Locarno feiert Malkovich

Ein kahlköpfiger Schädel, ein schüchternes Winken an der Pressekonferenz am Donnerstagmittag. Als einziger in Locarno trägt John Kravatte. Nein, was er ausstrahlt, ist nichts, was unter dem schwammigen Begriff Charisma abgetan werden kann. Das ist schauspielerisches Handwerk, wie er gleich selbst erklärt. Das ist Arbeit. Und Malkovich ist ein Handwerker. Einer, der seine Rollen von Grund auf baut.

Er verrät: Auch in "Being John Malkovich", als er sich selbst spielte, habe er selbstverständlich nur eine Rolle gespielt.

Grosse Aufmerksamkeit

Dreimal soviele Medienmenschen und Zaungäste wie bei Susan Sarandon, hängen an Malkovichs Lippen - die sehr, sehr langsam formulieren, worum es ihm bei der Schauspielerei geht. So langsam, dass die Journalisten fürchten, die Konferenz könne um sein, bevor John zu Ende gesprochen hat.

Grüblerisch beantwortet er geduldig jede Frage nach seiner Technik (er hat keine, "die Rolle lenkt mich, nicht umgekehrt"), aber nicht nach seinem Privatleben ("was ich in dieser Tasche habe? All das Geld, was ich mit Filmen verdiene") und schon gar nicht zu Themen, die nichts mit Schauspielerei zu tun haben. Terrorismus, zum Beispiel.

Das Herz beim Theater

Malkovich hat seinen Ursprung im Theater, und ist im Herzen auch dort geblieben. "Für eine Filmszene wird kaum geprobt. Im Theater proben wir sechs Wochen für eine Laufzeit von zwei Jahren." Vieles im Cinema (er benutzt den europäischen Ausdruck fürs Kino) muss instinktiv kommen, aus der Improvisation des Moments.

Nach einer einstündigen Fragesession weiss man über dieses Enigma, und über das Geheimnis, das ihn zu einem der gefragtesten Schauspieler macht, ebenso viel wie zu Anfang. Das ist nicht verwunderlich, hält man sich vor Augen, dass selbst der Film "Being John Malkovich", der eigentlich schon im Titel die Antwort darauf verspricht, die wahre Identität dieses Chamäleons zu entschleiern, auch nur das Werk eines Schauspielers ist, der einen Part kreiert.

Neue Auszeichnung

John Malkovich hat in über 70 Filmen mitgewirkt. Neben der Eigenrolle in "Being John Malkovich" hat er schon als mörderischer Attentäter in "In the Line of Fire" und als intriganter Marquis in "Dangerous Liaisons" überzeugt.

Der "Excellence Award" wurde in Locarno erstmals im letzten Jahr vergeben. Die Auszeichnung ehrt das Werk eines von den Festivalmachern ausgewählten Schauspielers. John Malkovich ist damit der zweite Träger des Awards. 2004 erhielt ihn der Russe Oleg Menchicov.

(Roland Schäfli/news.ch)