Verteidiger: Schütze von Schafhausen laut ohne Tötungsabsicht

Schafhausen-Schütze soll hinter Gitter

publiziert: Montag, 10. Dez 2012 / 21:55 Uhr
Handfeuerwaffe. (Symbolbild)
Handfeuerwaffe. (Symbolbild)

Burgdorf BE - Der Mann, der im Mai 2011 in Schafhausen im Emmental bei der Zwangsräumung seiner Wohnung einen Polizisten erschossen und einen zweiten verletzt hat, ist für den Staatsanwalt ein Mörder und muss lebenslänglich hinter Gitter. Der Verteidiger sieht hingegen keine Tötungsabsicht.

5 Meldungen im Zusammenhang
Der Staatsanwalt sagte am Montag beim Auftakt des Prozesses vor dem Regionalgericht Emmental-Oberaargau in Burgdorf, der heute 37-jährige Wohnungsmieter habe damals genau gewusst, was ihm bevorstehe.

Der im Dorf aufgewachsene Schweizer habe die beiden Polizisten, die den Betreibungsweibel begleiteten, heimtückisch und kaltblütig in einen Hinterhalt gelockt: Als die beiden die Schlafzimmertür der Wohnung aufstemmten, eröffnete der Mieter das Feuer und verletzte den einen Polizisten mit einem Oberarmdurchschuss.

Der andere Polizist wurde in der Bauchgegend und im Brustbereich getroffen und verblutete noch am Tatort. Er hinterliess eine Frau und zwei Kinder. Der Betreibungsweibel blieb unverletzt, ist aber noch heute stark traumatisiert und kann seine ursprüngliche Tätigkeit nicht mehr ausüben.

Die Schüsse kamen aus einer Armeepistole. Diese hätte der Wohnungsmieter eigentlich gar nicht mehr besitzen sollen. Er hatte die Waffe nach der Ausmusterung aus dem Dienst aus medizinischen Gründen im Jahr 2007 nicht zurückgegeben. Niemand hatte ihn jedoch für die Abgabe aufgeboten.

Verhaftet wurde der 37-jährige kurz nach der Tat vom verletzten Polizisten und einer Verstärkung.

«Wildes Tier, das Höhle verteidigt»

Von einem wilden Tier, das seine Höhle habe verteidigen wollen, sprach der Verteidiger. Er zeichnete das Bild eines Menschen, der sich ab etwa dem Jahr 2003 immer mehr isolierte, unzuverlässig wurde, immer weniger arbeitete und zuletzt Schulden von rund 185'000 Franken aufgehäuft hatte.

Weil er seine Miete nicht mehr bezahlte, wollte ihn schliesslich der Wohnungsbesitzer auch nicht mehr haben und forderte die Zwangsräumung.

Am Tag dieser Räumung habe der Beschuldigte die Polizisten nicht töten wollen, sondern lediglich angestrebt, dass sie ihn in Ruhe liessen und gingen. «Er wollte verletzen, nicht töten», so der Verteidiger.

Von Hinterhalt könne keine Rede sein, denn die Polizisten hätten gewusst, worauf sie sich einliessen. Es gebe zwar einige Elemente, die für Mord sprächen. In einer Gesamtsicht handle es sich aber bei den tödlichen Schüssen um vollendete eventualvorsätzliche Tötung. Der Mann habe also den Tod des einen Polizisten in Kauf genommen.

Der Verteidiger sagte weiter, es sei sicher eine strenge Strafe angebracht, aber eine angemessene. Er verzichtete darauf, ein ihm sinnvoll erscheinendes Strafmass zu beantragen. Das Gericht wird sein Urteil am Mittwochnachmittag eröffnen.

Kein psychiatrisches Gutachten

Vor Gericht blieb am Montag unklar, ob der Schütze von Schafhausen im Emmental geisteskrank ist. Der Mann verweigerte nämlich Aussagen, als es darum ging, eine psychiatrische Expertise anzufertigen.

Die am Montag vom Gericht als Sachverständige befragte Psychiaterin gab zu Protokoll, sie sehe mehrere Indizien für eine schizophrene Erkrankung. Solange der Beschuldigte aber keine Befragung zulasse, könne sie keine gesicherten Aussagen machen.

