Opposition nach der Wahl vor dem Aus

publiziert: Montag, 3. Dez 2007 / 22:56 Uhr / aktualisiert: Montag, 3. Dez 2007 / 23:42 Uhr

Moskau - Mit ihren handgemalten Plakaten, trotzigen Reden und ihrer inneren Zerstrittenheit ähnelt die Opposition in Russland derzeit stark den Regimekritikern aus der Zeit der Sowjetunion.

Die Opposition kann nicht mobilisieren, Boris Nemzow von der SPS hatte zuletzt nur Durchhalteparolen zu bieten.
Die Opposition kann nicht mobilisieren, Boris Nemzow von der SPS hatte zuletzt nur Durchhalteparolen zu bieten.
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Ihren Anhängern droht permanent die Gefahr, bei einer Protestveranstaltung in einem Polizeiwagen zu verschwinden. Weitere Unterstützer im Kampf gegen Präsident Wladimir Putin zu gewinnen, fällt den Kreml-Kritikern dementsprechend schwer.

Experten gehen davon aus, dass der Misserfolg der Putin-Gegner bei den Parlamentswahlen am Sonntag nun ihren endgültigen Niedergang eingeleitet hat. «Ich fürchte, dass sie erledigt sind», sagte Mascha Lipman vom Moskauer Carnegie Center, einer politischen Expertengruppe.

Während Putins Partei Einiges Russland mit rund 64 Prozent die absolute Mehrheit in der Duma gewann, kamen die beiden bekanntesten Kreml-kritischen Parteien, die Union der Rechten Kräfte (SPS) und Jabloko, laut dem vorläufigen Endergebnis nur auf 1 und 1,6 Prozent der Stimmen. Sie scheiterten damit deutlich an der 7-Prozent-Hürde.

Parteilose am Ende

Zusätzlich verloren unabhängige regierungskritische Abgeordnete mit dem neuen Wahlgesetz, das parteilose Kandidaten verbietet, den Sitz im Parlament. Einzig die Kommunistische Partei schaffte es als Opposition neben drei Kreml-treuen Gruppierungen in die Duma. Aber auch sie sympathisiert in vielen Bereichen mit dem Kurs von Putin.

Die Opposition kämpft als bunt zusammengewürfelter Haufen gegen einen Präsidenten, der neben dem Parlament auch die Grossunternehmen sowie die meisten Medien beherrscht. Die Journalistin Julia Latynina vom Radiosender Moskauer Echo nennt die Oppositionellen auch die neuen «Dissidenten».

Kasparows Kampf

Wie zu Sowjetzeiten seien sie machtlos, grösstenteils unbeliebt, aber oft sehr mutig. Ein typisches Beispiel sei der frühere Schachweltmeister Garri Kasparow, dessen Bündnis Anderes Russland bei den Wahlen nicht zugelassen wurde und der vor dem Urnengang fünf Tage im Gefängnis verbrachte.

Er ist einer von mehreren Kreml-Kritikern, die voraussichtlich bei den Präsidentschaftswahlen am 2. März chancenlos gegen Putins Wunschkandidaten ins Rennen gehen werden. Ebenso wenig Aussicht auf Erfolg haben der frühere Ministerpräsident Michail Kassjanow und der im Exil lebende Wladimir Bukowski.

Nur Durchhalteparolen

Das liegt auch daran, dass sie oft nicht mehr als Durchhalteparolen zu bieten haben: «Unser Volk wurde beraubt. (Putin) ist kein Staatsführer», erklärte Boris Nemzow von der SPS unlängst. «Deshalb werden wir als Widerstandsbewegung der Bürger an den Präsidentschaftswahlen teilnehmen.»

Dem Moskauer Echo sagte Nemzow am Montag, seine Partei sei bereits in Gesprächen mit anderen Vertretern der «demokratischen Opposition», darunter Kasparow und der exzentrische Schriftsteller Eduard Limonow, der die Nationalen Bolschewisten anführt.

Doch diese Männer scheinen unfähig, sich zusammen zuschliessen und viele Menschen zu mobilisieren. Selbst bei gemeinsamen Protestkundgebungen, die regelmässig von Sicherheitskräften aufgelöst werden, lockt die Opposition höchstens 5000 Menschen an. Die offene Kritik an Putin erscheint vielen als zu gefährlich.

(Sebastian Smith/afp)

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