Irak

Mehr als eine Million Iraker auf der Flucht

publiziert: Dienstag, 17. Jun 2014 / 16:43 Uhr / aktualisiert: Dienstag, 17. Jun 2014 / 17:18 Uhr
Ein Grossteil der Flüchtlinge macht sich auf in die kurdischen Autonomiegebiete im Nordirak - die als sicher gelten.(Symbolbild)
Ein Grossteil der Flüchtlinge macht sich auf in die kurdischen Autonomiegebiete im Nordirak - die als sicher gelten.(Symbolbild)

Erbil - Der Vormarsch von Dschihadisten im Irak hat im arabischen Raum eine neue Flüchtlingskatastrophe ausgelöst. Neben Millionen Syrern sind jetzt auch mehr als eine Million Iraker auf Hilfe angewiesen. Internationale Organisationen kommen kaum nach.

9 Meldungen im Zusammenhang
Innerhalb einer Woche eskalierte die Lage im Irak dramatisch. «Die Kämpfe um Mossul, Kirkuk, Tikrit, Ramadi oder Falludscha machen immer mehr Menschen obdachlos», sagt der Leiter der Mission der Ärzte ohne Grenzen (MSF) im Irak, Fabio Forgione. Seiner Einschätzung nach dürften inzwischen 1,2 Millionen Iraker auf der Flucht sein.

Die jüngste Flüchtlingswelle wurde mit der Einnahme der Millionenstadt Mossul durch die Terrorgruppe Islamischer Staat im Irak und in der Levante (ISIS) am vergangenen Dienstag ausgelöst. Inzwischen kämpfen Soldaten in grossen Teilen des Landes gegen Extremisten - auch wenige Dutzend Kilometer nördlich der Hauptstadt Bagdad.

Flucht in kurdische Autonomiegebiete

Ein Grossteil der Flüchtlinge macht sich auf in die kurdischen Autonomiegebiete im Nordirak - die als sicher gelten. «Die Behörden richten gerade vier Flüchtlingscamps ein», sagt Forgione. Doch die Hilfe laufe sehr langsam an. «Wir kämpfen, um die Grundbedürfnisse der Menschen zu erfüllen und sie mit Lebensmitteln, Unterkunft und Medikamenten zu versorgen.»

Sorgen bereiten MSF vor allem die chronisch Kranken. «Es gibt nur wenige Spitäler in der Region und die sind vollauf mit den Notfällen beschäftigt», betont der Missionsleiter.

Seine Teams versuchten nun, denen zu helfen, die durch die Kämpfe keinen Zugang mehr zu den von ihnen benötigten Medikamenten haben. «Aber es dürfte auch noch Tausende Familien geben, die im Moment gar keine humanitäre Hilfe erhalten.»

Es sind vor allem Iraker aus Mossul und der westlichen Provinz Anbar, die zunehmend auf Hilfe angewiesen sind. Die Vereinten Nationen gehen von rund 500'000 Flüchtlingen aus Mossul und 480'000 aus Anbar aus.

In Anbar begann die Krise schon vor Monaten. In einigen Gebieten hatten sich ISIS-Kämpfer bereits im Januar festgesetzt und eine Massenflucht der dortigen Bevölkerung ausgelöst.

Langwierige humanitäre Krise erwartet

Mandie Alexander, Notfallkoordinatorin der Internationalen Organisation für Migration (IOM) im Irak sieht die Situation pessimistisch: «Wir erwarten eine langwierige humanitäre Krise», sagt sie. «Die Lage verschlechtert sich rapide.»

Nach UNO-Angaben sind 200'000 Menschen aus Mossul in die Kurdenprovinz Dohuk geflohen. Weitere 100'000 hätten in Erbil Zuflucht gesucht. «Sie sind in Camps, Moscheen, Schulen und sogar bei entfernten Verwandten oder Bekannten untergekommen», sagt Alexander. Die Flüchtlingsorganisationen arbeiten mit Behörden in den kurdischen Gebieten zusammen, um die Menschen mit dem Nötigsten zu versorgen.

In Jordanien blieb der Zustrom von Flüchtlingen aus dem Nachbarland zunächst aus. In den Jahren 2006/2007, als im Irak schon einmal bürgerkriegsähnliche Zustände herrschten, war Jordanien eines der wichtigsten Aufnahmeländer.

Derzeit überquerten lediglich immer mal wieder einige Hundert Menschen die Grenze, sagt der Büroleiter der Hilfsorganisation World Vision in Jordanien, Steffen Horstmeier. «Aber sollten Tausende kommen, werden wir einigermassen gerüstet sein.» Nach Jordanien sind bereits mehr als eine Million Syrer geflüchtet.

