Ode an Hunter

publiziert: Dienstag, 22. Feb 2005 / 10:05 Uhr / aktualisiert: Dienstag, 22. Feb 2005 / 12:38 Uhr

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Er starb, wie er gelebt hatte. Schnell und ohne Furcht. Am Sonntagabend nahm sich Hunter Stockton Thompson das Leben. Er hinterlässt ein journalistisches Erbe, das seinesgleichen sucht. Die Objektivität, oberstes Kredo unter den etablierten Journalisten, hat er gleich zu Beginn seiner Karriere in den Wind geschossen. Er erfand Anfang der Siebzigerjahre den "Gonzo Journalismus", jene Art von Berichterstattung, die sich mit Leib und Seele der Selbstinszenierung des Autors widmet.

Von Schriftstellern wie William S. Burroughs oder Jack Kerouac inspiriert, experimentierte er in den Sechzigerjahren mit Drogen aller Art und verschaffte sich somit in der Gegenkultur der damaligen Zeit einen festen Platz.

Quasi per Zufall schuf er einen Stil, der die Art zu schreiben vieler Journalisten für immer verändern würde. Als er in einem Hotelzimmer in Las Vegas zu "stoned" war, um einen anständigen Bericht über ein Motorradrennen zu verfassen, begann er einfach die Seiten seines Notizheftes rauszureissen und zu nummerieren und faxte sie seinem Verleger mit der Gewissheit, damit den letzen Artikel seinen Lebens geschrieben zu haben.

Die psychedelische Schreibe des jungen Hunter kam aber beim Rolling Stone Magazin gut an und so berichtete er 1972 vom Wahlkampf Nixon-McGovern aus Washington. Wiederholt nannte er den amtierenden Präsidenten Richard M. Nixon einen "Bastard, mieser Ganove und gnadenloser Kriegsverbrecher".

Seine periodisch im Rolling Stone erscheinenden Kommentare wurden nicht nur von Seiten der Demokraten geschätzt, sondern auch von etablierten Zeitungen wie der New York Times. Dabei richtete sich seine Anti-Establishment-Haltung gegen jegliche Gier- und Herrschsucht, gegen alle Formen von heuchlerischem Besserwissertum.

Sprachlich entwickelte er jenen rastlosen, auf grammatikalische Konventionen pfeifenden Stil, der nur von Wenigen später so makellos imitiert werden sollte. Im deutschsprachigen Raum ist Helge Timmerberg wohl der Einzige, der den Titel "Hunter-Pendant" verdient hätte.

Jahrzehntelang schrieb er über den Tod des amerikanischen Traums, jener Idee von einer freien, von Krieg und Habsucht befreiten Welt. In den Achtzigern prangerte er die Verderbtheit und Dekadenz der nutzlosen, neuen Generation an. Bis weit in die Neunzigerjahre hinein blieb er ein scharfer Beobachter von sozialen Missständen, vor allem in seinem Amerika.

Denn Hunter S. Thompson war auch ein Patriot, der sich aber von seinem Land im Stich gelassen fühlte und so den ganzen Dreck wieder dem Absender zurückgab, mit einer zusätzlichen Ladung drauf. Sein Mix aus Realität und Fiktion, zwischen Journalismus und Literatur, hat den Weg für den "New Journalism" geebnet.

Von Sachzwängen und Regeln befreit, erhielt er bis zuletzt eine Idee am Leben, für die er seine ganze Existenz gab. Seine Wildheit und Unberechenbarkeit schreckte vielleicht Viele ab, jedoch galt er unter seinen Freunden als sehr humorvoller und umgänglicher Typ. Noch am 15. Februar schrieb er in einer Kolumne für ESPN, er habe mit dem Schauspieler Bill Murray ein neues Spiel namens "Shotgun Golf" erfunden, wonach man mit dem Gewehr auf einen Golfball schiesst, der vom Gegner gerade Richtung Grün befördert wurde.

Thompson war vielleicht ein Waffennarr, ein drogenverherrlichender Alkoholiker und Agitator. Aber er war vor allem ein herausragender Schriftsteller und Journalist.

(von Maurizio Minetti/news.ch)

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