SonntagsBlick in den Abgrund

publiziert: Montag, 22. Jan 2007 / 10:48 Uhr / aktualisiert: Montag, 22. Jan 2007 / 16:21 Uhr

Weiterführende Links zur Meldung:

Sonntagsblick

www.blick.ch/sonntagsblick

Weekly World News
Achtung... ist irr.
www.weeklyworldnews.com/

Es ist seit einiger Zeit bekannt, dass die Boulevard-Institutionen «Blick» und «SonntagsBlick» seit der Lancierung der Gratiszeitung «20 Minuten» unter starkem Druck stehen. Die sinkenden Verkaufszahlen der einstigen grössten Tageszeitung der Schweiz haben im Haus Ringier einiges an Sorgen bereitet.

Die Reaktionen auf die Probleme waren ziemlich diffus und die Zeitungen schwankten beständig zwischen Boulevard und ernsthaftem News-Blatt hin und her; eine Gratwanderung, die jedes Jahr Tausende von Lesern verscheuchte.

Mit der gestrigen Schlagzeile nun scheint der «Sonntagsblick» ein neues Zeitalter einläuten zu wollen: Nicht mehr Pitbull-Verbot, nicht mehr Swissair-Prozess zierten die gelben Aushänge. Nein, es war Erich von Däniken, der im «Sonntagsblick» behauptete, vier Wochen mit einem Berndeutsch sprechenden Ausserirdischen verbracht zu haben!

Dieses Propagieren von hahnebüchenem Schwachsinn kann man nun auf verschiedene Arten interpretieren.

Zum einen als Hinweis darauf, dass Blödheit in der Schweiz immer akzeptabler wird. Es werden ja auch Astrologen mit Radio-Konzessionsgeldern bezahlt und kaum einer protestiert; und Konsumentenschützer setzen sich für die Krankenkassendeckung von in magischem Glauben verankerten Heilverfahren ein. Warum sollte da eine Boulevardzeitung davon Abstand nehmen, einen langjährigen Spezialisten für Absurditäten, alternative Geschichtsschreibung und Selbstdarstellung, mit einer absolut behämmerten Geschichte auf den Titel zu setzen? Eben. Man schwimmt damit nur auf einer Welle der Blödheit... und wenn alles akzeptabel ist, dann darf man auch eine solche Meldung zuvorderst und ganz gross bringen. Wenn TV-Moderatoren Aura-Leser besuchen, dann kann Erich von Däniken auch nicht weit daneben liegen.

Zum anderen gibt es natürlich auch die Möglichkeit, dass die «Blick»-Redaktion «EvD» wirklich glaubte und auf seine Geschichte abfuhr, dass Ausserirdische einfach so auftauchen, Dialekt reden und sich am Schluss in eine Wasserpfütze auflösen. Aber immerhin war der Reporter so kritisch, zu realisieren, dass Herr von Däniken womöglich nur Werbung für sein neues Buch machen wollte, in dem – oh Überraschung – ausführlich genau von dieser Begegnung berichtet wird.

Doch es könnte ja auch sein, dass diese Schlagzeile eine völlige Neuausrichtung des «Blick» andeutet, nämlich die konsequente Abkehr von der Realität! Dass diese Variante Erfolg, ja sogar Kultpotenzial haben kann, demonstriert bereits seit Jahren die US-Zeitung «Weekly World News». Dort kann man jede Woche von Teenagern lesen, die Kinder von Ausserirdischen auf die Welt bringen, von Vampiren, die in Vororten leben und Fledermaus-Knaben, die in Höhlen gefunden wurden.

Momentan prangt auf dem Titel, dass Hillary Clinton den Bigfoot (die US-Variante des Yeti) als Vize für ihren Präsidentschaftswahlkampf wählen werde. Auf der Website wird erklärt, wie ein Nuklear-Bagel die Energiekrise lösen könnte, wie Levitation durch Meditation die Pendler-Staus zu beseitigen helfe oder wie Badezimmer-Schimmel mit einem unordentlichen Mieter kommuniziert. Alles Artikel, die an Blödsinn kaum zu überbieten sind und durchaus in der selben Liga wie der Pfützen-Alien von Erich von Däniken spielen.

Allerdings scheint es so, als ob die gestrige Schlagzeile nur ein Versuchsballon und noch nicht der Beginn des «Blick/SonntagBlick»-Turnaround war: Schon heute beschäftigt sich der «Blick» wieder mit normalen, real existierenden Menschen, Internetsex von Jugendlichen und innerstädtischen Rasern. Kein Spur eines Nessie im Thunersee, keine Aliens im Bundeshaus, ja nicht mal eine Story, wie mit der von Chris von Rohr ausgeschiedenen warmen Luft ein Kraftwerk betrieben werden soll...

Allem Anschein nach hat der «Blick» eine Chance für eine vielversprechende Neupositionierung verpasst – obwohl, man kann ja noch auf den nächsten «SonntagsBlick» hoffen.

(Patrik Etschmayer/news.ch)

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