NATO-Militärs besorgt über Bedrohung aus dem Datennetz
Brüssel - Gefahr geht nicht nur von Panzern oder Raketen aus: Die NATO sieht elektronische Angriffe aus dem Internet als ernsthafte Bedrohung. Den USA bereitet das Phänomen mittlerweile mehr Sorgen als der Terrorismus.
2007 wurde das NATO-Mitglied Estland massiv und gezielt aus dem weiten Datenkosmos angegriffen. Spätestens seither weiss man auch beim Nordatlantischen Bündnis, dass Gefahr nicht nur von Panzern, Raketen, Bomben oder Flugzeugen ausgeht. Allein im vergangenen Jahr registrierte die Nato rund 2500 Versuche, in das Internetsystem des Bündnisses einzudringen.
Nun hat es das Thema erstmals prominent auf die Tagesordnung eines Treffens der NATO-Verteidigungsminister geschafft. Die Minister beschlossen am Dienstag, dass die Vorbereitung auf elektronische Angriffe, gerne als «Cyberwar» oder «Krieg im Cyberspace» apostrophiert, künftig Teil der Verteidigungsplanung wird.
Das bedeutet: Militärische und politische Führer der NATO-Staaten werden künftig regelmässig nicht nur über Luftbetankung, Aufklärungsdrohnen oder über Raketenabwehr sprechen, sondern auch über elektronische Bedrohungen sowie mögliche Gegenmassnahmen.
Für US-Verteidigungsminister Chuck Hagel war es der erste Auftritt im Kreis der NATO-Kollegen, doch er hatte schon zuvor die Richtung vorgegeben, wenn auch aus der Ferne. Bei der Sicherheitskonferenz in Singapur hatte er in seiner Rede gleich 16 Mal das Wort «Cyber» in den Mund genommen.
Unter anderem hatte er sich - undiplomatisch und unverblümt - besorgt gezeigt über eine «zunehmende Bedrohung durch Cyber-Angriffe, von denen einige mit der Regierung und dem Militär Chinas zusammenzuhängen scheinen». Im Internet nähmen «die Bedrohungen unserer wirtschaftlichen Sicherheit, Unternehmen und industriellen Basis ständig zu».
Grössere Gefahr als Terrorismus
Die USA sehen in elektronischen Angriffen mittlerweile eine grössere Gefahr als im Terrorismus. «Lautlose, schleichende und hinterhältige Angriffe auf Stromnetze, Finanzmärkte und Verteidigungseinrichtungen gelte es abzuwehren», sagte Hagel. Bei der NATO in Brüssel müsse man sehen, wie man internationale Standards setzen und sich gegen elektronische Angriffe rüsten könne.
Die NATO hat 2008 in Estland ein Forschungszentrum für die Bekämpfung elektronischer Angriffe eingerichtet. Und im militärischen Hauptquartier in Mons arbeitet eine Abteilung rund um die Uhr daran, die NATO-eigenen Systeme vor dem Eindringen von Trojanern oder anderen Daten-Schädlingen zu schützen, die entweder Geheimnisse ausspionieren oder die Systeme lahmlegen könnten.
(fest/sda)
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