Rad: Hitchcock-Finale in den Pyrenäen

publiziert: Montag, 21. Jul 2003 / 19:30 Uhr

Auf den letzten Kilometern der dritten Etappe in den Pyrenäen spielte der Tourfavorit Lance Armstrong seine ganze Klasse aus. In einem schier unglaublichen Kraftakt distanzierte er seinen direkten Konkurrenten Ullrich wieder auf über eine Minute in der Gesamtwertung.

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Armstrong hat sich von seiner im Zeitfahren erlittenen Dehydratation bestens erholt. Bei deutlich tieferen Temperaturen als in den ersten beiden Wochen ergriff der Amerikaner erstmals selber die Initiative und vergrösserte zum ersten Mal seit dem Mannschaftszeitfahren (4. Etappe) den Vorsprung auf seine direkten Konkurrenten um den Gesamtsieg.

Er wird nach dem heutigen Ruhetag am Mittwoch über die letzten beiden Pyrenäenpässe nach Bayonne den 55. Tag im Maillot jaune verbringen. Nur Eddy Merckx (Be/96 Tage), Bernard Hinault (Fr/78) und Miguel Indurain (Sp/60) haben das begehrte Trikot noch häufiger getragen.

Bereits zu Beginn des 13,4 km langen Schlussaufstieges in den Skiort Luz-Ardiden attackierte Armstrong und zog mit seiner bekannten hohen Kadenz davon. Ullrich beschränkte sich in den zahlreichen Kehren darauf, den Rückstand im Rahmen zu halten.

Der Deutsche erreichte das Ziel schliesslich als Dritter mit 40 Sekunden Rückstand. Während Armstrong als Sieger 20 Sekunden Zeitgutschrift verbuchte, erhielt Ullrich lediglich 8 Sekunden Bonifikation. Damit baute der Texaner seinen Vorsprung in der dritten schweren Pyrenäenetappe um 52 Sekunden aus.

Armstrongs Sturz und Ullrichs Warten

Ullrich hatte zuvor am Tourmalet angegriffen, schaffte jedoch keine entscheidende Differenz zum Amerikaner. "Ich wollte in dieser Etappe alles klar machen, musste aber letztlich die Überlegenheit Armstrongs anerkennen", sagte Ullrich. Der 29-jährige Deutsche unterlag schliesslich im Spurt um den zweiten Platz Mayo, was ihn wegen der Bonifkationen mehr ärgerte als die Niederlage gegen Armstrong.

Dabei bekundete Armstrong zu Beginn der Schlusssteigung Pech, als er just im Moment seiner ersten Attacke mit dem rechten Bremshebel an einer Tasche eines Zuschauers hängenblieb und stürzte. "Ich bin sehr weit draussen gefahren, das war mein Fehler", erklärte der 32-Jährige.

Ullrich nutzte diesen Moment jedoch nicht zu seinen Gunsten, sondern wartete, bis Armstrong und Mayo, der ebenfalls in den Sturz verwickelt war, wieder aufgeschlossen hatten. Damit revanchierte sich der im Kanton Thurgau wohnende Deutsche für eine ähnliche Geste Armstrongs vor zwei Jahren nach seinem Sturz in der Abfahrt vom Peyresourde. Ullrich hatte danach im Ziel, ebenfalls in Luz-Ardiden, dem Amerikaner die Hand gereicht und so seine Niederlage symbolisch akzeptiert.

Angriff der Verzweiflung

Es sei eine Attacke der Verzweifung gewesen, erklärte Armstrong. "Ich konnte nicht das Zeitfahren abwarten, sondern musste angreifen, wollte ich noch eine Chance haben, die Tour zu gewinnen", sagte er. Es sei noch immer sehr schwierig, da Ullrich ein ausgezeichneter Roller sei und im Zeitfahren am kommenden Samstag wieder Zeit aufholen könne.

"Die Tour endet auf den Champs-Elysées." Für ihn sei wichtig gewesen, die negativen Tendenzen der letzten Tage endlich zu stoppen. "Es sind viele komische Sachen während dieser Tour passiert, die ich gar nicht erklären kann. Ich musste das Momentum wieder auf meine Seite bringen", so Armstrong.

Winokurow fiel zurück

Aus dem Kampf um den Gesamtsieg ist Alexander Winokurow gefallen. Der Kasache büsste im Schlussaufstieg für den Effort des Vortags und verlor über zwei Minuten auf den entfesselten Armstrong. Zwar belegt er in der Gesamtwertung weiter den 3. Platz, liegt nun aber 2:45 Minuten hinter Armstrong und 1:38 hinter Ullrich.

Der Sieger der Tour de Suisse war bereits am Tourmalet zurückgebunden worden, schaffte jedoch dank der Hilfe seiner Teamkollegen Santiago Botero (Kol) und Giuseppe Guerini (It) bis zum Fuss des Schlussaufstiegs wieder den Anschluss an die Gruppe um Armstrong und Ullrich.

Über 125 km der 159,5 km langen Etappe lag Sylvain Chavanel an der Spitze des Rennens. Der erst 24-jährige Franzose war nach 30 km mit Botero aus dem Feld ausgerissen und hatte den Zeitfahr-Weltmeister im Aufstieg zum Tourmalet distanziert.

Erst rund 4 km vor dem Ziel wurde die französische Nachwuchs-Hoffnung von Armstrong ein- und überholt. Der vierfache Toursieger klopfte Chavanel zum Zeichen der Anerkennung auf die Schulter. Chavanel war bei der 74. Passage auf dem Tourmalet Nachfolger von Sven Montgomery, der das Rennen bei der letzten Überquerung vor zwei Jahren angeführt hatte.

15. Etappe, Bagnères-de-Bigorre - Luz-Ardiden (159,5 km):
1. Lance Armstrong (USA) 4:29:26 (35,519 km/h), 20 Sekunden Bonifikation. 2. Iban Mayo (Sp) 0:40 zurück, 12 Sek. Bon. 3. Jan Ullrich (De), 8 Sek. Bon. 4. Haimar Zubeldia (Sp). 5. Christophe Moreau (Fr), alle gleiche Zeit. 6. Ivan Basso (It) 0:47. 7. Tyler Hamilton (USA) 1:10. 8. Alexander Winokurow (Kas) 2:07. 9. José Luis Rubiera (Sp) 2:45. 10. Sylvain Chavanel (Fr) 2:47.
11. Carlos Sastre (Sp) 3:12. 12. Denis Mentschow (Russ). 13. Roberto Laiseka (Sp), beide gleiche Zeit. 14. Georg Totschnig (Ö) 3:24. 15. Manuel Beltran (Sp), gleiche Zeit. 16. Jörg Jaksche (De) 4:10. 17. Franco Pellizotti (It) 4:25. 18. Patrice Halgand (Fr) 5:27. 19. Francisco Mancebo (Sp) 5:36. 20. Peter Luttenberger (Ö), gleiche Zeit.

21. Michael Boogerd (Ho) 6:17. 22. Didier Rous (Fr) 7:00. 23. José Azevedo (Por) 7:21. 24. José Gutierrez (Sp) 8:03. 25. Stéphane Goubert (Fr) 8:49. 26. Richard Virenque (Fr). 27. Juan Miguel Mercado (Sp), beide gleiche Zeit. 28. David Plaza (Sp) 9:15. 29. Felix Garcia Casas (Sp), gleiche Zeit. 30. Giuseppe Guerini (It) 9:49.

Ferner: 38. Laurent Dufaux (Sz) 11:16. 68. Steve Zampieri (Sz) 23:03. 122. Markus Zberg (Sz) 34:44. -- 155 Fahrer gestartet, 151 klassiert. -- Aufgegeben u.a. Fred Rodriguez (USA). -- Nach Kontrollschluss: Axel Merckx (Be) 54:04.

Gesamtklassement:
1. Armstrong 65:36:23. 2. Ullrich 1:07. 3. Winokurow 2:45. 4. Zubeldia 5:16. 5. Mayo 5:25. 6. Basso 8:08. 7. Hamilton 9:02. 8. Moreau 11:09. 9. Mancebo 16:05. 10. Sastre 16:12.
11. Mentschow 16:12. 12. Totschnig 18:52. 13. Beltran 19:34. 14. Virenque 22:00. 15. Laiseka 24:19. 16. Jaksche 24:59. 17. Rous 26:50. 18. Luttenberger 26:52. 19. Rubiera 27:29. 20. Dufaux 28:57.

21. Plaza 40:57. 22. Garcia Casas 42:48. 23. Alexander Botscharow (Russ) 45:43. 24. Massimiliano Lelli (It) 45:42. 25. Azevedo 49:32. 26. Grischa Niermann (De) 58:29. 27. Mikel Astarloza (Sp) 59:42. 28. Mercado 1:00:49. 29. Goubert 1:00:50. 30. Inigo Chaurreau (Sp) 1:01:17.

Ferner: 70. Zampieri 2:08:27. 100. Zberg 2:42:19.

(Sascha Rhyner, Luz Ardiden/Si)

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