«New York Times»: Peking nimmt chinesischen US-Spion fest

Laut einem Bericht der «New York Times» vom Samstag wurde der Mann bereits im Februar inhaftiert. Die Regierungen beider Länder schwiegen zunächst über den Vorfall, eine Bestätigung gab es nicht.

Laut Medienberichten aus Hongkong soll der Agent ein enger Mitarbeiter eines Vizeministers für Staatssicherheit gewesen sein. Er habe jahrelang Kontakte zum US-Geheimdienst CIA gehabt, berichtete das Magazin «New Way». Der Vizeminister, dessen Name nicht genannt wurde, sei seines Dienstes enthoben worden.

In CIA-«Liebesfalle» getappt

Angeblich wurde der mutmassliche Spion während seines Studiums in den USA über eine sogenannte «Liebesfalle» vom US-Geheimdienst CIA angeworben. Der Zeitschrift zufolge war der Mann als Sekretär des Vizeministers «mit Chinas Top-Geheimnissen betraut».

Welche Informationen der mutmassliche Spion den USA tatsächlich übermittelte, ist laut «New York Times» unklar. Unter Berufung auf einen anonymen US-Regierungsvertreter hiess es, die chinesischen Behörden hätten den Mann im Zuge der Ermittlungen zur Ermordung eines britischen Geschäftsmanns festgenommen.

Keine Bestätigung

Chinas Staatschef Hu Jintao sei «schockiert und wütend» über den Vorfall, berichtete «New Way». Er habe eine umfassende Untersuchung angeordnet.

US-Aussenministerin Hillary Clinton äusserte sich zunächst nicht zu dem Fall. Während einer Reise nach Norwegen erklärte sie am Freitag, obgleich die USA und China häufig unterschiedlicher Meinung seien, hätten sie erhebliche gemeinsame Interessen.

«Es ist noch nie vorgekommen, dass eine bereits existierende und eine aufsteigende Grossmacht einen Weg gefunden haben, nicht nur miteinander auszukommen, sondern auch zu kooperieren», zitierte die «New York Times» Clinton. «Wir möchten mit unserer Beziehung zu China Geschichte machen.»

Grösster Spionagefall seit 1986

Sollten sich die Spionage-Berichte als zutreffend erweisen, wäre es der grösste bekanntgewordene Spionagefall zwischen beiden Ländern seit 1985, als der chinesische Geheimdienstmitarbeiter Yu Qiangsheng zu den Amerikanern überlief.

Erst kürzlich hatte die Flucht des chinesischen Bürgerrechtlers Chen Guangchengs in die Pekinger US-Botschaft die diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern auf eine harte Probe gestellt. Chen war vor zwei Wochen in die USA ausgereist.

(asu/sda)