Sean Connery wird 75

Der bewegendste Moment in "The Rock" war nicht, als eine Rakete ganz San Francisco auszulöschen drohte, sondern als ein weisshaariger Sean Connery sich nonchalant in die Hand seiner Feinde begab und sich als Agent "im Geheimdienst Ihrer Majestät" vorstellte: "Pensioniert, natürlich." Pensioniert!

Wenn einem Sean Connery letztlich nichts mehr anderes übrig bleibt, als sich zur Ruhe zu setzen, dann ist das nicht unbedeutender als wenn der eigene Vater den letzten Arbeitstag abhaken würde. Connery hat unsere gemeinsame Vorstellung davon stark beeinflusst, was einen Mann ausmacht.

Wir bewunderten ihn, weil er genau wusste, wie man eine Zigarette im Mundwinkel hält. Wie man die Chips am Roulettetisch setzt. Wie man einem Erzfeind wie Blofeld selbst dann noch freche Antworten gibt, wenn alle Gewehrmündungen auf einen gerichtet sind. Wie man eine alberne Textzeile wie "Hello, Pussy" bringen muss. Wie man einen BH aufhakt oder eine Atombombe entschärft (wobei wir damals nicht wussten, wovor wir uns mehr fürchten würden).

Auf die Matte auf seiner Brust wäre ein Gorilla neidisch geworden. Weil ihm aber die Haare auf dem Kopf fehlten, brauchte er schon zu Bond-Zeiten ein Toupet. In der Freizeit hingegen präsentierte er seine Glatze ungeniert beim Golf und war doch ein ganzer Kerl. Ergo: Wir glauben ihn zu kennen. Tun wir aber nicht. Connery hat sein Privatleben so weit es in seinen Kräften stand abgeschirmt.

Er hat in Klassikern wie "The Hill" mitgespielt, aber auch in ein paar ausgesprochen dummen Filmen. Mit Experimenten wie "Zardoz", in dem er durchgehend in einer roten Unterhose zu bewundern ist, ging er baden.

Paradoxerweise hat er die Millionengage der Bond-Serie gegen viel schlechter bezahlte Filme eingetauscht (wie den längst vergessenen Euro-Western "Shalako"), weil er sich als Schauspieler unterfordert fühlte. Dann hat er sich paradoxerweise von den Geldmännern breitschlagen lassen, nochmals den 007 in "Sag Niemals Nie" zu geben.

Wenn es den Produzenten nur darum ging, seinen Namen fürs Filmplakat zu bekommen, für eine Rolle, durch die er schlafwandeln konnte, dann hat er sich diesen Minimalaufwand fürstlich bezahlen lassen. Ging es aber um einen Part, in den sich der Schauspieler verbeissen konnte, wie der des detektivischen Mönchs in "Der Name der Rose", dann hat er dafür gekämpft. Connery scheint ein Mann zu sein, der weitaus komplexer ist als seine bekannteste Rolle, der oberflächliche Snob und Killer im Dienste Ihrer Majestät.

Nach dem Vorsprechen für den 007 beobachteten die Produzenten heimlich aus dem Fenster, wie er über die Strasse ging. Es war dieser pantherhafte Gang, dieser animalische Bewegungsapparat, der sie überzeugte, dass sie ihren Bond gefunden hatten.

Obwohl auch wir ihn durch ein Fenster – die Leinwand, den Bildschirm – seit Jahren beobachten und deshalb glauben, seine Person über seine Filme erfasst zu haben, müssen wir uns täuschen. Wäre nicht "Scotland Forever" sichtbar auf seinen Arm tätowiert, er würde auch diesen Blick auf den Privatmann verbieten. "Warum soll ich einem Menschen, den ich gar nicht kenne, meine Seele offenbaren?", hat er einmal einen Journalisten ausgebremst.

Für Geld hätte er es nun beinahe doch getan. Allein, er hat den Vorschuss des Verlagshauses für seine Memoiren mit der Begründung zurückgegeben, es sei ihm unmöglich, alle Qualen nochmals zu durchleben. Das muss dem geizigen Schotten schwer gefallen sein. Aber sein Privatleben ist ihm auch mit 75 Jahren lieb und teuer. Am kommenden Montag, den 25. August wird der Schauspieler 75 Jahre alt.

(von Roland Schäfli/news.ch)