Der Verteidiger zeigte sich überzeugt, dass der Schütze zum Zeitpunkt der Tat zumindest vermindert schuldfähig gewesen sei. Wenn kein Gutachten vorliege, konterte der Staatsanwalt, dürfe man auch nicht von verminderter Schuldfähigkeit ausgehen.

Der Beschuldigte selbst sagte am Montag vor Gericht kaum etwas. Er verweigerte meistens die Aussage, antwortete aber bestimmt auf die entsprechende Frage, er halte sich nicht für geisteskrank.

(fest/sda)

Kommentieren Sie jetzt diese news.ch - Meldung.
Lesen Sie hier mehr zum Thema
Tatort des Dramas: Hier wohnte der Täter.
Bern - Neue Erkenntnisse nach der Tötung eines Polizisten in Schafhausen: Der mutmassliche Schütze, der im Besitz einer Armeewaffe war, hat nach der Ausmusterung aus medizinischen Gründen seine ... mehr lesen
Bern - Nach der Tötung eines ... mehr lesen
In diesem Haus in Schafhausen geschah die Tat.
Bern - Ein Berner Polizist ist am Dienstag bei der Zwangsräumung einer Wohnung im Emmental erschossen worden. Ein zweiter Polizist wurde verletzt, konnte das Spital aber inzwischen verlassen. Der Schütze wurde verhaftet. mehr lesen 
Polizisten vor Ort.
Bern - Ein 39-jähriger Berner ... mehr lesen 3
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 22
Apple hatte Musikstreaming-Konkurrenten im App Store benachteiligt.
Apple hatte Musikstreaming-Konkurrenten im App Store ...
Musikstreaming-Apps im App Store  Brüssel hat Apple mit einer Geldstrafe in Höhe von 1,8 Milliarden Euro belegt. Laut einer Untersuchung der EU-Kommission hat das US-Unternehmen seine dominante Stellung durch bestimmte Regeln im App Store missbraucht und Konkurrenten im Musik-Streaming-Geschäft behindert. Ein zentraler Punkt ist das allgemeine Verbot von Apple für Entwickler, in ihren Apps auf günstigere Kauf- oder Abonnementmöglichkeiten hinzuweisen. mehr lesen 
Um den Anforderungen der Wirtschaft Genüge zu tun  Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) hat im Jahr 2023 insgesamt 50 neue oder überarbeitete Berufe genehmigt und ... mehr lesen  
Für die Solarwirtschaft wurden die Berufe «Solarinstallateur/in EFZ», «Solarmonteur/in EBA» eingeführt.
Der Weg für Peppr war mit Hindernissen gepflastert.
Publinews In der sich ständig weiterentwickelnden Welt der Technik gewinnen Anwendungen oft schnell an Aufmerksamkeit, nur um ... mehr lesen  
Menschliche Beteiligung ist unerlässlich für KI-generierte Kunstwerke ohne US-Copyright  In zunehmend mehr Bereichen wird die KI-Technologie eingesetzt, jedoch hat ein US-Gericht bestätigt, dass Kunstwerke, die von dieser Technologie erstellt wurden, keinen ... mehr lesen
Das KI-erzeugte Bild «A Recent Entrance to Paradise» (2018) ist «Public Domain».
WISSEN: OFT GELESEN
Titel Forum Teaser
 
Stellenmarkt.ch
Der Remoteserver hat einen Fehler zurückgegeben: (500) Interner Serverfehler.
Source: http://www.news.ch/ajax/top5.aspx?ID=0&col=COL_3_1
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Sa So
Zürich 1°C 18°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wechselnd bewölkt
Basel 9°C 19°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig gewitterhaft wolkig, aber kaum Regen
St. Gallen 7°C 19°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wechselnd bewölkt
Bern 3°C 18°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wolkig, aber kaum Regen
Luzern 1°C 18°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wechselnd bewölkt, Regen wechselnd bewölkt
Genf 15°C 19°C wechselnd bewölktleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen wechselnd bewölkt, Regen
Lugano 6°C 10°C trüb und nassleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig anhaltender Regen anhaltender Regen
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten