Sport auf der Anklagebank

publiziert: Montag, 23. Nov 2009 / 11:07 Uhr / aktualisiert: Dienstag, 24. Nov 2009 / 20:02 Uhr

6 Meldungen im Zusammenhang
So. Jetzt haben wir also wieder einen Sportskandal. Diesmal ist es wieder der Fussball, der für negative Schlagzeilen sorgt. Dass vor allem untere Ligen von dem Skandal betroffen zu sein scheinen, ist nur ein kleiner Trost. Denn dies liegt nicht daran, dass die Spieler der oberen Ligen an sich ehrlicher währen, sondern, dass es bei diesen einfach viel teurer ist, erfolgreich zu bestechen und sie auch ein wesentlich grösseres Verlustrisiko eingehen, wenn sie erwischt werden.

Und da bei diesen Wettskandalen nach wirtschaftlichen Prinzipien gehandelt wird – es soll eine grösstmögliche Gewinnmarge erreicht werden – ist es nur logisch, dass hier Regionalligen und Provinzclubs ins Visier genommen wurden: Mässiger Einsatz, saumässiger Gewinn sind der Wunschtraum von jedem, der schnelles Geld machen will.

Wie bei jedem Sportbetrug sind auch hier wieder die Fans die Blöden. Und speziell in der Provinz sind die Fussballclubs ein integrativer Bestandteil des Gemeindelebens. Ein Skandal wie dieser kann in den betroffenen Ortschaften noch viel mehr als nur den Spass am Sport zerstören.

Doch nicht nur der Fussball hat Probleme. In den letzten Jahren ist fast jede Profisportart irgendwann durch Skandale erschüttert worden: Ob Handball, Fussball, Radfahren, Skifahren, Leichtathletik, Baseball oder American Football: Doping, Korruption oder beides machen das Zuschauen zum Ratespiel: Ist das nun Sport oder B'schiss?

Der Höhepunkt im Sport-Betrügerlis in diesem Jahr wurde allerdings geliefert, als sich herausstellte, dass Nelson Piquet junior auf Anweisungen seines Teamchefs Flavio Briatore 2008 am Grand Prix in Singapur einen Unfall verursacht hat, um seinem Teamkollegen Fernando Alonso mit der so erzwungenen Pace-Car-Phase den Sieg zu bescheren. Dass dies erst raus kam, als Piquet wegen notorischer Erfolglosigkeit aus dem Renault-Team geschmissen wurde und der aus Rache seinen Teamchef verpatzte, lässt keinen der Beteiligten in irgend einer Weise gut aussehen.

Auch nicht die Sportjustitz: Die Tatsache, dass das fehlbare Team mit einer bedingten Strafe und dem Bauernopfer des ohnehin untragbar gewordenen Briatore davon kam, liess einen daran zweifeln, ob im Automobil-Weltverband Rechtsprechung irgendwas mit Recht zu tun hat. Ein lebensgefährlicher Unfall (was herum fliegende Trümmerteile anrichten können zeigte sich ja beim GP von Ungarn, als Felipe Massa beinahe von einer Feder erschlagen wurde), ein geklauter Sieg und es wird lediglich kurz auf die Finger geklopft.

Diese Sportjustiz ist offensichtlich ein Kernproblem. Diese rechtliche Selbstverwaltung der verschiedenen Sportverbände kommt aus einer Zeit, als noch die Illusion herrschte (oder es tatsächlich noch so war), dass das, was im Rahmen von in Verbänden organisiertem Sport passiert, ausserhalb der Spielfelder, Rennstrecken und Stadien keinen Einfluss hat und umgekehrt. Diese Illusion der sportlichen Paralleluniversen ist zwar sehr schön, hat in der Zeit des Profisportes, in welcher der Begriff «Gentlemen's Agreement» in etwas so lebendig wie ein Dodo ist, nichts mehr zu suchen. Ehre und Anstand sind angeblichen oder echten «Sachzwängen» und «Realitäten» gewichen. Der legendäre Sportsgeist, naja, den kann man, so hat man mitunter das Gefühl, bestenfalls noch im Olympischen Museum in Lausanne besichtigen.

Verbandsgerichte und -urteile sind im Vergleich zu den möglichen Gewinnen einfach nicht hart genug. Immerhin: im Wettskandal wirkt nun die echte Justiz, da hier die organisierte Kriminalität ihre Finger drin hat. Aber ansonsten wird im Profisport vielfach immer noch verfahren, als würde es sich um Kleinigkeiten handeln: Mit Ausnahme von Frankreich droht zum Beispiel Doping-Betrügern praktisch nirgends Gefängnis oder eine Vorstrafe. Dieser Verbandsgerichts-Schlendrian ist auch für unschuldig verdächtigte Sportler von Nachteil, denen so kein ordentliches Verfahren zur Verfügung steht.

Die immer häufigeren Sportskandale zeigen so ein ernüchterndes Bild von dem Bereich der Gesellschaft, der immer noch als eine Schule fürs Leben gelobt wird, wo Jugendlichen wertvolle Lektionen beigebracht würden. Momentan vergeht einem aber die Lust, seinen Nachwuchs in diesem Umfeld lernen zu lassen – ausser man findet, dass Korruption und Beschiss grundlegende Kompetenzen sind, die es zum erfolgreichen Bestehen in der heutigen Gesellschaft braucht...

(von Patrik Etschmayer/news.ch)

Kommentieren Sie jetzt diese news.ch - Meldung.
Lesen Sie hier mehr zum Thema
.
Digitaler Strukturwandel  Nach über 16 Jahren hat sich news.ch entschlossen, den Titel in seiner jetzigen Form einzustellen. Damit endet eine Ära medialer Pionierarbeit. mehr lesen 21
«Hier hätte ich noch eine Resistenz - gern geschehen!» Schematische Darstellung, wie ein Bakerium einen Plasmidring weiter gibt.
«Hier hätte ich noch eine ...
In den USA ist bei einer Frau mit Harnwegsinfektion zum ersten mal ein Bakterium aufgetaucht, das gegen das letzte Reserve-Antibiotikum resistent ist. Wer Angst vor ISIS hat, sollte sich überlegen, ob er seinen Paranoia-Focus nicht neu einstellen will. Denn das hier ist jenseits aller im Alltag sonst verklickerten Gefahren anzusiedeln. mehr lesen 4
Durch ungeschickte Avancen von SBB- und Post-Chefs, droht die Service-Public-Initiative tatsächlich angenommen zu werden. Von bürgerlicher Seite her solle ... mehr lesen  
Künftig mindestens 500'000.-- und die ganze Schweiz inklusive: SwissPass, der schon bald mal GACH heissen könnte.
Urversion von IBM's Supercomputer WATSON: Basis für 'ROSS'... und unsere zukünftigen Regierungen?
Eine renommierte US-Kanzlei stellt einen neuen Anwalt Namens Ross ein. Die Aufgabe: Teil des Insolvenz-Teams zu sein und sich durch Millionen Seiten Unternehmensrecht kämpfen. Und nein, ROSS ist kein armes Schwein, sondern ein ... mehr lesen  
In letzter Zeit wurden aus Terrorangst zwei Flüge in den USA aufgehalten. Dies, weil Passagiere sich vor Mitreisenden wegen deren 'verdächtigen' Verhaltens bedroht fühlten. Die Bedrohungen: Differentialgleichungen und ein ... mehr lesen
Sicherheitskontrolle in US-Airport: 95% Versagen, 100% nervig.
Typisch Schweiz Der Bernina Express Natürlich gibt es schnellere Bahnverbindungen in den Süden, aber wohl ...
Die Nike Air Jordan 13s kamen 1998 heraus.
Shopping Erreichen Air Jordan Sneaker 2-4 Mio. Dollar in der Versteigerung? Ein Paar Turnschuhe, das Geschichte geschrieben hat, steht zum Verkauf: Die Nike Air Jordan 13s, die Michael Jordan in seiner letzten ...
Erstaunliche Pfingstrose.
Jürg Zentner gegen den Rest der Welt.
Jürg Zentner
Frauenrechtlerin Ada Wright in London, 1910: Alles könnte anders sein, aber nichts ändert sich.
Regula Stämpfli seziert jeden Mittwoch das politische und gesell- schaftliche Geschehen.
Regula Stämpfli
«Hier hätte ich noch eine Resistenz - gern geschehen!» Schematische Darstellung, wie ein Bakerium einen Plasmidring weiter gibt.
Patrik Etschmayers exklusive Kolumne mit bissiger Note.
Patrik Etschmayers
Obama in Hanoi mit der Präsidentin der Nationalversammlung, Nguyen Thi Kim Ngan auf einer Besichtigungstour: Willkommenes Gegengewicht zu China.
Peter Achten zu aktuellen Geschehnissen in China und Ostasien.
Peter Achten
Recep Tayyp Erdogan: Liefert Anstoss, Strafgesetzbücher zu entschlacken.
Skeptischer Blick auf organisierte und nicht organisierte Mythen.
Freidenker
 
Stellenmarkt.ch
Kreditrechner
Wunschkredit in CHF
wetter.ch
Heute Fr Sa
Zürich 11°C 27°C recht sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig sonnig recht sonnig
Basel 14°C 28°C recht sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig sonnig freundlich
St. Gallen 13°C 23°C wolkig, aber kaum Regenleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig recht sonnig recht sonnig
Bern 12°C 26°C recht sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich vereinzelte Gewitter
Luzern 13°C 26°C vereinzelte Gewitterleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig freundlich vereinzelte Gewitter
Genf 14°C 27°C sonnigleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig wolkig, aber kaum Regen gewitterhaft
Lugano 15°C 25°C freundlichleicht bewölkt, ueberwiegend sonnig vereinzelte Gewitter vereinzelte Gewitter
mehr Wetter von über 8 Millionen Orten