Karadzic ausgeliefert - Erste Anhörung am Donnerstag

publiziert: Mittwoch, 30. Jul 2008 / 07:18 Uhr / aktualisiert: Mittwoch, 30. Jul 2008 / 18:46 Uhr

Den Haag - Radovan Karadzic ist in einer Nacht-und-Nebel-Aktion an das UNO-Tribunal für Jugoslawien in Den Haag ausgeliefert worden. Schon am Donnerstag soll der mutmassliche serbische Kriegsverbrecher erstmals vor Gericht erscheinen.

Radovan Karadzic muss sich vor dem internationalen Gericht verantworten.
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In der Nacht zum Mittwoch zeigte der serbische Fernsehsender Fox, wie drei schwarze Jeeps mit abgedunkelten Scheiben um 3.45 Uhr das Gericht in der Hauptstadt Belgrad verlassen. Nur etwa dreiviertel Stunden später sitzt der frühere bosnische Serbenführer im Flugzeug nach Rotterdam.

Erst jetzt geht das serbische Justizministerium an die Öffentlichkeit: «Auf Grundlage des Rechts zur Zusammenarbeit mit dem Kriegsverbrechertribunal» habe es für die Überstellung grünes Licht gegeben.

In den Niederlanden nehmen Karadzic ein Autokonvoi sowie zwei Helikopter in Empfang. Der 63-Jährige wird ins Gefängnis Scheveningen bei Den Haag gebracht. Um 7.45 ist die Aktion vorbei: Karazic wartet in einer Einzelzelle auf seinen Prozess.

Schwieriger Prozess erwartet

Karadzic wird am Donnerstag ab 16.00 Uhr Gelegenheit haben, sich vor dem Richter erstmals zu den Anklagevorwürfen zu äussern. Nach Angaben seines Anwalts will er sich selbst verteidigen und setzt auf einen Freispruch. Karadzic hat allerdings 30 Tage Zeit zu sagen, ob er auf schuldig oder nicht-schuldig plädiert.

UNO-Chefankläger Serge Brammertz geht davon aus, dass der Prozess erst in einigen Monaten beginnen wird - und dass es ein schwieriges Verfahren wird. Er teilte mit, dass die letzte, aus dem Jahr 2000 stammende Anklageschrift überarbeitet werde.

Entscheidungen des Tribunals und Erkenntnisse aus anderen Prozessen aus den seither verstrichenen acht Jahren sollten eingearbeitet werden. Brammertz will damit die Beweisführung erleichtern.

«Grosser Fortschritt»

«Seine Verhaftung ist ein grosser Fortschritt in der Zusammenarbeit Serbiens mit dem UNO-Sicherheitsrat», sagte Brammertz. Er erinnerte daran, dass noch immer zwei Beschuldigte aus den Balkan-Kriegen der 90er Jahre auf der Flucht seien. Von der Auslieferung Karadzics erhofft sich Serbien eine Annäherung an die EU.

Diese begrüsste die Auslieferung, betonte aber, dass sie das Ende April unterzeichnete Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen nur in Kraft setzen will, wenn der Chefankläger Serbien eine «vollständige Zusammenarbeit» mit dem Tribunal bescheinigt.

Demo gegen Auslieferung

Karadzic werden insgesamt elf Anklagepunkte zur Last gelegt, darunter Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord im Bosnien-Krieg von 1992 bis 1995. Er gilt als Hauptverantwortlicher für das Massaker von Srebrenica, bei dem fast 8000 bosnisch-muslimische Männer starben.

Noch Stunden vor Beginn der nächtlichen Überstellung hatten mehr als 10 000 Karadzic-Anhänger in Belgrad für ihr Idol demonstriert. Bei Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen aus der Hooligan-Szene und Polizisten wurden über 80 Menschen verletzt.

Die Familie von Karadzic in Bosnien bekam inzwischen ihre Reisedokumente zurück. Ihnen waren die Dokumente wegen des Verdachts der Fluchthilfe für Karadzic entzogen worden. Deswegen konnten sie ihn auch nicht mehr vor seiner Auslieferung besuchen.

(fest/sda)

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