Romneys Vize als Trostpreis für Ron Paul?

publiziert: Montag, 13. Aug 2012 / 12:02 Uhr
Paul Ryan: Trostpreis für die Libertarier?
Paul Ryan: Trostpreis für die Libertarier?

Nachdem die Vizepräsidentschaftskandidatin der Republikaner vor vier Jahren vor allem für Peinlichkeiten gesorgt hat, vermied es Kandidat Mitt Romney dieses mal, eine solche zu präsentieren. Stattdessen wählte er - oberflächlich gesehen - eine Kopie seiner selbst aus: Paul Ryan, weiss, männlich, konservativ. Doch Ryan bietet noch mehr.

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Denn Paul Ryan, ein Kind des mittleren Westens, der für den Käse- und Milchstaat Wisconsin im Repräsentantenhaus sitzt, ist dezidierter Libertarier und zwar von der Ayn Rand Sorte. Diese politische Bewegung, die in den USA vor allem durch den texanischen Abgeordneten und Mitt Romney-Konkurrenten um die Präsidentschaft Ron Paul repräsentiert wird.

Paul gilt als der intellektuelle Taufpate der Tea-Party-Bewegung und vertritt mit grosser Leidenschaft die libertarische Botschaft, dass sich der Staat aus allem raus halten solle, Drogen liberalisiert, militärische Auslandeinsätze abgeschafft und alle nur noch von ihrer eigenen Arbeit und nicht der Sozialhilfe leben sollten.

Die Positionen innerhalb der Libertarier sind zwar sehr weit gefächert und gehen von radikal-Konservatismus bis zu Anarchismus, doch in einem sind sie sich ziemlich einig: Der Staat müsse kleiner werden, viel kleiner.

Ron Paul hatte angekündet, trotz seiner Chancenlosigkeit, zum republikanischen Kandidaten gewählt zu werden, Wahlmänner bis zum Nominationsparteitag zu sammeln und dort seine Punkte vorzubringen, denn Romney ist für viele Libertarier genau so ein Produkt des verrotteten Staates wie der Demokrat Obama. Es ist durchaus möglich, dass Romney seinen Vize als Trostpreis für Ron Paul gedacht hat und so diese Misstöne zu dämpfen oder gar zum Verschwinden zu bringen hofft.

Doch die für normale Politiker radikale Agenda der Libertarier könnte Romney nicht nur Unterstützer bringen (wobei jene ohnehin kaum für Obama gestimmt hätten), sondern auch viele Gegner, die Angst vor dieser eindeutigen Absage an die gesellschaftliche Solidarität hätten. Der Grundtenor ist nämlich der, dass jene Leute, die Unterstützung beanspruchen diese gar nicht erst bekommen sollten, da sie a) nichts dafür Leisten und b) an ihrer Situation selbst schuld seien. Wer also alt, krank und nicht ein kleines Vermögen auf der Seite hat, um seine Ärzte zu zahlen, soll bitte schweigen und sterben oder auf wohltätige Spender hoffen.

Denn wenn Hilfe geleistet werde, dann müsse dies auf freiwilliger, privater Basis stattfinden. Staatliche Umverteilung, Pflicht-Krankenversicherungen (ein Hauptthema ist die Aufhebung von Obamas Gesundheitsreform), ja sogar staatliche Schulen sind für viele der Ron Paul (und Paul Ryan) Anhänger ein Graus und die US-Nationalbank ist für diese Bewegung der Sitz des Bösen dieser Welt. Eigenverantwortung, Individualität und wirtschaftliche Freiheit ohne Einschränkung sind hingegen Kernwerte, die es - genau wie den Goldstandard - wieder zu etablieren gelte. Wenn diese erst wieder eingeführt seien, dann gehe es der gesamten Gesellschaft automatisch besser.

Für viele sind solche Statements nicht nur verlockend, sondern werden fast wie ein religiöses Mantra verkündet. Sämtliche Übel der letzten Jahre werden auf staatliche Interventionen zurück geführt. Wirtschaftskrisen, Schuldenprobleme und vermutlich auch der Klimawandel sind auf staatliches Gepfusche zurück zu führen und keinesfalls auf den Rückzug der Staaten aus dem Bankenwesen während der Jahrzehnte der Deregulierung, die auf Reagans «konservative Revolution» gefolgt waren.

Ob durch eine solche Politik ein freies, glückliches Utopia oder eine Neo-Feudalgesellschaft (deren heutige Vertreter manche Ideen von Paul freudig unterstützen) entstehen würde, sei der politischen Diskussion überlassen. Mit Paul Ryan, der bereits sehr aktiv an der Dekonstruktion des Gesundheits- und Sozialsystems der USA gearbeitet hat, hat Romney sich jedenfalls einen Vize ins Boot geholt, der seinen Kurs stärker bestimmen könnte, als ihm lieb sein kann und seine durchaus vorhandene Kompromissfähigkeit stark strapazieren könnte. Denn der mit 42 Jahren noch recht junge Ryan hat höhere politische Ziele in seinem Leben als nur die Vizepräsidentschaft. Die Frage ist, ob seine Loyalität zu einem allfälligen Präsidenten Romney stärker als zu seinen geheiligten politischen Positionen sein wird. Durchaus möglich, dass dieser Trostpreis für Romney zur Riesenniete werden könnte.

(Patrik Etschmayer/news.ch)

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