Oscar und Paris, ungleiche Geschwister

publiziert: Montag, 26. Feb 2007 / 12:30 Uhr / aktualisiert: Montag, 26. Feb 2007 / 23:17 Uhr

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Wenn die jährliche Oscar-Gala für eines gut ist, dann dafür, dass danach etliche Kommentatoren meinen, die falschen Filme und Filmer seien ausgezeichnet worden. Es ist dies die viel geschätzte Möglichkeit für Leute, die niemals ein Oscar-Stimmrecht erhalten werden, zu zeigen, dass sie viel besser dort dabei wären als die Idioten, die abstimmen dürfen.

Auch in diesem Jahr wurden bereits am Morgen nach der grossen Hollywood-Sause wieder erste nölige Bemerkungen gemacht, wo die Oscars ihr Ziel verfehlt hätten. Was natürlich Blödsinn ist. Die Acadamy Awards zeigen nur eines: Den Geschmack der Mitglieder der «Academy of Motion Pictures Arts and Sciences». Und über Geschmack zu streiten... naja.

Das Thema ist trotzdem zu saftig, um es nicht in einer Kolumne zu verheizen, weshalb der Autor im Folgenden auf einige der wichtigsten Oscars eingeht, darauf, warum hiesige Kommentatoren meinten, sie seien an die Falschen gegangen, und warum diese Ansicht wiederum falsch ist...

Bester fremdsprachiger Film: «Das Leben der Anderen», Deutschland. Die einzige Alternative zu Henckel von Donnersmarcks Film ist «Pans Labyrinth» gewesen, der mit seiner Kritik an der faschistischen Vergangenheit Spaniens und seiner surrealen Erzählart wesentlich mehr aktuelle Probleme anspräche und auch filmisch höher stehe. Das ist natürlich Quatsch. Sicher, auch «Pans Labyrinth» ist ein toller Film, aber es ist eine Krankheit der vor allem links der Mitte angesiedelten Medienschaffenden zu glauben, es sei wichtiger, faschistischen als kommunistischen Terror zu kritisieren. Jedes totalitäre Regime ist schlecht und eine bedrückende Realität überzeugend zu schildern ist womöglich noch schwerer als das Ausweichen auf surreale Sinnbilder.

Beste Nebenrollen: Es gewannen zwei Mal Aussenseiter, wobei Alan Arkin endlich für seine unermüdliche, tolle Arbeit in unzähligen Streifen belohnt wurde. Seit Jahrzehnten liefert er – meist in kleineren Filmen – tolle Leistungen ab. Ganz im Gegensatz zu dem von vielen favorisierten Eddie Murphy, der in «Dreamgirls» seit Jahrzehnten das erste Mal wieder eine gute Leistung lieferte. Murphy kommt, wenn er dran bleibt, schon noch zum Zug. Immerhin räumte ja seine Filmpartnerin Jennifer Hudson ab. Vieler Leute Meinung nach unverdient, denn da war auch noch Cate Blanchett mit ihrer gefallenen Lehrerin aus «Notes on a Scandal» im Rennen. Und Cate lieben schlichtweg alle, weil sie einfach immer gut ist. Der Haken daran: das überrascht niemanden mehr. Blanchet könnte jedes Jahr einen Oscar kassieren und das wird sie auch noch genug oft tun. Hudson hingegen explodierte geradezu in die Szene hinein und es tut gut, auch mal Leute auf dem Podium zu haben, die nicht nur gut sind, sondern die einen mit ihrer Qualität auch überraschen. Hudson hat einen Oscar des Herzens bekommen, und das ist gut so.

Beste männliche Hauptrolle: Forest Whitaker, «The Last King of Scottland». Die Wenigen, die es wagen, diese Herkules-Arbeit von Whitaker zu kritisieren, sind tatsächlich auf verlorenem Posten. Peter O'Toole nur aus Mitleid einen Oscar zu geben (OK, er war auch schon acht Mal nominiert) hätte im Angesicht Whitakers Performance nicht funktioniert. Ebenso eindeutig war eigentlich Hellen Mirrens Auszeichnung als beste weibliche Hauptrolle für ihre Darstellung der Queen im Film «The Queen». Wenigstens zwei wichtige Kategorien, an denen niemand was zu meckern hat. Bester Regisseur und bester Film: Martin Scorsese für «The Departed». Hier waren die Klagen noch erstaunlicher. Man fragte sich, warum Martin Scorseses Gangsterdrama so hoch ausgezeichnet wurde, wo doch mit Inarritus «Babel» und Eastwoods «Letters from Ivo Jima» wesentlich globalere Filme zur Auswahl standen. Doch macht das allein Filme schon besser? Sicher – die Welt wird globalisiert – aber am Ende ist es unser täglicher Kampf um unsere Identität in einer feindlichen Welt, die unser Leben bestimmt, was in «The Departed» ganz extrem gezeigt wird. Zudem musste Martin Scorsese endlich den Oscar bekommen. Nach sieben Nominationen, war er jetzt endgültig fällig. Inarritu ist noch jung und Eastwood hat seine Oscars schon längst bekommen.

Sehen Sie? Alle Oscars sind an die richtigen Leute und Filme gegangen. Und wenn Sie eine andere Meinung wie der Kolumnist haben, dann ist das auch gut so, denn seien wir ehrlich: Die Oscars sind wie Paris Hilton. Sie irritieren, sie nerven – ganz egal, wer sie bekommt – aber sie lassen einen irgendwie nicht kalt, obwohl das eigentlich das einzig Vernünftige wäre.

(von Patrik Etschmayer/news.ch)

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