Schafft die Entwicklungshilfe ab!

publiziert: Freitag, 7. Okt 2005 / 10:27 Uhr / aktualisiert: Samstag, 5. Nov 2005 / 14:30 Uhr

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Der Druck wächst. Ganz egal, wie Spanien die afrikanischen Flüchtlinge behandelt, sie - und andere - werden es wieder und wieder probieren, in das gelobte Land, nach Europa zu kommen. Die wirtschaftliche Not zwingt sie dazu, der Hunger treibt sie an, es wieder zu versuchen. Ob es nun Melilla zu Fuss oder Italien mit dem Schiff ist.

Die Folgerung scheint vielen klar zu sein: Wir müssen mehr Entwicklungshilfe leisten. Doch ist das wirklich so? Bringt die Entschuldung und das Schicken von Geld und Leuten wirklich etwas?

Schauen wir doch einmal jene Orte in Europa an, die vor 200 Jahren Entwicklungshilfe hätten bekommen müssen und wählen von diesen Ländern eines aus – die Schweiz! Was wäre passiert, hätten die leidenden, hungernden Schweizer nach 1815 Geld aus dem Ausland bekommen, damit es ihnen nicht mehr so mies geht? Vermutlich wäre der Druck auf die konservativen Eliten geringer geworden. Es hätte kaum republikanische Kantonsverfassungen gegeben. Die Handelsschranken, der Nepotismus und die Korruption wären zu Institutionen geworden. Der Sonderbundskrieg 1847 und die erste Bundesverfassung im Jahr darauf? Wir würden vielleicht heute noch darauf warten.

Das Hauptproblem in den armen Ländern ist nun einmal Willkür der Mächtigen und Korruption, Rechtsunsicherheit jener, die etwas tun wollen. Daran ändert Entwicklungshilfe nichts. Im Gegenteil. Sicher wird den Ärmsten kurzfristig geholfen... mitunter. Doch hauptsächlich erfüllen diese Almosen einen ganz anderen Zweck.

Zum einen sind sie für uns, die 'entwickelten' Länder, wunderbare Gewissenspflästerchen. Wenn man sich schlecht fühlt, weil es uns so gut, und denen so dreckig geht, dann ist es doch schön, wenn wenigstens unsere Regierungen was dagegen machen. In den 'unterentwickelten' Ländern etabliert sich eine Empfängermentalität – es wird darauf gewartet, dass die bösen reichen Länder wieder mit Geld und Projekten daher kommen. Kaum eine Methode, um Initiative und Eigenverantwortung zu fördern.

In abgeschwächter Form erleben wir dies ja auch hier: Wirtschaftszweige, die von Subventionen leben, schaffen es nicht, für sich selbst aufzukommen – je länger, je weniger. Die EU-Agrarpolitik – und auch die Schweizerische – sind Musterbeispiele für diese Mechanismen.

Auch die Schuldenerlasse sind problematisch – denn wer gibt einem Land, dem Kredite erlassen wurden, später wieder Kredit für Investitionen? Auf Geld verzichten ist das eine, Geld in ein bodenloses Loch zu schaufeln, das andere.

Doch was ist die Alternative zu Entwicklungshilfe? Wie wäre es damit, Handelsschranken ab zu bauen. Und zwar in Abhängigkeit eines klaren Kataloges, der Korruptionsbekämpfung, transparentes Handeln und Rechtssicherheit für Investoren (inländisch und ausländisch) verlangt? Wobei diese Regeln für alle gälten – Schmiergeldzahlungen von Erst-Welt-Investoren müssten dann eben auch hart bestraft werden. Ein solches Vorgehen könnte einige Probleme lösen helfen. Sowohl einheimische Bürokratie, wie auch fremde Einflussnahme würden abgebaut. Die einheimischen Gewerbetreibenden könnten darauf hoffen, dass ihre Arbeit in mehr Wohlstand resultieren würde, die Länder könnten sich selbst eine Chance geben, endlich auf eigenen Beinen zu stehen zu kommen.

Vor allem wäre ein solcher Politikwechsel ein entscheidender Schritt weg von der Welt der zwei Ebenen: Hier die Almosengeber - dort die Bettler. Seit Jahrzehnten wird diese verächtliche Spendenpolitik betrieben, die die Separierung von Habenden und Habenichtsen aufzuheben vorgibt, diese aber lediglich zementiert. Ja, man kann es sogar wagen zu behaupten, dass diesem Vorgehen ein latenter Rassismus zu Grunde liegt, denn offensichtlich glauben wir nicht, dass es die Empfängerländer selbst schaffen könnten.

Die Verantwortung für ihr Schicksal liegt aber nicht bei uns, sondern bei ihnen selbst. Unsere Pflicht ist es einfach, sie fair zu behandeln. Doch solange wir sie als unfähig und dumm betrachten (wie einst von den Kolonialherren propagiert) und behandeln, stehen die Chancen auf ein würdiges neben- und miteinander sehr schlecht.

Die Zäune um Europa... sie werden vermutlich in den Himmel wachsen.

(Patrik Etschmayer/news.ch)

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