Schönwetter-Fussballer an die Playstation

Dass ausgerechnet die Teamchefs von Holland und Frankreich den Untergrund kritisieren, kann ich mir nur so erklären: Sie suchen einen Grund für ihr schlechtes Spiel, natürlich erstmal nicht bei sich selbst.

Der Rasen sei «daran Schuld, dass sich unsere schnellen Stürmer nicht durchsetzen konnten. Der Ball blieb immer hängen», so Frankreichs Trainer Domenech. Spätestens nach dem Spiel gegen Togo weiss man, dass es wohl doch eher am Trainer und seiner Taktik lag. Und auch Bondscoach Van Basten hat jetzt einen guten Grund für das Ausscheiden seines Teams: Der Rasen ist einfach zu langsam für das schnelle, offensive Spiel der Holländer. Das haben wir gesehen.

Versicherungsfrage?

Ob zum Beispiel die Verletzung von Michael Owen (140000 Euro Verdienst in der Woche) am stumpfen Rasen lag, muss bezweifelt werden, aber damit müssen sich wohl jetzt Versicherungen und sein Verein Newcastle auseinandersetzen.

Eine FIFA Regel besagt, dass der Rasen bis fünf Stunden vor Spielbeginn nicht gewässert werden darf. Warum, kann ich mir nicht erklären. Weil das Spiel sonst zu schnell würde? Zu grosse Verletzungsgefahr, weil zu rutschig?

Diese Regel wurde jedenfalls kurzerhand geändert, die Platzwarte können jetzt entscheiden, wann und wie lange bis 90 Minuten vor Spielbeginn mit Wasser gesprengt wird.

Die Kollegen hätte man sowieso viel früher einbeziehen müssen, stattdessen hatte die FIFA diese erfahrenen Rasenexperten regelrecht erniedrigt: Kurz vor der WM wurde in jedem der Stadien der intakte, gehegte und gepflegte, auf das Stadion abgestimmte Rasen, herausgerissen und durch das holländische Genzucht-Grün ersetzt. Man sah Platzwarte weinen. Das war ein Fehler, wie man jetzt sieht.

Problem: Stadionumbau

Die Motive sind ja nachvollziehbar (für jedes Team der gleiche Untergrund), aber in der Praxis hat sich das nicht bewährt. Denn der Rasen wächst in jedem Stadion anders, und seit dem Umbau zu «WM-Arenen» nicht mehr so gut.

Die hohen Ränge und die teilweise komplette Überdachung der Tribünen setzen einem Rasen sehr zu. Schalke, als Gralshüter der wahren Fussballkultur, hat es in ihrem neuen Stadion «Auf Schalke» vorgemacht: Das Spielfeld wird ausserhalb der Arena gepflegt und kurz vor jeder Partie in das Stadion geschoben.

Mich wundert, dass im Fifa-Regelwerk nicht festgeschrieben ist, dass nur auf natürlichem Rasen gespielt werden darf. Und dass Fussball ein Sport ist, der im Freien ausgetragen wird - Überdachung verboten.

Denn das Wetter ist meiner Meinung nach ein entscheidender Faktor beim Ausgang eines Spiels: Wind, Schnee, Regen, Hitze sind natürliche Bedingungen, die ein Spiel eher interessanter machen, als ungerecht, schliesslich müssen alle Spieler damit klarkommen. Denn auch der Untergrund ändert sich mit dem Wetter. Wer Schönwetter-Fussball sehen will, soll Playstation spielen.

(Felix Steinbild/news.ch)