Lehrstuhl in Tel Aviv nach Reich-Ranicki benannt

publiziert: Mittwoch, 7. Mrz 2007 / 16:03 Uhr

Frankfurt - An der Universität von Tel Aviv wird es künftig einen nach Marcel Reich-Ranicki benannten Lehrstuhl für deutsche Literatur geben. An einer Feier zur Einweihung der neuen Professur würdigte Peter von Matt den Literaturkritiker.

Marcel Reich-Ranicki wäre am liebsten selbst Professor geworden.
Marcel Reich-Ranicki wäre am liebsten selbst Professor geworden.
Keiner habe der Literatur so grosse Aufmerksamkeit verschafft wie Reich-Ranicki, sagte der Schweizer Germanist am Dienstagabend in Frankfurt.

Er stellte den brillanten Polemiker, der 1938 in Berlin als Jude nicht Germanistik studierten durfte, in eine Reihe mit Heinrich Heine und Karl Kraus.

Tel Avivs Universitätspräsident Itamar Rabinovich würdigte ebenfalls das Lebenswerk «eines grossen Mannes». «Ich habe aus meiner Begabung, die gar nicht so gross ist, mehr gemacht als man draus machen konnte», sagte der 86-jährige Reich-Ranicki...

Deutsche Literatur wieder näher bringen

Der seit Jahrzehnten in Frankfurt lebende Reich-Ranicki hofft, dass der Lehrstuhl trotz der leidvollen Erfahrungen im deutsch-jüdischen Verhältnis israelischen Studenten «mit der Zeit» wieder die deutsche Literatur nahe bringen werde.

«In keinem Land haben die Juden eine so enorme Rolle in der Literatur gespielt wie in Deutschland», sagte er und erwähnte neben Heine namentlich Ludwig Börne, Arthur Schnitzler und Alfred Döblin.

Lustprinzip

Ansonsten hielt sich Reich-Ranicki, der nach eigenem Geständnis am liebsten selbst Professor geworden wäre, mit Ratschlägen für die Gestaltung des neuen Lehrstuhls zurück. Stattdessen erklärte er beim Lesen das Lustprinzip zum obersten Massstab.

Eigentlich sollte die Inauguration des Lehrstuhls in Tel Aviv stattfinden. Doch angesichts der angeschlagenen Gesundheit Reich-Ranickis, der Anfang vergangenen Jahres mit Herzbeschwerden in ein Spital eingeliefert worden war, wurde Frankfurt vorgezogen.

Der 86-Jährige ist jedoch optimistisch, dass er die Entwicklung des Lehrstuhls in Tel Aviv aus der Ferne noch einige Jährchen verfolgen kann. «Ich hoffe, dass ich noch eine Weile auf dieser Erde wandeln werde», sagte Reich-Ranicki.

(rr/sda)

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