Pornotainment

publiziert: Freitag, 12. Mrz 2010 / 09:34 Uhr / aktualisiert: Freitag, 12. Mrz 2010 / 16:29 Uhr
Regula Stämpfli an einer Lesung in Amriswil
Regula Stämpfli an einer Lesung in Amriswil

Hollywood hat bei seinen Oscarverleihungen wieder einmal sämtliche entwürdigende Klischées und Pornotainment-Widerlichkeiten zelebriert. Das Unbehagen wurde nicht kleiner, nur weil zum ersten Mal eine Regisseurin den begehrten Gold-Kastratenmann heimtragen konnte.

2 Meldungen im Zusammenhang
Weiterführende Links zur Meldung:

Penthesilianisch?
Infos zur Amazone Penthesilia auf Wikipedia
wikipedia.org

Die teuerste Domina
Der Tagi-Artikel mit dem betreffenden Zitat
tagesanzeiger.ch

Im Gegenteil. Kathryn Bigelow, gemäss TagesAnzeiger „die teuerste Domina der Welt“, schlug ihren Ex-Mann Cameron mit einem Machowerk erster Güte. 

In «Hurt Locker» setzt sich ein Bombenentschärfer des US-Militärs über jede menschliche, demokratische und militärische Regel hinweg, um seiner Sucht nach dem Ticken der Bomben in der Todeszone zu frönen. Bigelow inszeniert den Natural Born Killer so wie Leni Riefenstahl ihre triumphgeschwängerten Nazijungs. Die weinerlichen Massen, sprich Menschen mit Sinn für Demokratie, Reden, Aushandeln, Mitgefühl, Doppelbödigkeit à la Festen von Dogma werden mit gewaltigem weiblichen Härteprinzip weggefegt.

Die Jungs oder eben Ex-Männer à la Cameron, die keine Dialoge, dafür schöne Bilder und sehnsuchtsvolle Stories, kombiniert mit jugendlich-frischer Technik à l'Avatar inszenieren, können gegenüber dieser penthesilianischen Wucht nur noch den Schwanz einziehen. Das ist der Feminismus, der uns allen zu blühen droht, sehr verehrte Damen und Herren! Es ist keine Gleichstellung mit flachen Hierarchien, ökotopischen Idealen, freiheitlicher Kreativität und sinnlicher Humanität, gepaart mit einer warenunabhängigen Erotik. Nein! Es ist eine Frauenunternehmergesellschaft, welche die Welt ausschliesslich in Macher und in Loosers einteilt. Wenn François Truffaut noch meinte, Kino als „Frauen-Kunst“ definieren zu können, um vor allem das Weibliche zu preisen und zu verteidigen, macht Bigelow mit einer schockierenden martialischen Wucht genau das Gegenteil. Ihr Kino ist erstickende patriarchale Kultur, gepaart mit einem grossen Vernichtungswillen gegen alles Weibliche.

Mädchen, Jungs und Frauen, die vor dieser Härte – schauen Sie sich nur den Kinnladen von Bigelow genauer an – zittern, eignen sich in einem solchen Kino-Welt-Bild wohl nur noch knapp zu kleinen Stunts in Pornofilmen, die in letzter Zeit übrigens gerne von Frauen à la Madonna im Alter zwischen 50 und 60 inszeniert werden.

Das ist die Welt einiger wichtiger Powerfrauen in den USA. Gipfel des Zynismus ist, diese Welt auch noch „feministisch“ zu nennen. Kontrolliert, perfekt gestylt, machomässig durchtrainiert mit Oberarmen wie Michelle Obama, ausgestattet mit einem testosteronverdächtigen Kinn, das höchstens durch aufgepumpten Silikonbusen kompensiert wird, orchestrieren diese Frauen Medienimperien, multinationale Unternehmen und Grossbanken. Selbstverständlich tun sie dies nur im Singular (d.h. vereinzelt), da sie noch etwa 10 Jahre warten müssen, bis diese Art von US-Frau mit Stahlpanzer genügend sogenannt weiblichen Nachwuchs herangezogen hat. Dann werden die Bigelows, die Palins, die Madonnas, die Sharon Stones etc. dieser Welt nicht nur die USA heimsuchen, sondern wahrscheinlich als Schwiegertöchter mit unseren Söhnen in unseren Wohnzimmern sitzen.

Die Oscarnacht glich einem feministischen Albtraum, der Simone de Beauvoir dazu gebracht hätte ihr deuxième sexe in den Mülleimer zu schmeissen. Neben Bigelow gewannen nämlich noch Sandra Bullock und Mo’Nique. Die Stories hinter diesen Frauen? Da eine Mama aus der Hölle, die sogar noch eifersüchtig auf die vom Vater geschwängerte Tochter ist (!); da die Football-Mom aus dem (anti)christlichen Evangelistensüden, die ein dickliches, schwarzes Strassenkind (beachte Genus!) zum Profiplayer hoch trimmt.