(fest/sda)

Machen Sie auch mit! Diese news.ch - Meldung wurde von einer Leserin oder einem Leser kommentiert.
Lesen Sie hier mehr zum Thema
Obama will die 300 beratenden Soldaten ohne Zustimmung vom Kongress in den Irak schicken.
Washington - Nach dem Beschluss ... mehr lesen 1
Genf - Gewalt und Not wie in Syrien ... mehr lesen 1
In Syrien ist die Lage besonders schlimm.
Nach einem Treffen mit Top-Sicherheitsberatern im Weissen Haus äusserte sich Obama zu der momentanen Situation. (Archivbild)
Washington - Die USA sind bereit, im ... mehr lesen
Kirkuk - Die Dschihadistengruppe ISIS ... mehr lesen 1
Mehrere Soldaten sind offenbar bei den Kämpfen getötet oder verletzt worden.(Symbolbild)
Weitere Artikel im Zusammenhang
Kartenspiel der US-Streitkräfte mit den Meistgesuchten Saddam-Anhängern: Al-Duri (unten, 2. v. R.) macht ein blutiges Comeback.
Etschmayer Mitunter wünscht man sich, man ... mehr lesen
Bagdad - Die nordirakische Stadt Tal ... mehr lesen
Dutzende Kämpfer und Zivilisten wurden getötet. (Symbolbild)
Washington - US-Verteidigungsminister Chuck Hagel hat wegen der Irakkrise das ... mehr lesen
Die «USS Mesa Verde» hat 550 Marineinfanteristen an Bord.
Die...
Europäer werden sich noch die Augen reiben. Es ist derart augenfällig, wie die Dinge wirklich liegen. Der irakische Staat in seiner heutigen Form ist gescheitert.
Die Nagelprobe der westlichen Gesellschaften dürfte sein, wenn es darum gehen wird, die zu erwartenden Flüchtlingsströme aus Syrien und dem Irak zu absorbieren. Dann wird es nämlich nicht mehr um Kleinkram gehen. Auch die in Europa aufgewachsenen oder zugewanderten Religionskrieger sind eine Gefahr. Das alles ist brandgefährlich.
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
«Unsere Streitkräfte haben 460 Leute evakuiert», sagte ...
Gelungene Flucht  Nahe Falludscha - Hunderten Irakern ist am Freitag die Flucht aus der belagerten Stadt Falludscha gelungen. Es war nach irakischen Angaben die grösste Gruppe, die die seit Tagen umkämpfte Stadt verlassen konnte. Dort leben nach Schätzungen rund 50'000 Menschen. mehr lesen 
G7-Gipfel in Japan  Ise-Shima - Die G7-Staaten haben die Flüchtlingskrise als «globale Herausforderung» anerkannt und weltweites Wirtschaftswachstum als «dringende ... mehr lesen   1
Haider al-Abadi sagt der IS den Kampf an.
Unterstützung durch USA  Bagdad - Irakische Soldaten haben unterstützt von US-Luftangriffen mit einer Militäroperation zur Rückeroberung der Stadt Falludscha aus den Händen der Terrormiliz Islamischer ... mehr lesen  
Titel Forum Teaser
  • keinschaf aus Wladiwostok 2826
    belustigend peinlich Das kommt schon fast in die Nähe der Verwechslung von Oekonomie mit ... Mi, 28.12.16 01:21
  • Unwichtiger aus Zürich 11
    Grammatik? Wie kann Stoltenberg denn Heute schon wissen, welche Entscheidungen am ... Sa, 22.10.16 10:59
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Der phallophile Blick eines cerebrophoben Schäfleins! Frau Stämpfli schrieb am Ende ... Mo, 26.09.16 17:32
  • keinschaf aus Wladiwostok 2826
    phallophobe Geschichtsrückblicke "Und die grösste Denkerin des 21. Jahrhunderts? Verdient ihr Geld mit ... Sa, 13.08.16 17:48
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Alle Demonstranten gefilmt. Der Erdogan lässt doch keine Domo gegen sich zu! Die ... Di, 21.06.16 16:42
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Konzernrecht? Konzernpfusch! Was ist denn das? Konzerne werden vorwiegend von Vollidioten geführt. ... Fr, 10.06.16 17:49
  • Kassandra aus Frauenfeld 1781
    Das wird die Deutschen aber traurig machen. Wenn man keinen Flughafen und keinen Bahnhof ... Mi, 08.06.16 17:49
  • zombie1969 aus Frauenfeld 3945
    Der... Daesh (IS) kommt immer mehr unter Druck. Davon sind inzwischen auch ... Do, 02.06.16 19:22
Jonathan Mann moderiert auf CNN International immer samstags, um 20.00 Uhr, die US- Politsendung Political Mann.
CNN-News Was würde «Präsident Trump» tatsächlich bedeuten? Noch ist absolut nichts sicher, doch es ...
 
Stellenmarkt.ch
Der Remoteserver hat einen Fehler zurückgegeben: (500) Interner Serverfehler.
Source: http://www.news.ch/ajax/top5.aspx?ID=0&col=COL_3_1
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Sa So
Zürich 1°C 7°C trüb und nassleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen trüb und nass
Basel 3°C 9°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt, Regen
St. Gallen 1°C 5°C trüb und nassleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig starker Schneeregen immer wieder Schnee
Bern -1°C 7°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt, Regen
Luzern 2°C 7°C trüb und nassleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen trüb und nass
Genf 0°C 12°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wolkig, aber kaum Regen
Lugano 6°C 16°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig recht sonnig wolkig, aber kaum Regen
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten