Lateinamerikanisches Pulverfass

publiziert: Mittwoch, 3. Mrz 2004 / 08:45 Uhr / aktualisiert: Mittwoch, 3. Mrz 2004 / 13:48 Uhr

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Jean Bertrand Aristide, einstiger Prediger und Vertreiber von Baby Doc Duvalier, ist weg. Er geifert noch aus seinem Asyl den Amerikanern nach, behauptet, von diesen vertrieben worden zu sein. Er ignoriert dabei die Tatsache, dass die Rebellen kurz davor standen, die Hauptstadt zu stürmen und ihn zu massakrieren.

Die Chancen, dass sich auf Haiti nun unter einem UNO-Mandat die Lage zumindest beruhigt oder gar stabilisiert, sind nicht schlecht. Und das ist in dieser Region auch dringend notwendig, denn es hat dort noch genügend andere Hot-Spots, die nur darauf warten, zu explodieren.

Der unauffälligste aber potentiell gefährlichste ist dabei Kuba. Solange der 'Massimo Lidér' noch Reden schwingt, wird es ruhig bleiben. Aber Fidel Castro wird - auch wenn es manchmal anders scheint - nicht ewig leben. Und seine Nachfolge ist keineswegs gesichert.

Fidels Abgang wird eine dramatische Erschütterung im karibischen Raum ergeben. Castros bester Freund, der irre Hugo Chàvez, droht unterdessen den Amerikanern fast schon rituell mit einem Ölboykott, sollten es diese wagen, sich in Venezuela einzumischen.

Dieses Geschrei lässt sich vor allem mit der innenpolitischen Bredouille erklären, in der er steckt. Nachdem er einen Putschversuch und einen Generalstreik überstanden hat, ist er jetzt mit einem Volksbegehren konfrontiert, das eine Abstimmung über seinen Verbleib als Regierungschef fordert.

Schon im Februar hätte die Wahlkommission über die Gültigkeit der eingebrachten Unterschriften befinden sollen: 3,4 Millionen wurden eingereicht, 2,4 Millionen wären für die Abstimmung notwendig gewesen. Nach diversen Verzögerungen brachte es Chàvez fertig, 1,6 Millionen dieser stimmen für ungültig erklären zu lassen. Damit zündelt er böse an der Volksstimmung, die sich nun wieder um einiges aufheizen dürfte.

Dass Chavez nun mit dem Finger auf die USA zeigt, um von seinem Gemauschle um die Unterschriften etwas abzulenken, ist da nur verständlich. Und Kuba und Venezuela sind nicht die einzigen Unruheherde im karibischen Raum; auch in den Nachbarländern Bolivien und Kolumbien ist die Lage alles andere als stabil.

Dass die Augen der USA trotzdem starr auf den Nahen und Mittleren Osten gerichtet sind, könnte sich bald als verhängnisvoll erweisen.

Auch was Haiti angeht, hat Washington nicht agiert sondern nur reagiert. Erst als Flüchtlingsströme von der Karibikinsel in Florida einzufallen drohten, wandte sich die US-Administration der Gegend zu, die gemeinhin als Hinterhof der USA bezeichnet wird. Es ging lediglich um Schadensbegrenzung. Zu mehr reicht es auch nicht, denn es präsentiert sich dem Betrachter in der Karibik ein Scherbenhaufen aus Porzellan, das die USA dort vor über hundert Jahren zerschlagen haben.

Für viele lateinamerikanische Regierungen reicht oft nur die Behauptung, die USA bedrohe das Land, um einen antiamerikanischen Reflex im Volk auszulösen. Die USA muss diesem Reflex entgegenwirken. Aber das wird schwierig sein. Doch nicht schwieriger als ein ständig wachsendes, feindseliges Chaos zu managen, das näher an der USA ist, als jede andere Bedrohung dieser Welt.

(von Patrik Etschmayer/news.ch)

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