Die kluge Autorin Ute Scheub beschreibt messerscharf und klar, weshalb die gegenwärtige Krise der Männer gefährlich für alle Menschen, insbesondere natürlich für die Frauen ist. Mit Blick auf die USA, die Strip-und Pornokultur eines völlig entwürdigten und sich selbst entwürdigenden Frauenbilds sowie Frauen à la Bigelow sollten Ute Scheub schleunigst zum nächsten Buch führen: Heldinnendämmerung. Denn die Bigelows sind mittlerweile nicht nur in Hollywood, leider. Ich traf eine davon erst kürzlich in der Europäischen Kommission... und lecke jetzt noch meine Wunden.

Die einzige Hoffnung letzten Sonntag bot, staun staun: ein deutscher, weisser Mann mit schütterem Haar: Christoph Waltz, dessen Humanität und schauspielerisches Können sowie unschlagbarer Witz wohl leider nicht nur in der Oscarnacht das aussterbende europäische Überbleibsel menschlich orientierter Emanzipation darstellte.

(Regula Stämpfli/news.ch)

Lesen Sie hier mehr zum Thema
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
Frauenrechtlerin Ada Wright in London, 1910: Alles könnte anders sein, aber nichts ändert sich.
Frauenrechtlerin Ada Wright in London, 1910: ...
«Männer stimmten für Hofer, Frauen für Van der Bellen» titelte die FAZ nach dem Wahlkrimi in Österreich. «Warum wählen junge Männer so gern rechts?» fragte jetzt.de einen Soziologen. «Duh» war meine erste Reaktion, hier ein paar weitere. mehr lesen 3
Gewinnorientierte Unternehmen wie der ORS machen aus der Flüchtlingshilfe ein Geschäft. Das Rote Kreuz und die Caritas, die gemeinnützig sind und seit Jahren über grosse Erfahrung in der Betreuung von Menschen auf der Flucht ... mehr lesen
Flüchtlinge (hier in Mazedonien): Mit Gewinnziel zu verwaltende Konkursmasse oder doch Menschen?
Armeechef Blattmann: bedenklicher Umgang mit demokratischen Grundrechten.
Korpskommandant André Blattmann wird von den Mainstreammedien der «Beleidigung» bezichtigt. Er nannte den Rundschau-Chef Sandro Brotz, «Sandro Kotz.» Wer meint, dies sei nur ... mehr lesen  2
«Bist Du nicht willig, stimmen wir ab.» So lautet die Devise der unschweizerischen bürgerlichen Mehrheit seit den Wahlen im Herbst 2015. «Wie schamlos hätten Sie es ... mehr lesen   2
Der Nationalrat - seit 2016 absolut schamlos.
Typisch Schweiz Der Bernina Express Natürlich gibt es schnellere Bahnverbindungen in den Süden, aber wohl ...
Highlight der Kollektion: Eine Gibson Les Paul von 1959, die 300.000 bis 500.000 Pfund einbringen soll.
Shopping Mark Knopfler verkauft seine Gitarrensammlung Die Gitarrensammlung vom Dire Straits-Gitarristen Mark Knopfler wird am 31.01.2024 bei Christie's versteigert.
Erstaunliche Pfingstrose.
Jürg Zentner gegen den Rest der Welt.
Jürg Zentner
Frauenrechtlerin Ada Wright in London, 1910: Alles könnte anders sein, aber nichts ändert sich.
Regula Stämpfli seziert jeden Mittwoch das politische und gesell- schaftliche Geschehen.
Regula Stämpfli
«Hier hätte ich noch eine Resistenz - gern geschehen!» Schematische Darstellung, wie ein Bakerium einen Plasmidring weiter gibt.
Patrik Etschmayers exklusive Kolumne mit bissiger Note.
Patrik Etschmayers
Obama in Hanoi mit der Präsidentin der Nationalversammlung, Nguyen Thi Kim Ngan auf einer Besichtigungstour: Willkommenes Gegengewicht zu China.
Peter Achten zu aktuellen Geschehnissen in China und Ostasien.
Peter Achten
Recep Tayyp Erdogan: Liefert Anstoss, Strafgesetzbücher zu entschlacken.
Skeptischer Blick auf organisierte und nicht organisierte Mythen.
Freidenker
 
Stellenmarkt.ch
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Mi Do
Zürich 4°C 11°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt, Regen
Basel 5°C 12°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig trüb und nass wechselnd bewölkt, Regen
St. Gallen 2°C 9°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig trüb und nass starker Schneeregen
Bern 4°C 10°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen starker Schneeregen
Luzern 6°C 12°C wechselnd bewölkt, Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig trüb und nass wechselnd bewölkt, Regen
Genf 8°C 12°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wolkig, aber kaum Regen
Lugano 12°C 18°C recht sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig recht sonnig wechselnd bewölkt
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten