
Casino komplett
Seit Jahren schon ist die ganze Weltwirtschaft ein Casino, dessen Schuldenwirtschaft nur mit immer waghalsigeren Aktionen irgendwie am Leben erhalten werden kann. DAS ist der Skandal. Dass diese weltweiten Zustände es Spekulanten leicht ermöglichen zu profitieren, ist bloss Symptom, aber NICHT Ursache. Ohne massive Ungleichgewichte hätten Spekulanten nichts zu verdienen. Ganz ehrlich: Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich jede Möglichkeit mitzumischeln ergreifen.
Fakten abwarten
Auch diese Gelegenheit benutzt die Kolumnistin, um vor allem auf ihrem Liebelingsfeind herumzuhacken.

Die Art und Weise, wie diese Transaktionen ans Tageslicht kamen, ist noch nicht geklärt. Mit grosser Wahrscheinlichkeit muss aber die Staatsanwaltschaft aktiv werden, weil es sich um ein Offizialdelikt handelt.

Hildebrand hat zumindest unklug gehandelt und widerspricht sich sogar selbst: http://bazonline.ch/schweiz/standard/Wir-duerfen-keine-Wechselkursoper.... Dies hier habe ich noch nicht gelesen: http://files.newsnetz.ch/upload//1/1/11815.pdf

Wir alle können nur hoffen, dass sich diese Schlammschlacht in Nichts auflöst, damit die Seriosität unserer SNB gewahrt bleibt. Bis jetzt bewegen wir uns zum grossen Teil im Bereich der Spekulation.
Ja, JasonBond, das ist die eine Seite, denke ich.
Die andere Seite ist das klare (auch) Fehlverhalten von Hildebrand! LEIDER!

Die Sache mit den Euro-Stützungskäufen von SBB-Präsi Hildebrand, die beschehrten und, meines Wissens, einen Verlust von xx Milliarden ... Was denken Sie heute darüber? Irre ich mich in dieser Sache denn?
Der Blocher steckt im Detail
Ohne Blocher gäbe es keine "Affäre" Hildebrand.

Hildebrand würde seit Amtsantritt ungehindert und sachlich seiner Arbeit nachkommen können.

Blocher schädigt die Schweiz indem er einen Hass und Vernichtungsfeldzug gegen Hildebrand führt. So einfach ist das.
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 21
Frauenrechtlerin Ada Wright in London, 1910: Alles könnte anders sein, aber nichts ändert sich.
Frauenrechtlerin Ada Wright in London, 1910: ...
«Männer stimmten für Hofer, Frauen für Van der Bellen» titelte die FAZ nach dem Wahlkrimi in Österreich. «Warum wählen junge Männer so gern rechts?» fragte jetzt.de einen Soziologen. «Duh» war meine erste Reaktion, hier ein paar weitere. mehr lesen 3
Gewinnorientierte Unternehmen wie der ORS machen aus der Flüchtlingshilfe ein Geschäft. Das Rote Kreuz und die Caritas, die gemeinnützig sind und seit Jahren über grosse Erfahrung in der Betreuung von Menschen auf der Flucht ... mehr lesen
Flüchtlinge (hier in Mazedonien): Mit Gewinnziel zu verwaltende Konkursmasse oder doch Menschen?
Armeechef Blattmann: bedenklicher Umgang mit demokratischen Grundrechten.
Korpskommandant André Blattmann wird von den Mainstreammedien der «Beleidigung» bezichtigt. Er nannte den Rundschau-Chef Sandro Brotz, «Sandro Kotz.» Wer meint, dies sei nur ... mehr lesen  2
«Bist Du nicht willig, stimmen wir ab.» So lautet die Devise der unschweizerischen bürgerlichen Mehrheit seit den Wahlen im Herbst 2015. «Wie schamlos hätten Sie es ... mehr lesen   2
Der Nationalrat - seit 2016 absolut schamlos.
Typisch Schweiz Der Bernina Express Natürlich gibt es schnellere Bahnverbindungen in den Süden, aber wohl ...
Die Nike Air Jordan 13s kamen 1998 heraus.
Shopping Erreichen Air Jordan Sneaker 2-4 Mio. Dollar in der Versteigerung? Ein Paar Turnschuhe, das Geschichte geschrieben hat, steht zum Verkauf: Die Nike Air Jordan 13s, die Michael Jordan in seiner letzten ...
Erstaunliche Pfingstrose.
Jürg Zentner gegen den Rest der Welt.
Jürg Zentner
Frauenrechtlerin Ada Wright in London, 1910: Alles könnte anders sein, aber nichts ändert sich.
Regula Stämpfli seziert jeden Mittwoch das politische und gesell- schaftliche Geschehen.
Regula Stämpfli
«Hier hätte ich noch eine Resistenz - gern geschehen!» Schematische Darstellung, wie ein Bakerium einen Plasmidring weiter gibt.
Patrik Etschmayers exklusive Kolumne mit bissiger Note.
Patrik Etschmayers
Obama in Hanoi mit der Präsidentin der Nationalversammlung, Nguyen Thi Kim Ngan auf einer Besichtigungstour: Willkommenes Gegengewicht zu China.
Peter Achten zu aktuellen Geschehnissen in China und Ostasien.
Peter Achten
Recep Tayyp Erdogan: Liefert Anstoss, Strafgesetzbücher zu entschlacken.
Skeptischer Blick auf organisierte und nicht organisierte Mythen.
Freidenker
 
Stellenmarkt.ch
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Mi Do
Zürich 10°C 24°C sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig sonnig recht sonnig
Basel 11°C 25°C sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig sonnig recht sonnig
St. Gallen 11°C 21°C sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig recht sonnig wolkig, aber kaum Regen
Bern 10°C 23°C sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig recht sonnig recht sonnig
Luzern 11°C 23°C recht sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wolkig, aber kaum Regen
Genf 13°C 24°C sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wolkig, aber kaum Regen
Lugano 14°C 24°C vereinzelte Gewitterleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig vereinzelte Gewitter vereinzelte Gewitter
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten