Leichtathletik: Endspurt in der Golden League

Aber auch das Berliner Meeting selbst, das ISTAF (Internationales Stadionfest), kämpft um seinen Status, um den Verbleib in der Golden League, worüber nächste Woche in Paris entschieden wird. Nachdem ein Konkurs des ISTAF abgewendet und Christian Schenk, der Zehnkampf-Olympiasieger von 1988, vor dreieinhalb Monaten als Meeting-Direktor eingesetzt worden war, präsentiert sich das 7. und letzte Golden-League-Meeting des Jahres mit einem auf 3,3 Millionen Franken erhöhten Budget und der besten Besetzung seit Jahren. Austragungsort ist in diesem Jahr ausnahmsweise nicht das (im Umbau befindliche) Olympiastadion in Berlin, sondern der Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark, dessen 21 000 Plätze ausverkauft sind.

Im Jahn-Sportpark, im Ostteil der Stadt, fand vor der Wiedervereinigung jeweils das grösste internationale DDR-Meeting, der «Olympische Tag», statt. Dort wurde Weitsprung-Olympiasiegerin Heike Drechsler (38), die heute als Mitfavoritin dabei ist, vor 23 Jahren dreifache Spartakiade-Siegerin. Und dort warf der Ostdeutsche Uwe Hohn 1984 den Speer unglaubliche 104,80 m weit.


Quartett um 50 kg Gold

50 kg Gold im Wert von rund 800 000 Franken werden unter jene Athleten aufgeteilt, die alle 7 GL-Meetings siegreich bestanden. Für die schnellste Frau der Welt, Marion Jones (USA), sollte dieser siebente Triumph über 100 m in Abwesenheit der Weltmeisterin Schanna Pintusewitsch (Ukr) ebenso wenig ein Problem sein wie für 1500-m-Weltrekordler und -Weltmeister Hicham El Guerrouj (trotz erneuter Konkurrenz durch Bernard Lagat/Ken) und wie für Felix Sanchez, den 400-m-Hürden-Weltmeister aus der Dominikanischen Republik (ohne Rivale Stéphane Diagana/Fr). Gefährlich könnte es allenfalls für die mexikanische 400-m-Seriensiegerin Ana Guevara werden; die willensstarke Deutsche EM-Zweite Grit Breuer kündigte für ihr Heimmeeting eine 49er-Zeit an. Jones und El Guerrouj könnten als einzige Athleten bereits zum dritten Mal Jackpot- Gewinner der Golden League werden; beide teilten sich 1998 und 2001 mit Anderen ins Gold.


Bucher nochmals schneller?

Einer der sechs Jackpot-Sieger des vergangenen Jahres war auch der damalige 800-m-Weltmeister André Bucher. Der EM-Zweite Bucher ist auch heute als einziger Schweizer wieder dabei. Er trainierte seit dem Brüsseler Meeting vor Wochenfrist zu Hause und wird versuchen, seine Saisonbestzeit (1:43,93) weiter zu senken. In Brüssel gab es dafür einen 5. Rang; in Berlin werden Europameister Wilson Kipketer (Dä), Zürich-Sieger Joseph Mutua und der Amerikaner David Krummenacker fehlen, ebenso Juri Borsakowski (Pol), den Bucher in Brüssel hinter sich liess.

Des Schweizers härteste Gegner im achten Rennen der Saison (EM mit 3 Läufen) werden der Kenianer William Yiampoy, Zweiter in Brüssel (1:43,46), der WM-Medaillengewinner Wilfred Bungei (Ken, 1:43,64) und, auf eigenem Terrain, Olympiasieger Nils Schumann (1:44,16) sein. Ein nicht allzu schnelles Rennen käme dem wegen seines Stauchungsbruchs immer noch mit dem Training im Rückstand befindlichen Schweizer entgegen.


5000-m-Weltrekordjagd

Sehr schnell, Richtung Weltrekord, soll es jedoch auf der 5000-m- Strecke der Frauen zugehen. Berhane Adere (Äth), die WM-Zweite über 10 000 m, sollte eigentlich nach dem Meeting in Brüssel am letzten Wochenende nach Afrika zurück reisen. Doch nach ihrem grossen Sieg in einem starken Rennen drückte ihr Manager durch, dass sie noch in Berlin starten kann. 14:33,65 lief Adere in diesem Jahr schon über 12 1/2 Runden; jetzt traut sie sich den Weltrekord der Chinesin Jiang Bo von 14:28,09 aus dem Jahr 1997 zu.

(von Peter A. Frei, Berlin/sda)