Offenes Spiel am Fuss der Alpen

publiziert: Montag, 17. Jul 2006 / 11:20 Uhr / aktualisiert: Montag, 17. Jul 2006 / 16:22 Uhr

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Hushovd, Hincapie, Boonen, Honchar, Dessel, Landis und Pereiro. So umkämpft wie in diesem Jahr war das Gelbe Jersey des Führenden der Tour de France schon lange nicht mehr, was durch die sieben bisherigen Träger schon angedeutet wird. Und so offen und spannend wie in diesem Jahr war das Rennen seit womöglich mehr als einem Jahrzehnt nicht. Alle designierten Top-Favoriten wurden im Vorfeld durch den Skandal um den Sport-Frankenstein Fuentes aus dem Rennen eliminiert.

Wie in einem Wald, in dem alte Bäume gefällt werden, wieder junge Gewächse dem neuen Licht entgegen streben, bewirkte auch dieser Kahlschlag erstaunliches. Manche Mannschaften – wie T-Online und CSC müssen - ihres Captains beraubt – eine neue Hierarchie finden. Manche Fahrer – bis anhin rein zu Helferdiensten verdammt – zeigen plötzlich Eigeninitiative und erstaunliche Talente.

Doch auch Teams, die keinen Stiefel aus dem Dopingsumpf heraus gezogen haben, präsentieren sich plötzlich kämpferisch und wie ausgewechselt. Die Top-Teams können angegriffen werden, denn es gibt keinen Patron mehr im Feld, der mit einem Machtwort dem Rennen seine Disziplin aufzwingen könnte. Kein Armstrong, kein Indurain, kein Hinault, die für Ordnung und Langeweile sorgen würden, um ihren Triumph schon nach den ersten Bergetappen sicher zu stellen.

So ist heute Montag Ruhetag, in Gap noch alles offen und es herrscht berechtigterweise Hochspannung vor der Bergankunft auf der Alp d'Huez und den folgenden, zwei schweren Bergetappen. Und der Fragen sind gar viele.

Zum Beispiel, wie klug beraten das Schweizer Phonak Team war, sein gelbes Jersey praktisch kampflos auf dem Weg nach Montélimar aufzugeben. Das Argument dafür war, keine Kräfte vor den Alpen zu vergeuden und der Hinweis darauf, dass der neue Spitzenreiter, Oscar Pereiro, gegen den Phonak-Captain Floyd Landis sowieso keine Chance habe, wenn es wieder in die Berge gehe.

Nun stimmt es wohl, das Pereiro in den Pyrenäen bei der Bergankunft praktisch seinen gesamten, riesigen Rückstand eingesackt hatte. Aber letztes Jahr war Pereiro – noch in den Farben Phonaks – in den Bergen einmal Etappenzweiter und er gilt eigentlich als Spezialist fürs Gebirge. Möglich, dass er auf dem Weg zum Pla-de-Beret einfach einen 'jour sans' hatte, einen dieser Tage, an denen nichts läuft. Normalerweise eliminiert ein solcher Tag einen Bewerber aus dem Gesamtklassement – doch Phonak verpasste diese Chance.

Selbst wenn Pereiro erwartet schwach sein sollte, lauern auf Landis noch viele Gegner, die auch scharf auf 'das Gelbe' wären.

Da wäre Andreas Klöden, vor 2 Jahren zweiter in Paris und mit stark ansteigender Form nach einer Verletzung im Frühjahr. Es wäre DIE Gelegenheit für ihn, sich als Ullrich-Nachfolger zu etablieren. Oder der Spanier Carlos Sastre - der Mann, der sich bis anhin immer seine Lunge für den gesperrten Giro-Sieger Ivan Basso aus dem Leib gestrampelt hat – auch er könnte endlich selbst im Scheinwerferlicht stehen. Der Australier Cadel Evans wäre sicher auch froh, endlich mal den Nimbus des ewigen Talents abstreifen zu können und – wer weiss? - erster Australischer Tour-Sieger zu werden. Auch der Russe Dennis Menchov liegt noch vielversprechend im Rennen und ist einer der stärksten am Berg. Diese Leute liegen alle weniger als drei Minuten hinter Landis, doch haben auch einige andere ihre Ambitionen noch nicht aufgegeben.

Levi Leipheimer will sich nach seinem katastrophalen Zeitfahren immer noch Rehabilitieren und Yaroslav Popovitsch, der Ukrainer im Dienste der einstigen Armstrong-Mannschaft ist zwar der Beste seines Teams, aber als Superstar in Spe müsste er noch etwas mehr bieten.

Wenn morgen der Erste über die Ziellinie in Alpe d'Huez rollt, wird sich der Nebel vielleicht etwas gelichtet haben. Es ist aber genauso gut möglich, dass alles noch enger, noch spannender, noch dramatischer sein wird. Wer sich von der Tour abgewendet hat, verpasst womöglich das spannendste Rennen seit sich Greg Lemond und Laurent Fignon 1989 bis zum letzten Tag bis aufs Messer bekämpft haben. Also – einschalten und geniessen... denn hier gibt es weder Unentschieden noch Elfmeterschiessen!

(von Patrik Etschmayer/news.ch)

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