Katastrophale Zustände bei der russischen Armee

publiziert: Montag, 8. Aug 2005 / 07:30 Uhr / aktualisiert: Montag, 8. Aug 2005 / 07:59 Uhr

Moskau - Das glückliche Ende im jüngsten U-Boot-Drama kann nicht über die katastrophale Lage in den meisten Einheiten der russischen Streitkräfte hinwegtäuschen. Panzer verrosten, Kampfbomber müssen am Boden bleiben und die U-Boote schaffen es nicht mehr in den Hafen.

Um sich den Dienst beim russischen Militär zu ersparen, wird viel Geld für gefälschte Atteste bezahlt.
Um sich den Dienst beim russischen Militär zu ersparen, wird viel Geld für gefälschte Atteste bezahlt.
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"Wir müssen endlich mehr Geld investieren, damit sich solche Tragödien nicht wiederholen", fordert der Parlamentsabgeordnete Viktor Iljuchin, der die patriotische "Bewegung zur Unterstützung der Armee" anführt.

Mit der Erfolgsmeldung, das Militärbudget im Vorjahr um acht Prozent erhöht zu haben, erntete die Regierung in Moskau bei russischen Experten nur ein müdes Lächeln. Nach Schätzungen machen die Militärausgaben nur ein Dreissigstel des Verteidigungshaushaltes der USA aus.

Hungerlöhne

Dabei sind die Armeen von der Personalstärke beinahe gleich gross. Besonders unter den etwa 400 000 russischen Offizieren ist Unmut weit verbreitet.

Viele Luftwaffenpiloten müssten von monatlich 4500 Rubel (200 Franken) ihre Familien ernähren, beklagte der Kommandeur der Luftstreitkräfte, General Wladimir Michailow, im Januar. Selbst Offiziere mit Kriegserfahrung in Afghanistan oder Tschetschenien verdienen weniger als Wehrpflichtige in den meisten NATO-Ländern.

Einst der Stolz der Sowjetunion

Bereits vor fünf Jahren hatte der Untergang des Atom-U-Boots "Kursk" in der Barentssee die erschütternden Zustände in der russischen Marine offenbart. Das Staatsfernsehen zeigte Bilder von der U-Boot-Basis Widjajewo, wo die Familien der Offiziere in heruntergekommenen Etagenwohnungen hausen mussten.

Die russische Armee, einst der Stolz der Sowjetunion, hat in den vergangenen Jahren deutlich an Prestige verloren. Wenn Präsident Wladimir Putin von Modernisierung spricht, hat er vor allem die Atomwaffen im Sinn.

Korruption

Die unter Putin deutlich gestiegene Korruption macht auch vor den Kasernentoren nicht halt. Ein Millionengeschäft ist beispielsweise mit Attesten und Gutachten zu machen, die jungen Männern den gefürchteten Wehrdienst ersparen.

Mehrere hundert Millionen Franken steckten sich im vergangenen Jahr die Beamten und Offiziere in den Einberufungsbehörden in die eigene Tasche, wie die renommierte russische Anti-Korruptions-Stiftung Indem im Juli mitteilte.

Hoher Blutzoll

Die Angst der jungen Männer vor der Armee ist in Russland verständlich. Nach einem Bericht des Komitees der Soldatenmütter kommen jedes Jahr 3000 russische Soldaten ums Leben. Das russische Verteidigungsministerium schätzt die Zahl der toten Soldaten auf 1100.

Etwa jedes sechste Opfer wird nach Angaben der Soldatenmütter von Kameraden oder Vorgesetzten getötet, viele Soldaten begingen Selbstmord. Im grössten Land der Erde ist modernes Kriegsgerät des 21. Jahrhunderts durchaus vorhanden. In der vergangenen Woche präsentierte der Flugzeugbauer MIG bei Moskau sein neustes Modell des Kampfjets MIG-29 mit drehbaren Triebwerken.

Der Bomber kann damit beinahe wie ein Helikopter auf der Stelle stehen bleiben und sich zu allen Seiten drehen. 126 Aufträge sind für den modernisierten Kampfjet bereits eingegangen - alle aus Indien.

(Stefan Voss/dpa)

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