Kommt die Ente auf den Grill?

publiziert: Freitag, 10. Nov 2006 / 10:55 Uhr / aktualisiert: Freitag, 10. Nov 2006 / 11:55 Uhr

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Nach den Erneuerungswahlen steht nun fest, dass George W. Bush eine verblüffende Wandlung durchmachen wird, sobald die neuen Abgeordneten und Senatoren ihre Ämter beziehen werden: Ein Bush wird zur lahmen Ente mutieren, einem Präsidenten mit sehr beschränktem Handlungsspielraum.

Nun machen sich viele Europäer absurde Hoffnungen, was die Aussenpolitik der USA unter diesen neuen Vorzeichen betrifft. Die USA werden weder Sang- und Klanglos aus dem Irak noch aus Afghanistan abziehen. Nicht weil das die Demokraten nicht wollten, sondern weil sie dies nicht können. Ganz egal wie übel es im Moment im Irak aussieht, würde es noch wesentlich schlechter werden, wenn die USA sich einfach zurückziehen würden. Ein Somalisierung des Staates und ein Kampf zwischen den Nachbarstaaten, Terrororganisationen und religiösen Sekten um dieses Land wären unvermeidlich. Ein Wechsel der Taktik und womöglich sogar ein Abzugsplan werden allenfalls ausgearbeitet, doch einfach abmarschieren liegt – auch im Interesse von Europa – nicht drin.

Viel interessanter und dramatischer dürfte hingegen das innenpolitische Drama sein, dass sich nun entfalten wird. Seit 1994 die Demokraten ihre Mehrheiten verloren, bestimmten in Untersuchungsausschüssen und dem Entscheid, ob solche eingesetzt würden, die Republikaner das Vorgehen. Mit dieser Macht heizten sie Bill Clinton gehörig ein und wehrten in der Folge alle Angriffe auf G. W. Bush ab, welche seit den Terroranschlägen 2001, den darauf folgenden Geheimdienstskandalen und Kriegshandlungen geritten wurden. Die Bush-Administration konnte praktisch sicher sein, freie Hand zu haben, wenn es um ihre Politik ging. Die Opposition aus der eigenen Partei wurde erst stärker, als die republikanischen Abgeordneten realisierten, dass eine zu grosse Nähe zu Bush die Wiederwahl gefährden könnte. Doch dann war es schon zu spät. Die Wahlen vom Dienstag haben dies klar gezeigt.

Nein, verlautete es nach dem Sieg von demokratischer Seite, ein Amtsenthebungsverfahren, ein Impeachment gegen Bush werde es nicht geben. Obwohl... es wäre sehr verführerisch, Bush und Cheney anzugreifen und vielleicht sogar vor 2008 aus dem Amt zu jagen.

Einiges spricht dafür: Diese Administration ist für das Verfälschen von Geheimdienstreporten, die Vorwand für den Irakkrieg waren, verantwortlich, US-Bürger wurden ohne Gerichtsbeschluss vom NSA abgehört, Terrorverdächtigen wurden ihre verfassungsmässigen Rechte entzogen, die Folter von Kriegsgefangenen wurde von höchster Stelle autorisiert und schliesslich das kriminell inkompetente Handling der Katrina-Katastrophe, welche mehr als tausend Menschenleben kostete.

Dass Bush und Cheney zusammen abgesetzt werden, ist aber aus zwei Gründen unwahrscheinlich. Selbst wenn das Repräsentantenhaus dafür stimmen würde, wäre es notwendig, dass zwei Drittel des Senates ebenfalls hinter einer solchen Amtsenthebung stünden.

Zum Anderen sässe nach einem Rausschmiss plötzlich Nancy Pelosi, die neuen Vorsitzende des Unterhauses, im Weissen Haus – es wäre ein Coup, der bei der Bevölkerung nicht wirklich ankommen würde. Immerhin ist Bush ins Weisse Haus gewählt worden... im Gegensatz zu Pelosi. Ein solcher Umsturz aus dem Parlament heraus würde von der Bevölkerung nicht goutiert werden und die Demokraten werden weise sein, die Finger davon zu lassen.

Der Präsident ist also noch tabu... nur, was spricht dagegen, jemanden zu attackieren, der mindestens so unbeliebt wie der eben vertriebene Donald Rumsfeld ist? Der schon seit langem im Visier diverser Ermittlungen steht und der Korruption, Vetternwirtschaft und totalen Rücksichtslosigkeit verdächtig ist und von dem sogar gesagt wird, dass er der Boss des Präsidenten ist? Der Vizepräsident erfüllt alle Voraussetzungen, um angegriffen und womöglich sogar von den eigenen Senatoren fallen gelassen zu werden. Nein, Bush muss sich nicht darum sorgen, seine Präsidentschaft vorzeitig beenden zu müssen.

Die lahme Ente kommt nicht auf den Grill... aber die Weihnachtsgans Cheney hat allen Grund sich um sein Politleben zu fürchten.

(von Patrik Etschmayer/news.ch)

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