Schiiten fordern Macht

publiziert: Donnerstag, 10. Feb 2005 / 18:38 Uhr / aktualisiert: Donnerstag, 10. Feb 2005 / 19:14 Uhr

Bagdad - Eigentlich hätten die Ergebnisse der irakischen Parlaments- und Regionalwahlen vom 30. Januar am Donnerstag bekannt gegeben werden sollen. Doch die Wahlkommission brauche noch "einige Tage", hiess es am Mittwoch.

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300 Wahlurnen aus dem unruhigen Mossul seien irgendwie verkehrt herum versiegelt worden und müssten deshalb neu ausgezählt werden. In Bagdad werden solche Erklärungen von Eingeweihten mit einem Schmunzeln quittiert.

Machtkampf hinter den Kulissen

"Das Ergebnis ist klar, aber hinter den Kulissen tobt noch der Machtkampf", meint der Bagdader Politologe Adel el Kajar. Aus Gründen des Stabilitätserhalts wolle man die Neuverteilung der Macht in den Hinterzimmern weit gehend auspokern, bevor das Volk mit einem Ergebnis konfrontiert wird, das ansonsten Verwirrung und ein Machtvakuum auslösen würde.

Als sicher gilt, dass das vom schiitischen Klerus unterstützte Bündnis Vereinigte Irakische Allianz (UIA) mehr als die Hälfte der 275 Parlamentsmandate errungen hat. Gut ein Viertel der Sitze dürfte auf die Kurdische Koalitionsliste (KKL) entfallen.

Übergangspremier Ijad Allawi, ein laizistischer Schiit mit vormals langen Verbindungen zur CIA, schnitt mit seiner Irakischen Liste schlechter ab als erwartet. Er dürfte auf 12 bis 18 Prozent der Mandate kommen.

Kurden und Schiiten überrepräsentiert

Die Überrepräsentation des schiitischen und des kurdischen Blocks ist zum einen das Ergebnis der Stimmenmaximierungsstrategie des schiitischen Klerus und der kurdischen Politiker von KDP (Kurdische Demokratische Partei) und PUK (Patriotische Union Kurdistans), die ihre Glaubens- oder Volksgruppe für die Wahl der jeweiligen Allianz mobilisierten.

Zum anderen ist sie Resultat der weit gehenden Wahlenthaltung der Sunniten, die sich entweder vom Terror der anti-amerikanischen Aufständischen einschüchtern liessen oder aus Überzeugung der "Wahlfarce unter der Okkupation" fernblieben.

Aus für Allawis Traum

Das Kalkül der USA ging nicht auf: ihr Schützling Allawi, der vor seinem Absprung in den Westen ein Weggefährte Saddams gewesen war, vermochte die Stimmen der moderaten Sunniten nicht aufzusaugen. Er kann somit nicht das Zünglein an der Waage spielen.

Nun fordern die Wahlsieger ihren Löwenanteil an der Macht. Die Kurden könnten erstmals in der Geschichte des Landes das - im Wesentlichen repräsentative - Amt des Staatspräsidenten erhalten. Im Gespräch dafür ist der PUK-Vorsitzende Dschalal Talabani.

Der Schiiten-Block wiederum greift nach der Ministerpräsidentschaft. Hier wird innerhalb der Allianz zwischen dem Teheran-nahen Obersten Rat für die Islamische Revolution im Irak (SCIRI) und der Dawa-Partei erbittert gerungen.

Als Favoriten gelten der bisherige Finanzminister Adel Abdel-Mahdi (SCIRI), ein eher gemässigter Technokrat, und Dawa-Chef Ibrahim Dschafari, derzeit einer von zwei Vize-Präsidenten.

Wohin mit den ehemaligen Saddam-Treuen?

Diplomaten in Bagdad sehen neue Probleme. Allawi schaffte es, die irakischen Sicherheitskräfte - wenn auch auf niedrigem Niveau - zu stabilisieren. Dabei nahm er Profis aus dem Saddam-Regime wieder in Dienst.

Für SCIRI und Dawa, deren Aktivisten von Saddams Machtapparat brutal verfolgt worden waren, ist dies ein rotes Tuch. Allawi habe die Sicherheitskräfte "von alten Baathisten infiltrieren lassen", schäumte zuletzt ein SCIRI-Funktionär. Sie wollen die Baathisten und ihre eigenen Milizen verschmelzen.

Beobachter sehen darin das sichere Rezept für eine Zerrüttung der Sicherheitskräfte - und damit für das Abgleiten in eine noch schlimmere Katastrophe.

(Gregor Mayer, dpa/sda)

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