Staatsphilosophischer Schrott

publiziert: Sonntag, 6. Nov 2005 / 13:17 Uhr / aktualisiert: Sonntag, 6. Nov 2005 / 13:57 Uhr

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Die SVP ist keine Intellektuellenpartei. Das wissen nicht nur alle Nicht-SVPler, sondern die SVP selber ist stolz auf dieses Prädikat. Anti-Bildung, Anti-Classe Politique, Anti-Parlamentarismus und andere Antis konstruieren das politische Programm dieses rechtspopulistischen Echos aus eigentlich schon längst vergangenen Zeiten. Solange die Partei sich an die demokratischen Spielregeln hält, ist dies ja auch nicht verwerflich. Doch schwieriger wird es, wenn die mangelnde gedankliche Schärfe „Antis“ produziert, die der demokratischen Idee zuwiderlaufen. Prominente Regierungsmitglieder sollten deshalb sehr vorsichtig sein, wenn sie plötzlich in der Presse von Staats- und Verfassungsrecht, Demokratietheorie und Volkswillen zu plaudern beginnen.

All diejenigen, die jetzt mit Kopfnicken den „You know who“ à la big SVP-Leader zu erkennen meinen, liegen für einmal falsch. Denn nicht Christoph Blocher hat geplaudert (obwohl er bei „Auto Zürich“ den Auslöser bot), sondern der ehrwürdige Bundespräsident Samuel Schmid in der Berner Zeitung vom Samstag, 5. November 2005. Was sich der Primus inter Pares Schmid bei den Sätzen „Deshalb könnte man sich beispielsweise überlegen, ob ein Bundesrat bei Amtsantritt nicht aus der Partei austreten sollte, um die Unabhängigkeit deutlicher zu machen“ gedacht hat, wissen wohl nur die Auguren.

Denn die Idee, bei Bundesrats-Amtsantritt aus der Partei auszutreten, ist – vornehm ausgedrückt – staatsrechtlicher, staatsphilsophischer und demokratietheoretischer Schrott. Denn das Problem der mangelnden Konkordanz im Schweizer Bundesrat ist nicht die Parteimitgliedschaft der Mitglieder, sondern liegt u.a. an der globalen und nationalen Wirtschaftslage, an den gewachsenen ideologischen Auseinandersetzungen und an der gegenwärtigen personellen Zusammensetzung des Bundesrats. Hier verwechselt der Bundespräsident Ursache und Wirkung. Ein Christoph Blocher ohne SVP-Parteibuch im Bundesrat ist genau gleich wie ein Christoph Blocher mit SVP-Parteibuch. Denn eine so identitäre Nähe zwischen Partei und Person braucht keinen Mitgliederausweis. Formelle Systemänderungen sind da nur Makulatur und Augenwischerei.

Doch mal abgesehen von der Fehleinschätzung, dass ein Parteiaustritt aus einem Politiker plötzlich einen staatspolitischen Vernunftsmenschen machen könnte, irritiert mich das Demokratieverständnis unseres Bundespräsidenten. Was um Himmels willen ist denn schlecht an einer Parteimitgliedschaft? Parteien gehören zur Demokratie wie der Käse zur Schweiz. Parteiinteressen gehören auch in die Regierung. Nicht die Parteimitgliedschaft muss bei allfälligen Amtsantritt abgegeben werden, sondern die Wahl, welche Parteien in der Regierung sein sollen, muss sorgfältig getroffen werden. Die deutsche Philosophin Hannah Arendt hat diesen Zusammenhang präzise in ihrem grossen Werk „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ beschrieben.

Gefährlich für eine Regierung sind nicht unterschiedliche Meinungen, sondern der Einheitsbrei. Gefährlich ist nicht die parteiische Auseinandersetzung sondern die ideologische Dominanz. Und der Tod einer Demokratie ist, wenn eine Regierung so tut, als wäre ihr Wille mit dem des Volkes einheitlich! Denn der Unterschied zwischen Demokratie und Diktatur ist immer noch der, dass man in der Demokratie die Wahl hat und in der Diktatur nur noch vor die Wahl gestellt wird. Und Demokratie lässt sich nicht durch unpraktikable Formvorschriften, sondern nur durch demokratisches Reden, Handeln und Politiken unterstützen.

(von Regula Stämpfli/news.ch)

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