Putin: Regierungswechsel als Wahlkampfauftakt

publiziert: Donnerstag, 13. Sep 2007 / 09:38 Uhr

Moskau - Erst präsentierten Russlands Militärs eine neue «Wunderwaffe», dann liess Wladimir Putin die politische Bombe platzen. Er entliess die Regierung von Ministerpräsident Michail Fradkow und gab damit den Startschuss für die Wahlen in Russland.

In acht Jahren an der Macht hat Putin seinen Einfluss so weit ausgebaut, dass er praktisch allein die Weichen stellen kann.
In acht Jahren an der Macht hat Putin seinen Einfluss so weit ausgebaut, dass er praktisch allein die Weichen stellen kann.
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Dieser Schritt war erwartet worden. Putins Personalentscheidung für die Fradkow-Nachfolge - der Finanzexperte Viktor Subkow - liefert jedoch nur wenig Anhaltspunkte für den Stabwechsel im Kreml 2008. Der Staatschef will sich für die Präsidentschaftswahl offenbar noch nicht in die Karten schauen lassen.

Der entlassene Fradkow zeichnete sich als reiner Befehlsempfänger ohne eigene politische Ambitionen aus. Auch sein designierter Nachfolger gilt nur als Übergangslösung und im Rennen um die Nachfolge Putins als aussichtslos.

«Er ist ein Beamter und kein Politiker», charakterisierte der Radiosender «Echo Moskwy» Subkow. Man fragte sich aber, wieso dann der farblose Fradkow gegen den unbekannten Subkow ausgetauscht werden muss.

Putin stellt Weichen allein

Allgemein wird vermutet, dass der neue Präsident sich ebenso wie Putin - zumindest für ein paar Monate - im Amt des untergeordneten Regierungschefs bewähren muss. Ex-Präsident Boris Jelzin hatte Ende der 1990er Jahre gleich mehrere Regierungschefs «getestet», ehe er Putin den Weg in den Kreml freimachte.

In acht Jahren an der Macht hat Putin seinen Einfluss so weit ausgebaut, dass er praktisch allein die Weichen stellen kann. «Die Duma-Mehrheit würde für jeden von Putin vorgeschlagenen neuen Regierungschef stimmen, auch wenn es Che Guevara oder (der russische Popsänger) Filipp Kirkorow wäre», sagte der unabhängige Abgeordnete Wladimir Ryschkow.

Der liberale Politiker bezeichnete den Regierungswechsel als «eine Farce, die nichts mit Demokratie zu tun hat.» Gemäss Umfragen will etwa die Hälfte der Russen im März 2008 jenen Politiker zum Präsidenten wählen, dem Putin sein Vertrauen schenkt.

Spannung aufrechterhalten

Doch genau mit dieser Entscheidung lässt sich der Kremlchef weiterhin Zeit. In jüngster Vergangenheit hat Putin mehrfach angedeutet, er wolle die Spannung so lange wie möglich aufrechterhalten und sich selbst nicht durch eine vorschnelle Entscheidung zu einer «lahmen Ente» degradieren.

Die Verfassung untersagt es Putin, zu einer dritten Amtszeit in Folge anzutreten. In der Atmosphäre der jüngsten politischen Kraftmeierei galt Putins Vertrauter Sergej Iwanow, der ehemalige Verteidigungsminister mit Geheimdiensterfahrung, zuletzt als aussichtsreichster Nachfolger im Kreml.

Wie zu Zeiten des Kalten Krieges

Und für Paukenschläge ist der Kreml weiter gut: Die Präsentation der stärksten konventionellen Waffe, einer Vakuumbombe mit der Vernichtungskraft einer kleinen Atombombe, ist der jüngste Höhepunkt in einer langen Reihe von Machtdemonstrationen.

Zuvor hatten die Russen demonstrativ den Nordpol beansprucht und wie zu Zeiten des Kalten Krieges wieder Langstreckenbomber mit vollständiger Bewaffnung um den Erdball fliegen lassen. Während der NATO mit neuen Raketen gedroht wird, bekommen kleine Nachbarn wie Estland oder Georgien mit voller Wucht den russischen Zorn zu spüren.

Russland liefert Nukleartechnik an den Iran und blockiert eine Kosovo-Lösung im Weltsicherheitsrat. In dieses Gesamtbild der neuen Konfrontation passt der frühere Geheimdienstgeneral Iwanow nach Einschätzung vieler Experten deutlich besser als alle anderen möglichen Kandidaten.

(Stefan Voss/dpa)

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