Politiker-Mord schockiert Bevölkerung

publiziert: Dienstag, 18. Okt 2005 / 15:04 Uhr

Selbst die Mafia schlägt selten mit solch kalter Präzision zu: Die Killer im kalabresischen Locri hatten den Regionalpolitiker Francesco Fortugno seit längerem verfolgt, doch für ihre Bluttat wollten sie Zeugen.

Francesco Fortugno galt als «sauberer Politiker» heisst es.
Francesco Fortugno galt als «sauberer Politiker» heisst es.
Eine bessere Bühne für die Ermordung des Linkspolitikers als die «Primaries», die Vorwahlen der italienischen Linksparteien, gab es zur Zeit nicht. Fünf Mal drückten die Täter ab, mitten im Wahllokal, jeder konnte zuschauen.

«Der Mord sollte eine Botschaft an die Politiker sein», schreiben italienische Zeitungen. Die Botschaft heisst: Widersetzt Euch nicht der Mafia! Viele Menschen in Italien sind schockiert.

Zugeschlagen hatte die Ndrangheta, wie die Mafia in Kalabrien heisst. Nicht-Italiener kennen in Sachen Mafia meist nur die Cosa Nostra auf Sizilien und die Camorra in Neapel, Kalabrien gilt eher als unberührtes Strandrefugium. Doch hinter der Idylle tobt der Krieg der Ndrangheta: Immer häufiger werden Politiker unter Druck gesetzt, erhalten Morddrohungen. Es geht um Herrschaft in der Region.

Politiker machtlos

Beliebteste Mittel zur Einschüchterung: Die Politiker-Autos in die Luft sprengen. Innenminister Giuseppe Pisanu räumt öffentlich ein, die Lage sei kritisch.

Die Politiker in der Region sind machtlos. Als er vor Jahren gewählt wurde, habe er gedacht, etwas ändern zu können, sagt Rocco Mustaca, Bürgermeister in der Gemeinde Casignana. «Dabei sind wir es, die sich ändern.»

Die Angst geht um

Auch bei einer Versammlung von Regionalpolitikern und Bürgermeistern geht die Angst um. «Am besten, wir treten alle zurück», sagt einer der Männer, «und geben unsere Stadtschlüssel in Rom ab». Unternehmersprecher Filippo Callipo fordert den Einsatz des Militärs, andere Kollegen wandern schon aus Kalabrien ab.

Nach bisherigen Ermittlungen musste der Politiker und Arzt Fortugno sterben, weil er sich den lukrativen Geschäften der Ndrangheta im Gesundheitswesen widersetzte. «Fortugno galt als sauberer Politiker», heisst es.

Als Mitglied des Regionalrates und Arzt habe er Einfluss auf die Vergabe von Aufträgen gehabt, da wollte die Mafia kein Risiko eingehen, heisst es. Derzeit steht in Locri ein Auftrag in zweistelliger Millionenhöhe an.

54 Milliarden Umsatz im Jahr

Mafia-Experten glauben, der Griff der Ndrangheta sei fester und grausamer als der von Cosa Nostra und Camorra. Umgerechnet 54 Milliarden Franken Umsatz verbuchen die kalabresischen «Paten» im Jahr, 70 Prozent der Geschäfte und Unternehmen in Reggio Calabria zahlten den «pizzo», das «Schutzgeld».

Die Mailänder Zeitung «Corriere della Sera» schreibt am Dienstag, 112 Clans seien in Kalabrien aktiv - 27 Prozent der Bevölkerung seien auf die eine oder andere Art mit ihnen verbunden. Es sei die Armut, die die Menschen in die Arme der Bosse treibt.

(Peer Meinert/dpa)

 
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